Wohin August einst die Cosel verbannte: Das verschwundene Schloss von Stolpen

Stolpen - Rund 70.000 Touristen besuchen alljährlich die Burg Stolpen. Sie alle wollen den Ort sehen, an den August der Starke anno 1716 seine Mätresse Gräfin Cosel verbannte und wo sie 48 Jahre bis zu ihrem Tod lebte. Nur die wenigsten wissen: Die Burg ist eigentlich ein Schloss.

Schlossleiter Uli Kretzschmar (49) zeigt am neuen Modell, wo Gräfin Cosel im Renaissanceschloss Stolpen lebte.
Schlossleiter Uli Kretzschmar (49) zeigt am neuen Modell, wo Gräfin Cosel im Renaissanceschloss Stolpen lebte.  © Eric Münch

Die neue Ausstellung im Marstall der historischen Anlage macht dies jetzt deutlich. Ein großes 3-D-Modell zeigt, wie prächtig das einstige Renaissance-Schloss war.

"Die Gräfin Cosel hat keineswegs nur in einem Turm gehockt. Sie residierte im Fürstenhaus auf der Südseite des Schlosses, neben Kapelle und Hochschloss", weiß Burgherr Uli Kretzschmar (49). Allerdings: Nach dem Siebenjährigen Krieg waren die Kassen leer, das Schloss wurde marode. "Es bröckelte der Cosel quasi unterm Hintern weg. Es existieren Briefe, aus denen der Notstand wie Schaden am Dach hervorgeht."

Folge: Nach und nach wurde das immer baufälliger werdende Schloss abgetragen und als Baumaterial genutzt. Trotzdem: "Bis in die 20er-, 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts hinein ist noch von Schloss Stolpen die Rede", zeigt Kretzschmar alte Postkarten.

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Dann plötzlich steht die Burganlage und die Wehrgeschichte im Vordergrund. Kretzschmar vermutet, dass der Anlage ein griffigeres Profil gegeben werden sollte.

Auf etwa 100 Jahre alten Postkarten wird noch "Schloss Stolpen" vermerkt.
Auf etwa 100 Jahre alten Postkarten wird noch "Schloss Stolpen" vermerkt.  © Eric Münch
Nicht nur das Schlossmodell ist neu. Ein umlaufender Fries erklärt im Marstall die Schlossgeschichte im Schnelldurchlauf.
Nicht nur das Schlossmodell ist neu. Ein umlaufender Fries erklärt im Marstall die Schlossgeschichte im Schnelldurchlauf.  © Eric Münch

Gräfin Cosel war nicht nur Opfer, sondern eine starke, zielstrebige Frau

Die kleine Figur der Gräfin Cosel kommt aus dem 3-D-Drucker.
Die kleine Figur der Gräfin Cosel kommt aus dem 3-D-Drucker.  © Eric Münch

Es ist nicht die einzige historische Fehlinterpretation.

Kretzschmar will auch mit den Mythen und Klischees um die Cosel aufräumen. "So schrecklich ihre Verbannung war, es war eine Verbannung auf ein herrschaftliches Schloss."

Heute sind von dem einstigen Schloss, das August von Sachsen und Anna von Dänemark ab den 1550er-Jahren ausbauen ließen, nur Mauerreste, Seiger- und Johannisturm erhalten.

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"Die Cosel war auch keineswegs nur Opfer oder gar eine Zicke. Vielmehr eine starke, zielstrebige Frau, die sich nach der Geburt ihres unehelichen Sohnes absichern musste und wollte", so Kretzschmar.

Titelfoto: Bildmontage: Eric Münch

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