Abkehr vom Kuschelkurs und knallharte Pyro-Strafen? DFB dementiert Gerüchte!

Frankfurt am Main - Eine ewige Debatte geht in die nächste Runde: Vor mehr als sechs Jahren startete der DFB eine Dialog-Initiative in Sachen Pyrotechnik und verzichtet seitdem auf Kollektivstrafen, gezündelt wird in den deutschen Stadien aber weiterhin fleißig. Nun wurden Gerüchte über ein drastischeres Vorgehen laut, die der Dachverband allerdings zurückweist.

Beim Spiel zwischen Hannover 96 und dem 1. FC Magdeburg zündeten die Fans der Niedersachsen Pyrotechnik.
Beim Spiel zwischen Hannover 96 und dem 1. FC Magdeburg zündeten die Fans der Niedersachsen Pyrotechnik.  © Swen Pförtner/dpa

"Wir haben verstanden", hieß es 2017 in einem Statement des ehemaligen DFB-Präsidenten Reinhard Grindel (62). Man wolle "bis auf Weiteres darauf verzichten, Strafen zu beantragen, die unmittelbare Wirkung auf Fans haben, deren Beteiligung an Verstößen gegen die Stadionordnung nicht nachgewiesen ist." Das beinhaltete auch sogenannte "Geisterspiele", Blockstrafen oder Teilausschlüsse.

Nach Informationen der Sport Bild habe jetzt allerdings ein Umdenken in der Thematik stattgefunden. Demnach wollen die Verantwortlichen künftig wieder vermehrt auf Kollektivstrafen setzen und Zuschauer bei Verstößen aus den Arenen verbannen.

Der Grund für den angeblichen Perspektivenwechsel liege in der Wirkungslosigkeit der bislang verhängten Geldstrafen. Die Vereine würden die Summen für mögliche Sanktionen ohnehin längst im Saisonetat einplanen und anstandslos zahlen, anstatt mit praktischen Maßnahmen gegen Pyrotechnik im Stadion vorzugehen.

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Der DFB dementierte Meldung am Dienstag jedoch in einem offiziellen Statement und wies die Behauptung als "unwahr" zurück.

Zwar sei die Zahl der Pyro-Fälle seit den Maßnahmen im Zuge der Corona-Pandemie tatsächlich beträchtlich gestiegen, doch der Ausschluss von Fans soll weiterhin "das letzte Mittel" des Kontrollausschusses bleiben.

Der DFB will weiterhin den Dialog mit allen Beteiligten suchen

Der 1. FC Köln muss nach den Pyro-Vorfällen beim Rheinderby im Oktober mit einer Geldstrafe rechnen.
Der 1. FC Köln muss nach den Pyro-Vorfällen beim Rheinderby im Oktober mit einer Geldstrafe rechnen.  © Swen Pförtner/dpa

"Natürlich ist es oberstes Ziel des DFB, dass in den Fußballstadien keine Menschen zu Schaden kommen. Die Problematik rund um die Gefahren, die von eingesetzter Pyrotechnik ausgehen, könnte aber die DFB-Sportgerichtsbarkeit alleine gar nicht lösen", sagte Thomas Bergmann (60), DFB-Vizepräsident für Rechtsangelegenheiten.

Vielmehr müsse auch künftig "ein Dialog mit allen Beteiligten wie beispielsweise Fan-Vertretern, Vertretern der DFL und der Vereine sowie der Polizei in Gang gesetzt werden, um eine weitere Eskalation in den Stadien zu verhindern".

Laut dem Bericht der Sport Bild würde die Deutsche Polizeigewerkschaft ein rigoroseres Vorgehen allerdings begrüßen: "Was Grindel damals gemacht hat, war falsch. Er hat den Druck von den Vereinen genommen", erklärte der Bundesvorsitzende Rainer Wendt (66) gegenüber dem Blatt.

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Und er fügte an: "Es ist richtig, dass die Vereine nicht mehr nur zur Kasse gebeten werden, sondern Strafen bis hin zum kompletten Zuschauerausschluss verhängt werden sollen. Beim Abbrennen von Pyrotechnik handelt es sich um eine schwere Straftat, die leider oft in den Medien als gute Show verharmlost wird."

Wie reagieren die Klubs auf den Plan des DFB?

Generell gilt: Das Zünden von Pyrotechnik im Stadion ist in den meisten Fällen durch das Sprengstoffgesetz verboten.
Generell gilt: Das Zünden von Pyrotechnik im Stadion ist in den meisten Fällen durch das Sprengstoffgesetz verboten.  © Bernd Thissen/dpa

Im Moment werden im Oberhaus für das Abbrennen pro pyrotechnischem Gegenstand 1000 Euro fällig, beim "Eindringen auf das Spielfeld" sind es nach Angaben des Kontrollausschusses 3000 Euro.

Die Anhänger hält das aber kaum ab, wie zuletzt unter anderem beim Rheinderby zwischen dem 1. FC Köln gegen Gladbach zu sehen war. Allein in der Saison 2022/23 wurden laut einem Sportschau-Bericht Strafen in Höhe von mehr als acht Millionen Euro gegen die Klubs der drei deutschen Profiligen verhängt.

Bei den Vereinen stößt auch der bisherige Weg auf geteilte Meinungen. So sprach sich etwa Hannover 96, das in der Vorsaison mit mehr als 600.000 Euro zur Kasse gebeten wurde, im Sommer gegen Geldstrafen aus.

"Betrachtet man die Entwicklung der Vergehen, ist nicht zu erkennen, dass diese Art der Sanktionierung den angestrebten Effekt erzielt. Das bisherige Strafmaßsystem trägt zu keiner Reduzierung der unerlaubten Aktivitäten bei – es ist das falsche Mittel", so der Zweitligist auf Sportschau-Nachfrage.

Allerdings galt die Kritik insbesondere der finanziellen Haftung des Klubs für das Fehlverhalten Dritter, was die Niedersachsen "grundsätzlich für falsch" halten würden. Bei Geisterspielen oder Teilausschlüssen drohen den Teams aber ebenfalls hohe Einnahmeverluste.

Derweil trat der VfB Stuttgart jüngst gegen striktere Sanktionen ein: "Das Thema Pyrotechnik muss zwischen Fans, Vereinen, Verbänden und Behörden auf der Suche nach einem Konsens gemeinsam gelöst werden", so die Schwaben in einem Statement. "Immer höhere Strafen stellen keine Lösung dar."

Originalmeldung von 8.35 Uhr, aktualisiert 13.33 Uhr.

Titelfoto: Swen Pförtner/dpa

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