Sächsischer Unternehmer will grüner werden, doch die Hürden sind hoch
Lößnitz - Max Jankowsky (32) führt die Gießerei Lößnitz im Erzgebirge in dritter Generation als Familienbetrieb. Der Unternehmer macht seinen Betrieb fit für den Umstieg von Kohle auf Strom. Er ist bereit, millionenschwere Kredite aufzunehmen, um die grüne Transformation einer alten Industrie zu stemmen. Bloß: Er verzweifelt schier an der deutschen Energiepolitik und ihrer Bürokratie. Ein Bericht über einen, der auszog, die Welt zu verbessern.

"Wir wollen aus Überzeugung und zum Erhalt unserer schönen Heimat Nachhaltigkeit im Unternehmen leben. Freiwillig haben wir bereits vor Jahren fünf Millionen Euro in Luftfilter investiert, unsere Abwärme nutzbar gemacht und ein Laufwasserkraftwerk in Indien unterstützt", erklärt Max Jankowsky, der im Ehrenamt nicht nur Präsident der IHK Chemnitz, sondern auch Botschafter des Erzgebirges ist.
Der Familienunternehmer führt stolz durch den Betrieb. Direkt vor einer Freifläche auf dem Hof bleibt er stehen. Genau dort soll ein neues Kapitel Lößnitzer Industriegeschichte aufgeschlagen werden.
"Hier wäre der Platz für das neue Produktionsgebäude. Es soll zwei Schmelzöfen beherbergen, die mit Strom betrieben werden und somit - wenn ausreichende Mengen erneuerbarer Energie im Netz verfügbar sind - emissionsfrei sind", sagt er.
Jankowsky beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit der Frage, wie die Lößnitzer Gießerei, die ihren Schmelzofen mit Koks betreibt, auf eine klimaschonende Produktion umgestellt werden kann. Ein entsprechendes Transformationskonzept (kostet allein 75.000 Euro) liegt vor. Es veranschlagt für die gesamte Umstrukturierung sowie Um- und Neubauten zehn Millionen Euro.


Keine staatlichen Zuschüsse! Begründung: Projekt sei nicht innovativ genug

Jankowsky hätte die Maßnahmen am liebsten bereits vor Monaten begonnen. Er konnte es aber nicht, denn die fest eingeplanten staatlichen Zuschüsse zur Dekarbonisierung der Gießerei wurden ihm versagt. Begründung: Das Projekt sei nicht innovativ genug.
Der Unternehmer rauft sich die Haare. Ohne Fördermittel kann sein Betrieb das Projekt nicht realisieren. Dafür fehlen ihm Rücklagen und Rückenwind von den Banken. Welche Fördermöglichkeiten es nun nach dem Regierungswechsel in Berlin gibt, ist vollkommen unklar.
Jankowsky sucht fieberhaft nach Lösungen für das Problem. Keine Woche, wo er nicht zu Gesprächen in Ministerien vorstellig wird oder vor Kameras tritt, um Statements abzugeben. Ihm läuft die Zeit davon. Er rechnet damit, dass aufgrund von Genehmigungsfristen und Lieferzeiten mindestens vier Jahre ins Land ziehen bis zur Inbetriebnahme der neuen Anlagen.
In dieser Zeit werden die von Deutschland erhobenen CO₂-Abgaben planmäßig zu Höhenflügen abheben - ungeachtet der Verteuerung von Energie und Rohstoffen.


Unternehmer aus dem Erzgebirge: "Deutschland ist kompliziert geworden"

"Diese CO₂-Abgaben werden unsere Gewinne weiter abschmelzen. Die Aufnahme von Krediten wird dadurch für uns noch teurer und schwieriger", stöhnt Jankowsky. Er sieht, dass sich die deutsche Industrie derzeit in einem Vakuum befindet.
Vor allem der Mittelstand steht vor existenziellen Problemen. Viele Unternehmer überfordert zunehmend das Pokern an Strombörsen, der Handel mit CO₂-Zertifikaten oder die komplizierte und überbordende Bürokratie. Die Konkurrenz in der EU, China oder Amerika steht nicht vor solchen Herausforderungen.
Etwas brennt dem Gießerei-Chef noch unter den Nägeln. Schnellen Schrittes läuft er aus dem Werk 150 Meter über eine Kreuzung. Dort liegt das Stromkabel, an das die Gießerei vom lokalen Netzbetreiber angeschlossen werden könnte. 1,5 Mio. Euro soll das allein kosten! Max Jankowsky: "Ich habe das Angebot verfallen lassen. Die geforderten 50 Prozent Anzahlung ließen sich binnen weniger Wochen nicht auftreiben."
Dann wendet er den Blick ab von der Gießerei, sagt: "Deutschland ist kompliziert geworden. Wenn man Kritik an der deutschen Klima- und Industriepolitik äußert, wird man schnell als ihr Gegner oder gieriger Unternehmer abgestempelt. Dabei kämpfen wir nur um den Standort Deutschland und die Jobs hier."
Die Konkurrenz hat es oft leichter

Die Gießerei Lößnitz ist ein Qualitätshersteller für den automobilen Presswerkzeugbau. Mithilfe von Gussteilen (allesamt Manufakturprodukte) aus dem Erzgebirge werden die Karosserien von Porsche, Aston Martin, Audi, Mercedes, BMW oder VW gefertigt.
Pro Jahr macht die Gießerei etwa 22 Millionen Euro Umsatz mit einer Tonnage von 12.000 Tonnen Eisenguss. "Unsere Auftragsbücher sind gut gefüllt", sagt Max Jankowsky stolz.
Seine 92 Mitarbeiter sind jung und motiviert. Das Unternehmen punktet gegenüber der Konkurrenz u.a. mit einem eigenen Modellbau (fertigt Polystyrol-Modelle für das Vollformgussverfahren).

Doch der Preiskampf am Weltmarkt ist knallhart. Die internationalen Wettbewerber produzieren unter anderen Bedingungen - mit billigem Strom und vielmals ohne Umwelt- oder Sicherheitsauflagen. So haben sich die Türkei und China jüngst zum größten Rivalen im Bereich energieintensiver Produktion entwickelt.
Titelfoto: Bildmontage: Kristin Schmidt, Sven Gleisberg