Expertenrat übergangen! Großer Abstiegsfrust in der Regionalliga Nordost

Leipzig/Eilenburg - Es herrscht dicke Luft in der Regionalliga Nordost. Der Nordostdeutsche Fußballverband (NOFV) hat sich offenbar eigenverantwortlich für eine Ausdünnung der viertklassigen Staffel entschieden, will diese von 20 auf 18 Teams verringern. Vor allem die Vereine im Tabellenkeller sind frustriert.

Lutz Lindemann (72, r.) sitzt im Expertenrat des Nordostdeutschen Fußballverbandes (NOFV), dessen Präsident Hermann Winkler (58, l.) ist.
Lutz Lindemann (72, r.) sitzt im Expertenrat des Nordostdeutschen Fußballverbandes (NOFV), dessen Präsident Hermann Winkler (58, l.) ist.  © Picture Point/Roger Petzsche

Freitagabend, 18.49 Uhr: Der NOFV bestätigt auf seiner Homepage kurz und knapp, dass an der zu Beginn der laufenden Saison beschlossenen Auf- und Abstiegsregelung für die Nordost-Staffel nicht gerüttelt wird. Es würden "keine Umstände vorliegen, die nicht schon im Sommer 2021 vorhersehbar gewesen wären".

Heißt: Die Liga wird um zwei Teams auf 18 verkleinert. Nur drei Mannschaften hätten sich auf Antrag gegen diese Ausdünnung entschieden, 17 dafür, bestätigte NOFV-Präsident Hermann Winkler (58) am Samstag im MDR.

Auch bei einer vorangegangenen schriftlichen Befragung hätte sich die Mehrheit der Klubs für die Beibehaltung der Vereinbarung entschieden.

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"Wir haben jetzt Planungssicherheit für die Vereine. Das gibt es zurzeit in keiner anderen Liga, dass mitten in der Saison über eine Änderung der Abstiegsregel gesprochen wird", sagte der 58-Jährige.

Dass aber der Expertenrat des NOFV übergangen wurde, wie Winkler selbst bestätigte, stieß nicht nur den Mitgliedern auf. Der FSV Optik Rathenow, dessen Trainer Ingo Kahlisch (65) wegen der Abstiegs-Entscheidung von einer "Schande" sprach, zeigte sich via Instagram schockiert von Winklers Worten, die "langsam Licht ins Dunkel" bringen würden.

Lutz Lindemann (72), eines der Mitglieder des Expertenrats, hätte sich eine "Übergangslösung für ein Jahr" gewünscht und sieht eine "Reduzierung ohne Not", sagte er dem MDR. Laut Rathenow erwäge unter anderem er einen Rücktritt aus dem Gremium.

Enttäuscht von der Entscheidung des NOFV: Volkhardt Kramer (70), Manager des VfB Auerbach.
Enttäuscht von der Entscheidung des NOFV: Volkhardt Kramer (70), Manager des VfB Auerbach.  © Picture Point/Roger Petzsche
Rathenows Trainer Ingo Kahlisch (65) bezeichnete den NOFV und dessen Funktionäre als "Totengräber des leistungsorientierten Amateur-Fußballs".
Rathenows Trainer Ingo Kahlisch (65) bezeichnete den NOFV und dessen Funktionäre als "Totengräber des leistungsorientierten Amateur-Fußballs".  © Picture Point/Kerstin Dölitzsch

FC Eilenburgs Sportlicher Leiter Stephan Hofmann: "Die Argumentation hinkt!"

Müsste Stand jetzt mit dem FC Eilenburg zurück in die Oberliga: Nico Knaubel, Coach des FC Eilenburg.
Müsste Stand jetzt mit dem FC Eilenburg zurück in die Oberliga: Nico Knaubel, Coach des FC Eilenburg.  © Picture Point/Gabor Krieg

Mit Kahlisch und Volkhardt Kramer (70), Manager des ebenfalls abstiegsbedrohten VfB Auerbach, werde man "auf alle Fälle" in die Diskussion gehen, sagte Winkler.

Als Verband müsse man aber Entscheidungen treffen, "die nicht immer alle mittragen können".

Er untermauerte den Beschluss mit den Worten: "Wenn in der nächsten Saison möglicherweise starke Mannschaften aus der 3. Liga runterkommen, haben wir 20, 22 Mannschaften in der Regionalliga."

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Für den semi-professionellen Bereich sei das "unheimlich viel", führe zu noch mehr Englischen Wochen - "und dann gibt's auch wieder Gejammer. Dem wollen wir vorbeugen."

FC Eilenburgs Sportlicher Leiter Stephan Hofmann (37), der sich mit seinem Verein ohnehin mit vier bis fünf Absteigern beschäftigt hatte, sprach im MDR von einer "hinkenden" Argumentation des NOFV. "Wenn man sagt, die Umstände zum Sommer 2021 haben sich nicht geändert, ist das eine sehr spezielle Ansicht."

Die derzeitigen Rekord-Inzidenzen seien "aus meiner Sicht schon ein anderer Umstand", sagte Hofmann. Die vielen vereinsinternen Infektionen würden das sportliche Tagesgeschäft beeinflussen, da erkrankte Spieler zwei bis drei Wochen fehlen und die Möglichkeit einer Infektion ohnehin deutlich höher sei als im vergangenen Sommer.

Lok-Präsident Thomas Löwe: Regionalliga Nordost mit 20 Mannschaft "wirtschaftlich interessanter"

Lok Leipzigs Präsident Thomas Löwe (54) sieht die NOFV-Entscheidung nicht nur negativ.
Lok Leipzigs Präsident Thomas Löwe (54) sieht die NOFV-Entscheidung nicht nur negativ.  © Picture Point/Roger Petzsche

Der Präsident des 1. FC Lokomotive Leipzig, Thomas Löwe (54), der am Samstag ein enttäuschendes 1:1 gegen Eilenburg sah und als Tabellendritter noch um die Meisterschaft und einen möglichen Aufstieg in die 3. Liga mitspielt, hätte mit beiden Entscheidungen - also für oder gegen die Reduzierung auf 18 Teams - leben können.

Wirtschaftlich wären allerdings 20 Mannschaften interessanter gewesen. "Bei dem Ansetzungs-Irrsinn muss man aber die Entscheidung des NOFV akzeptieren", sagte er im MDR. Wegen coronabedingten Spielabsagen hat der FCL im Saisonendspurt fünf Englische Wochen am Stück vor sich.

Stand Samstagabend müssten Eilenburg, Auerbach, Rathenow sowie die dahinterliegenden FSV Union Fürstenwalde und Schlusslicht SV Tasmania Berlin den Gang in die fünftklassige Oberliga antreten.

Verpasst der Meister (aktuell BFC Dynamo) in der Relegation gegen den Nord-Vertreter den Aufstieg, würde auch der Fünfzehnte - derzeit VfB Germania Halberstadt - runtermüssen. Mehr als sechs Absteiger gibt es aber definitiv nicht.

Titelfoto: Picture Point/Roger Petzsche

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