Minister verkündet "Trendwende" beim Unterrichts-Ausfall, doch Lehrerverband ist irritiert

Dresden - Erstmals seit zehn Jahren hat es an sächsischen Schulen weniger Unterrichtsausfall gegeben. Während Kultusminister Conrad Clemens (42, CDU) vom Erfolg im Kampf gegen den Lehrermangel spricht, sieht der Sächsische Lehrerverband (SLV) vor allem Zahlenkosmetik.

Schüler beim Lernen mit dem Tablet - laut Kultusministerium gibt es in Sachen Unterrichtsausfall eine Trendwende.  © Wolfgang Schmidt

"Die Trendwende ist da: mehr Lehrkräfte, weniger Ausfall. Zum ersten Mal seit zehn Jahren sinkt der Unterrichtsausfall - und das bei steigenden Schülerzahlen", verkündete Clemens jetzt voller Stolz.

Die ersten Daten des neuen Schuljahres würden zeigen, dass die Maßnahmen der letzten Jahre wirkten.

Die Zahlen: Nach Angaben des Kultusministeriums fielen im August insgesamt 3,1 Prozent der Unterrichtsstunden aus (Vorjahr: 3,6 Prozent).

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Im September waren es 3,2 Prozent (Vorjahr: 3,7 Prozent). Die größte Verbesserung gab es demnach in Oberschulen mit einer Verringerung von 8 auf 5,8 Prozent (August) und von 7,8 auf 5,8 Prozent (September).

Im Gymnasium reduzierte sich der Ausfall im September von 1,8 auf 1,4 Prozent. In den Grundschulen nahm er dagegen zu: im August von 0,8 auf 1,0 Prozent und im September von 1,0 auf 1,4 Prozent.

Im Frühjahr hatte Clemens ein Maßnahmenpaket aufgelegt. Unter anderem sollen ältere Lehrkräfte mehr Stunden arbeiten als bisher. Zudem wird mehr fächerübergreifender Unterricht angestrebt. Lehrkräfte sollen an Schulen mit besonderem Mangel abgeordnet werden.

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Die Zahlen des Ministeriums bilden die Realität in den Schulen nicht ab, kritisiert SLV-Chef Michael Jung (62).  © Steffen Füssel

Lehrerverband sieht die Zahlen kritisch

Kultusminister Conrad Clemens (42, CDU) sieht erste Erfolge seiner Maßnahmen im Kampf gegen Unterrichtsausfall.  © Uwe Meinhold

Man sei jedoch noch nicht am Ziel, da noch immer zu viel Unterricht ausfalle, räumte Clemens ein. Aktuell würden 1154 Lehrkräfte fehlen, um den Unterricht komplett abzudecken.

Die Zahl der Kinder mit individuellem Förderbedarf liege mittlerweile bei 7,2 Prozent. "Wir haben viel zu wenig Sonderpädagogen." Das müsse sich auch in der künftigen Ausbildung widerspiegeln, so Clemens.

Der Lehrerverband hält den Begriff Trendwende für irreführend. Die Zahlen würden nicht abbilden, was in vielen Schulen tatsächlich passiere, kritisiert SLV-Chef Michael Jung (62).

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"In zahlreichen Schulen fand wochenlang kein regulärer Fachunterricht statt - stattdessen gab es ausschließlich Klassenleiterunterricht, verkürzten Unterricht oder gar nur eine pädagogische Betreuung. Das taucht in der Statistik aber nicht als Unterrichtsausfall auf."

Zudem: Durch Abordnung von Lehrkräften sinke zwar der Ausfall an Oberschulen, nehme aber an Grundschulen zu, so Jung. Wichtig sei nicht nur, "ob Unterricht stattfindet, sondern was und wie unterrichtet wird".

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