Union-Berlin-Blog: Schlechtestes Saisonspiel in Bielefeld

Berlin - Eisern: In einer Personal-Union aus drei waschechten Berliner Fußball-Fan-Originalen gibt es bei TAG24 den Union-Berlin-Blog.

Christian Beeck, Jürgen Heinemann und Tobias Saalfeld.
Christian Beeck, Jürgen Heinemann und Tobias Saalfeld.  © Archiv

Die Autoren:

Icke (Jürgen Heinemann) ist seit Mitte der Siebzigerjahre Unioner und als Betriebswirt seit über 30 Jahren im Vertrieb tätig. Er ist verheiratet und hat ein erwachsenes Kind. Icke lebt heute in Grünheide und schreibt hier als Gründer des Blogs.

Unionfux (Tobias Saalfeld) ist seit über 40 Jahren Unioner, er arbeitet als Freischaffender für Bühne, Funk und Fernsehen, auch dort schreibt er.

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1. FC Union Berlin Last-Minute-VAR-Drama: Millimeter verhindern Union-Sieg gegen Frankfurt

Beecke (Christian Beeck), Ex-Bundesliga-Spieler (Hansa, Cottbus), Ex-Union-Manager, 21 Länderspiele für DDR-Junioren, stammt aus dem eigenen Nachwuchs von Union. Beecke hat 2 Kinder. In unserem Union-Blog fungiert Beecke als Berater.

31. Oktober: Schlechtestes Saisonspiel in Bielefeld

Bei Union war die Stimmung nach der Partie gegen Bielefeld im Keller.
Bei Union war die Stimmung nach der Partie gegen Bielefeld im Keller.  © Swen Pförtner/dpa

Icke: Das war nichts. Gar nichts. Arminia Bielefeld gewinnt völlig verdient mit 2:0 gegen uns. Wir machen alles falsch, was man falsch machen kann. Das fängt mit der Einstellung an, geht weiter über die Trainer-Aufstellung und endet irgendwo bei der Effizienz.

Bo Svensson überrascht viele damit, dass er Jordan wieder in der Startaufstellung bringt. Unseren Null-Tore-Mittelstürmer. Das blieb auch so. Natürlich hatte er wieder eine gute Tor-Chance. Es bleibt dabei, in zehn (!) Pflichtspielen schießt er kein Tor und schafft gerade ein Assist. Seine Zweikampfquote (60 Prozent) und vor allem auch seine Lufthoheit (62 Prozent) glänzen (in Bielefeld) auch nicht wirklich.

Auch die Außenspieler wechselte Bo, ging auch schief, wie alles andere an dem Tag. Auch den Wechsel von Kemlein auf Schäfer konnte man noch nachvollziehen. Und genau hierbei hatten wir auch gleich noch Pech. Schäfer sieht den Bielefelder Wörl nicht, passt zu ihm und der bedankt sich mit einem Heber über Rönnow aus 35 Metern. 1:0.

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1. FC Union Berlin VAR das Abseits? Union-Frust nach Hacken-Drama: "Das ist ja lächerlich"

Wir brauchten einen Moment, um uns zu erholen. Die letzten 20 Minuten der ersten Halbzeit waren dann unsere Zeit. Zweimal Holz kann man als Pech bezeichnen oder aber auch als fehlende Effizienz.

Zur Halbzeit musste Bo etwas ändern und brachte für den eher defensiven Schäfer einen neuen Defensiven. Kemlein kam. Nur war das die richtige Entscheidung? Aus der Sicht einiger Unioner gab es zwei Möglichkeiten. Entweder Bo stellt auf Viererkette um und gewinnt dadurch einen offensiven Spieler. Oder aber er zieht Benes auf die „8“ als zentralen Mittelfeldspieler. Das spielt er auch so in seiner Nationalmannschaft. So hätten wir einen zusätzlichen Mann für den Spielaufbau gehabt.

Der zweite Neue war Skarke für Vertessen. Der hat seine Stärken im Sprint. Ist robust, aber mitnichten ist er als feiner Techniker bekannt. Genau die aber braucht man – wie zu erwarten war – man 71 Prozent Ballbesitz hat und der Gegner leidenschaftlich die Räume eng macht. Einen Konterspieler wie Skarke zu bringen, war einfach ein Fehler.

Hollerbach wäre als unser bester Stürmer angebracht gewesen. Der kam aber erst 17 Minuten vor Schluss. Auch der ballsichere und schussstarke Volland konnte zwölf Minuten vor dem Ende nichts mehr ausrichten. Übrigens mit der Einwechslung von Volland für Vogt löste Bo die 3er- bzw. 5er Kette auf und stellte endlich auf 4er Kette um. Zu spät. Weil es seit der 71. Minute bereits 2:0 für Bielefeld stand. Wieder war es ein grober eigener Fehler von uns, diesmal von Leite. Der Sack war damit zu. Weil Bielefeld leidenschaftlich kämpfte. Und wir keinen Match-Plan hatten. Dazu unsere Fehler-Quote unverständlich hoch war, nicht nur bei den beiden Toren.

Chancen hatten wir genug. Nur nutzten wir sie nicht. Wahrscheinlich haben wir die Bielefelder im Hinterkopf auch unterschätzt. Das die in einem Flutlicht-Abend-Heimspiel ein Feuerwerk auf dem Platz abbrennen können, weiß man eigentlich. Das "Feuerwerk" brannten dann unsere Ultras auf den Traversen ab. Das sah sehr schön aus, kostet uns aber wieder ein dickes Strafgeld. Es ist übrigens (als Vereinsmitglied) auch mein Geld, dass ihr da sprichwörtlich verbrennt. Vielen Dank.

Warum gestern nicht Schwolow im Tor stehen durfte, darf man auch fragen. Natürlich war das für den Ausgang des Spiels nicht relevant. Ebenso hätte ich Querfeld in der Abwehr erwartet. Er braucht auch einmal ein Spiel über 90 Minuten. Sonst verliert er seinen Platz in der österreichischen Nationalmannschaft. Und wie gut junge Spieler sich entwickeln können, wenn man sie lässt, zeigen die Beispiele Rothe und Kemlein.

Ein gebrauchter Abend. Die Mannschaft war schlecht, der Trainer hat sich vercoacht. Die Ultras sorgen für weitere Strafgelder für Union. Geht’s noch schlechter? Kaum! Das nächste Pflichtspiel beim FC Bayern wird dann wieder einfacher. Eben weil wir dann wieder der Außenseiter sind. Anscheinend können wir aktuell nur diese Rolle. Einziger Lichtblick an diesem Abend war Abwehr-Chef Vogt. Seine Pässe für den Spielaufbau sind einfach eine Augenweide. Dazu defensiv sicher wie immer. Eisern

30. Oktober: Ein bisschen Experimentierfreude bitte - Union muss auf die Alm

Union trifft am heutigen Mittwoch auf Arminia Bielefeld.
Union trifft am heutigen Mittwoch auf Arminia Bielefeld.  © Andreas Gora/dpa

Unionfux: Der diesjährige DFB-Pokal wird wohl eher arm an ganz großen Überraschungen bleiben, gestern scheidet mit den Offenbacher Kickers schon der letzte Regionalligist aus, heute sind lediglich noch zwei Drittligisten dabei: Dresden empfängt Darmstadt 98 und Arminia Bielefeld den 1. FC Union Berlin, zumindest auf dem Papier wartet auf uns also einer der leichtesten Gegner der zweiten Runde.

Natürlich wird man den Teufel tun und den Kontrahenten unterschätzen, zumal auf der Alm, die für uns eigentlich fast immer ein schwieriges Pflaster war: In dreizehn Auswärtsspielen in Liga 1 und 2 konnten wir nur einmal dort gewinnen und zwar genau gestern vor vierzehn Jahren, nach Treffern von Dominic Peitz und Karim Benyamina. Unvergessen außerdem das Spiel im Februar 2018, als Steven Skrzybski in allerletzter Sekunde das Siegtor erzielte, der Schiedsrichter aber mitten in der Aktion das Spiel beendete und wir uns mit einem Unentschieden abfinden mussten - unfassbar.

Doch ich finde, bei aller Wertschätzung des Gegners, das Pokalspiel in Bielefeld ist eine ziemlich gute Möglichkeit, einigen Spielern etwas Spielpraxis zu verschaffen, sich zu zeigen und das nicht in einem Freundschaftsspiel auf einem Nebenplatz, sondern unter Wettkampfbedingungen. Außerdem könnte man ein paar Jungs aus der Stammformation ja eine Pause gönnen. Gelegenheit also besonders für die Phantome Prtajin und Ilic zu zeigen, dass sie zumindest eine Alternative auf der Mittelstürmerposition sein können, denn wenn sie gegen einen Drittligisten nicht aufgeboten werden, dann weiß ich auch nicht mehr, dann kann man wohl einen endgültigen Haken hinter die beiden Verpflichtungen machen.

Möglich auch, dass Kevin Volland ein paar Minuten bekommt, starten hingegen könnten Leo Querfeld oder Jerome Roussillon - und auf jeden Fall hat der zweite Keeper Alexander Schwolow einen Einsatz verdient, wann, wenn nicht jetzt? Und wahrscheinlich werden wir das Spiel machen müssen, was ja nicht gerade unsere Kernkompetenz ist, also würde das unbedingt für Laszlo Benes und Rob Skov sprechen. Mal sehen, wie weit Bo Svensson ins Risiko geht, wobei ja jeder der genannten Spieler in der Lage sein sollte, Bundesliga zu spielen, erst recht also bei einem Drittligamannschaft, Pokal und seine eigenen Gesetze hin oder her.

Auf jeden Fall sollten wir weiterkommen und nach Möglichkeit in der regulären Spielzeit, das sollte unser Anspruch sein, denn am Samstag steht eines der heftigsten Spiele der Saison an: Wir müssen nach München zu den Bayern. But first things first: Spannend wird es schon heute Abend, das wird ein ziemliches Stück Arbeit und besonders gespannt bin ich tatsächlich auf die Aufstellung…

28. Oktober: Ein Punkt gegen Frankfurt ist eigentlich zu wenig

Union Berlin spielte am Sonntag in der Alten Försterei gegen Eintracht Frankfurt 1:1.
Union Berlin spielte am Sonntag in der Alten Försterei gegen Eintracht Frankfurt 1:1.  © Andreas Gora/dpa

Unionfux: Ach, es ist zum Heulen, ein hauchdünnes (und eigentlich passives?) Abseits von Trimmel verhindert den wunderschönen Siegtreffer in der Nachspielzeit, stark vorbereitet von Benes und eiskalt und clever abgeschlossen von Skarke, dass wir letztlich verdient drei Punkte gegen Eintracht Frankfurt einfahren - aber der Reihe nach: In der ersten Hälfte ist Frankfurt uns ziemlich überlegen. Wir kommen nur zu wenigen Chancen, die beste durch Rothe nach 35 Minuten, der eigentlich der Ausgleich sein muss. Nach guter Vorarbeit von Hollerbach setzt aber der Youngster den Ball aus sechs Metern nur drüber.

Da führen die Frankfurter schon, Götze hat nach einer Ecke von ungeschickter Verteidigung profitiert und am langen Pfosten den Ball nur noch einschieben müssen. Und auch sonst läuft der Ball beim Gast wesentlich besser, während bei uns zu viel Ungenauigkeiten und Fehlpässe ein wirkungsvolles Offensivspiel verhindern (Pass, ein wenig wirkt es, als hätten wir ein Auswärtsspiel). Es gelingt uns einfach nicht, auch nur kurzzeitig Dominanz aufzubauen. Wir müssen eigentlich froh sein, dass die Eintracht daraus nicht mehr macht.

Nach der Pause sieht das vollkommen anders aus, nämlich genau umgekehrt - Frankfurt sieht kaum einen Stich, während wir unermüdlich nach vorne arbeiten und hinten kaum was anbrennen lassen, der hochgelobte Marmoush verschwindet völlig in der Versenkung. Es sind gerade fünf Minuten gespielt, da zieht Trimmel aus achtzehn Metern ab, der linke Innenpfosten rettet für den Frankfurter Keeper. Aber dann: nach einem Freistoß für die Gäste nach gut einer Stunde erobert der gerade eingewechselte Skov großartig den Ball, treibt ihn nach vorne und spielt einen klasse Ball auf die einzige Option Hollerbach, der Trapp gekonnt überlupft. Sofort geht die Fahne des Linienrichters hoch, aber das vermeintliche Abseits ist dann doch, auch hier ganz knapp, keins.

Und wir machen weiter, drücken, dann ist Frankfurt nur noch zu zehnt, denn Theate sieht die Gelb-Rote Karte - und am Schluss belohnen wir uns, leider nur beinahe. Keine Frage, das sind zwei verlorene Punkte, denn einerseits fehlt uns in mehreren Situationen das Quäntchen Glück und andererseits verschenken wir die ersten fünfundvierzig Minuten, in denen wir bestenfalls mitspielen.

Außerdem ist für mich unverständlich, wie der Trainer nach einer guten Stunde den abermals wirkungslosen Jordan bringt, den ungleich besseren und effektiveren Benes aber erst kurz vor Ultimo, denn seine spielerische Klasse hätte uns schon weiterhelfen können. Unser Mittelfeld kann Ballsicherheit und Ideen unbedingt gebrauchen, Khedira, Kemlein und dann auch Schäfer sind zwar kämpferisch stark, aber die Offensive ist nur bedingt ihr Fachbereich. Benes hat sowohl das Auge als auch die Fähigkeiten, die Stürmer entsprechend einzusetzen oder gar selbst zum Abschluss zu kommen. Insofern wäre es schön, wenn Svensson seine Abneigung gegen Spielmacher doch überwinden könnte.

Und mal sehen, wann wir das Prinzip der so unterschiedlichen Spielhälften aufgeben, denn dass wir so viel mehr können, haben wir nach dem Seitenwechsel überaus eindrucksvoll gezeigt. Einmal hilft uns also der VAR, einmal nicht, damit kann man nur schwer leben und muss es doch.

Nichtsdestotrotz stehen wir mit unseren fünfzehn Punkten ziemlich gut da und ich habe das Gefühl, wir werden noch besser, darauf können wir uns freuen, genauso wie über die schon fast sensationelle Vertragsverlängerung von Danilho Doekhi, der ja nach dieser Saison ablösefrei gewesen wäre. Mit Sicherheit wird es im neuen Vertrag eine Ausstiegsklausel geben, aber trotzdem ist das eine großartige Sache, denn der Niederländer ist ein so wichtiger Baustein der Abwehr, die die zweitwenigsten Tore in der bisherigen Saison zugelassen hat - und das ist auch notwendig, denn die andere Seite der Medaille ist: Nur zwei Vereine haben weniger Tore als wir geschossen, und zwar die Kellerkinder St. Pauli und Bochum. Nicht auszudenken, wenn unser Angriff erstmal nachzieht. Und auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Benes und auch Skov könnten da wichtige Schlüssel sein…

24. Oktober: Die "Stunden" der Wahrheit

Im zentralen Mittelfeld scheint András Schäfer (25) die Nase vorne zu haben.
Im zentralen Mittelfeld scheint András Schäfer (25) die Nase vorne zu haben.  © Andreas Gora/dpa

Icke: Am Sonntag, den 27.10. spielen wir zu Haus gegen die Eintracht. Dann am darauffolgenden Mittwoch in Bielefeld zum Pokal und am Samstag gleich wieder – diesmal das einfache Spiel in München gegen die Bayern. Und weil es noch nicht genügend Stress ist, haben wir wieder nur 6 Tage frei, bevor wir Freitag Abend Freiburg zu Haus begrüßen dürfen. Ein ganz schönes Programm.

Vieles kann dabei in die eine oder andere Richtung gehen. Gegen Frankfurt kann alles passieren. Die haben zwar Zauberstürmer Marmoush und daneben auch noch den schnellen und wendigen Ekitike (Speed 35,5). Ich persönlich habe auch noch einen großen Respekt vor dem Schweden-Super-Talent Larsson. Der hat er oft Platz für coole Aktionen, weil eben viele vorrangig auf die zwei gefährlichen Stürmer achten. Und eben auch die Fähigkeiten, nebst der Geschwindigkeit dafür.

Wir dürfen uns auf keinen Fall auskontern lassen. Dann haben wir auch gegen Frankfurt Chancen zu punkten. Das Spiel in Bielefeld – nur 3 Tage später – wird ein ganz Anderes. Hier müssen wir das Spiel machen und sind haushoher Favorit. Allerdings hat die Arminia auch die Fähigkeit, sich in einen Rausch zu spielen. Gerade zu Hause und gerade unter Flutlicht. Hier gilt es ruhig und abgezockt zu agieren.

Am einfachsten wird dann das Spiel gegen und in München. Keiner hat an uns eine Erwartungshaltung. Ergo können wir nur gewinnen. Unserem Defensiv-System wäre aber auch hier eine gute Rolle zuzutrauen. Mal schauen, was dort geht. Wenigstens sechs Tage bekommen wir als Ruhephase zum dann folgenden Heimspiel gegen Freiburg. Die Breisgauer stehen mit uns ziemlich weit oben. Sie haben sogar noch einen Punkt mehr als wir. Ein ganz wichtiges Spiel, wenn wir zwischendurch noch den einen oder anderen Punkt mitgenommen haben. Svensson Antipathie gegen größere Rotationen wird hier ein Ende finden. Unser Kader ist sehr groß. Da schaffen wir diese vielen Spiele hintereinander nur, wenn ein paar frische Spieler reinkommen. Wahrscheinlich wird das schon in Bielefeld passieren.

Gegen Frankfurt allerdings wird Bo noch die „alte“ Crew spielen lassen. Hoffentlich wieder mit Kemlein. Schwolow wird in Bielefeld eine Einsatz-Chance bekommen. Und viele hoffen, dass endlich auch Skov eine echte Chance bei uns bekommt. Er hat das Potential zum Stammspieler und er könnte unser Sturm-Problem lindern. Jannik Haberer hat gerade frisch seinen Vertrag bis 2007 verlängert. Ein Vorgriff darauf, wenn Trimmel am Saisonende seine aktive Laufbahn beendet. Dann werden sich Juranovic und Haberer duellieren und Nachwuchs-Auswahlspieler Prosche wird dahinter mit den Hufen scharren.

Im zentralen Mittelfeld scheinen aktuell Kemlein und Benes (wie auch defensiv Tosart und Schäfer) die Nase vorn zu haben. Wenn wir es schaffen, 4 oder sogar 6 Bundesliga-Punkte aus den nächsten 3 BL-Spielen zu holen, bleiben wir (wahrscheinlich) über den Winter an der Spitze der Liga. Eine Überraschung, selbst für uns! Das Pokalspiel in Bielefeld wäre das Sahnehäubchen für eine perfekte erste Halbserie für uns. Wir sind aber auch in der äußerst komfortablen Situation, selbst wenn wir alle vier Spiele verlieren sollten – passiert erst einmal gar nichts.

10 satte Punkte Vorsprung haben wir mittlerweile schon auf einen Nichtabstiegsplatz. Diese Saison wird wohl wieder „fein“! Eisern.

22. Oktober: Lasst uns diesen Weg so weitergehen!

Bei Union Berlin rücken die jungen Spieler immer stärker in den Vordergrund.
Bei Union Berlin rücken die jungen Spieler immer stärker in den Vordergrund.  © Axel Heimken/dpa

Icke: Neuerdings ist der 1. FC Union ein Jungbrunnen. Hollerbach (23), Vertessen (23) und Rothe (19) gehören zum Stamm. Kemlein (20) hat sich aktuell in den Kader hineingespielt. Querfeld (20) wurde immerhin in sieben von acht Pflichtspielen eingesetzt. Und sie spielen schon wichtige Rollen. Kemlein und Rothe schossen in Kiel unsere beiden Tore. Hollerbach und Vertessen sind die beiden Angreifer, die die meiste Torgefahr fabrizieren. Querfeld hat zwar nur das Pokalspiel über 90 Minuten bestritten, dafür aber noch zusätzlich ein A-Länderspiel für Österreich (Nations League gegen Norwegen) absolviert. Das ist so neu und nicht typisch für den 1. FC Union der letzten Jahre. Bislang hatten wir - natürlich aus Gründen des Ankommens in der Bundesliga und klar auch aus Budget-Gründen - auf erfahrende Kräfte gesetzt.

Und hinter diesen fünf Top-Talenten ist noch lange nicht Schluss. Der U19-Nationalspieler Ogbemudia scharrt auch mit den Hufen. In Testspielen sah man, man kann ihn schon jetzt jederzeit bringen. Zum festen Kader der Profis gehört er sowieso. Auch wenn er, um Spielpraxis zu bekommen, seine Spiele für die Junioren bestreitet. Auch der Top-Torschütze der A-Jugend Asanji gehört in diese Reihe. Warum gerade er - bei den doch dürftigen Mittelstürmer-Leistungen noch keine Chance bekam … scheint rätselhaft. Und selbst für Kapitän Trimmel scheint schon ein Nachfolger in den eigenen Reihen zu stehen. Prosche macht auf dieser Position, für Union und die U17 des DFB eine gute Figur. Auch Keeper Rodtnick hat schon zwei Spiele für die U18 bestritten. Und mit Zinner haben wir einen weiteren Ösi-Nationalspieler (U18) im Kader, der als Linksfuß sowohl in der Abwehr als auch im defensiven Mittelfeld spielen kann. Zumindest Ogbemudia und Asanji scheinen reif - zumindest für Kurzeinsätze.

Weitere Leistungsträger, wie Leite (25) und Doekhi (26) befinden sich immer noch in einem entwicklungsfähigen Alter. Auch von Schäfer (25) und Jeong (25) können wir noch Steigerungen erwarten.

Schwer zu beurteilen ist U19-Auswahlkeeper Stein, der schon länger verletzt ist. Auch Preu (19) und Ilic (24) haben bisher kein Pflichtspiel gemacht und können nicht beurteilt werden. Alle drei befinden sich aber in einem Alter, wo es noch nach oben gehen kann.

Insgesamt eine erfreuliche Situation für uns. Und wir drücken alle Daumen, dass im nächsten Heimspiel gegen die Frankfurter Eintracht unsere Jungschen wieder ordentlich Rabatz machen! Eisern.

21. Oktober: Jede Menge Debüts - Auswärtssieg in Kiel

In Kiel sicherte sich der 1.FC Union Berlin den Sieg.
In Kiel sicherte sich der 1.FC Union Berlin den Sieg.  © Axel Heimken/dpa

Zwei Kopfballtore, dazu noch von unseren Youngstern (hatten wir jemals zwei so junge Torschützen in den letzten zwanzig Jahren?) und somit drei wertvolle Punkte vom Aufsteiger aus Kiel mitgenommen. So weit, so prächtig.

Die erste Hälfte beginnt vielversprechend, schon nach einer halben Minute kombinieren Vogt, Skarke, Vertessen und Hollerbach sich fast zum frühen Tor, aber unser Angreifer ist ein paar Zentimeter zu kurz und so kann er den Ball nicht genau setzen und er fliegt übers rechte Dreiangel statt hinein.

Nach einer guten Viertelstunde flankt Rothe punktgenau von links in den Strafraum und Kemlein steht vollkommen blank und köpft unhaltbar zu seinem ersten Bundesligator ein. Und wir machen weiter, besonders Käpt’n Trimmel versucht es immerhin dreimal und kurz vor der Pause gibt es ein munteres Scheibenschießen: nacheinander dürfen Trimmel, Jeong und Rothe sich versuchen, leider ist immer ein Kieler dazwischen. So geht’s mit der knappen Führung in die Pause.

In der zweiten Hälfte werden wir erstaunlich passiv und spielen den Gegner stark, so muss Rönnow in der ersten Viertelstunde zweimal stark gegen Remberg und Porath retten, ein weiterer gefährlicher Versuch des Kielers Becker streicht knapp am langen Pfosten vorbei. Von uns kommt so gut wie nichts nach vorn, stattdessen agieren wir oft zu ungenau, lediglich Halbchancen durch Trimmel und den eingewechselten Benes kommen dabei rum. Glücklicherweise kann Kiel aber keine wirkliche Torgefahr mehr ausstrahlen, das sieht zwar alles wacker und engagiert aus und fussballerisch ansprechend, nur fehlt da dann doch ein wenig die Qualität für die Bundesliga, zumal Lewis Holtby wegen Rückenproblemen passen muss, der mit Abstand die meiste Erstligaerfahrung im Holsteinkader aufweist.

Ansonsten steht da kein Spieler auf dem Platz, der mehr als vierzig Bundesligaspiele auf der Uhr hat, das macht sich einfach bemerkbar, bei allem Respekt.Umso nerviger, dass unsere Truppe bis kurz vor Schluss braucht, um dann nochmal offensiv entscheidend tätig zu werden: Jeong flangt auf Doekhi, der köpft an den Pfosten, kriegt noch eine Schusschance, die zur Ecke geblockt wird. Die bringt Benes ideal - scharf, mit Schnitt vom Tor weg und in der richtigen Höhe, Rothe läuft von der Strafraumkante ein und köpft trocken rechts unten ins Tor, Deckel drauf. Zumindest fast: in der 91. Minute nimmt Steven Skrzybski eine Flanke aus sechs Metern sehenswert direkt, aber Rönnow ist noch sehenswerter, wie er den über die Latte wischt, das ist schon vom Feinsten.

Unterm Strich steht ein sicherlich verdienter Sieg, auch wenn die zweite Hälfte über weite Strecken eine ziemlich übersichtliche Leistung zeigt - gegen einen stärkeren Gegner wäre das höchstwahrscheinlich bestraft worden. Zu den Debüts: Kemlein macht sein erstes Tor überhaupt, wir schießen die ersten Kopfballtore, es ist der erste Auswärtssieg dieser Spielzeit, der höchste Sieg bisher, Robert Skov macht sein erstes Spiel für uns, eingewechselt in den letzten Minuten des Spiels und Benes schießt die erste Ecke, die ich auch wirklich so bezeichnen würde (es war immerhin die 34. in der laufenden Saison).

Erwähnenswert auch, dass wir das Spiel ohne einen nominellen Angreifer beenden (Prtajin und Ilic stehen übrigens wieder nicht im Kader). Aber wer will schon von einer Stürmermisere sprechen, wenn wir, nach sieben Spieltagen, exakt die Punktausbeute aufweisen, die wir in der letzten Saison zur Halbserie hatten - ein wirklich gutes Gefühl! Kann schon sein, dass von unseren acht Toren lediglich zwei durch echte Angreifer erzielt wurden (Hollerbach und Vertessen) und schon wieder ein Außenverteidiger die interne Torschützenliste anführt, unser Fussball oft nicht so wahnsinnig attraktiv aussieht, da er eben in erster Linie über die Defensive erarbeitet wird - aber er funktioniert und wir haben genausoviele Zähler auf der Habenseite wie Leverkusen und gar mehr als Dortmund, Frankfurt oder Stuttgart.

Daraus entsteht wichtiges Selbstvertrauen und Ruhe, das Erfolgsrezept der letzten Jahre. Hurrafussball werden wir wohl selten sehen, aber das ist mit unseren Mitteln auch nicht so wirklich möglich. Deswegen ist so ein schmuckloser Sieg, auswärts in Kiel, als unbedingter Erfolg zu sehen. Wenn wir jetzt noch unsere zweiten fünfundvierzig Minuten hier und da besser angehen - aber Rom wurde ja auch nicht an einem Tag erbaut…

17. Oktober: Wundertüte im Norden - keine leichte Aufgabe bei Holstein Kiel

Unioner Tom Rothe (19, l.) kämpft mit Dortmunds Yan Couto (22) um den Ball.
Unioner Tom Rothe (19, l.) kämpft mit Dortmunds Yan Couto (22) um den Ball.  © Andreas Gora/dpa

Unionfux: So, nervige Länderspielpause vorbei, am Sonntag sind wir beim Aufsteiger Kiel zu Gast und obwohl Holstein Kiel die einzige Mannschaft der Bundesliga ist, die zu Hause noch nicht punkten konnte, wird es ein schwieriges Spiel.

Natürlich gibt es in dieser Liga keine leichten Spiele, zumindest nicht von vornherein, aber wir tun uns ohnehin mit den vermeintlich kleinen Mannschaften ja traditionell ein wenig schwer, ich sage nur "Fürth", die vor ein paar Jahren mit nur achtzehn Punkten wieder in die Zweite Liga rauschten, davon jedoch allein vier Punkte gegen uns machten, obwohl wir seinerzeit insgesamt ziemlich gut unterwegs waren… Obendrauf haben die Störche gerade in Leverkusen gezeigt, dass sie nicht unbedingt Fallobst sind, nach einem 0:2-Rückstand beim amtierenden Meister Leverkusen noch zu punkten - alle Achtung!

Nichtsdestotrotz muss es natürlich unser Anspruch sein, dort etwas mitzunehmen, gerade in unserer jetzigen Situation, in der wir weitgehend unsere alte Stabilität wiedergewonnen haben. Nur dürfen wir nicht mit der Passivität unserer bisherigen Auswärtsspiele antreten, zumal der Gegner im eigenen Stadion schon muntere zwölf Tore genascht hat, wobei man sagen muss, dass die jeweiligen Gäste mit Wolfsburg, Bayern und Frankfurt nicht gerade Laufkundschaft waren.

Andererseits hält sich unsere Auswärtstorausbeute auch sehr in Grenzen, lediglich Laszlo Benes konnte am ersten Spieltag in Mainz treffen. Also sollten wir die Begegnung bloß nicht zu zaghaft angehen, trotz unserer anhaltenden Mittelstürmermisere haben wir nun wirklich genügend Offensivpower und Spielstärke, um unser Spiel durchzuziehen, auch wenn ich nicht unbedingt erwarte, dass wir die Heimmannschaft überrollen.

Vielleicht zeigt Bo Svensson das auch schon mit unser Startaufstellung an, jedenfalls kann er fast aus dem Vollen schöpfen, bis auf den angeschlagenen Tousart und dem weiterhin verletzten Juranovic sind alle an Bord. Und ich werde nicht müde, auf Benes zu hoffen, um unserer etwas überschaubaren Kreativität aus dem Mittelfeld zu mehr Schwung zu verhelfen und zusätzlich einen ausgesprochenen Standardspezialisten auf dem Feld zu haben. Aber irgendwie scheint Svensson, zumindest bisher, nicht unbedingt zu den Fans des Slowaken zu zählen, ich wüsste nur zu gern, warum.

Große Namen sind beim Gegner im Übrigen eher die Seltenheit, mit Ausnahmen natürlich, da wäre Lewis Holtby, mit Sicherheit der erfahrenste Spieler bei Holstein mit über 200 Bundesligaspielen und Premier League-Vergangenheit, außerdem das ehemalige Supertalent Jan-Fiete Arp, welches Bayern vor nicht allzulanger Zeit immerhin ein Fünfjahresvertrag wert war und, nicht zu vergessen: Steven Skrzybski. Das echte Union-Eigengewächs hatte seinerzeit bei uns schon beinahe spektakulär den Durchbruch geschafft und war unumstrittener Publikumsliebling, bevor er, ein Jahr vor unserem eigenen Aufstieg, zu Schalke 04 wechselte. Dort endete sein Höhenflug allerdings relativ abrupt, er stieg in der Folge sogar zweimal hintereinander ab: als Leihspieler mit Fortuna Düsseldorf und in der Saison darauf mit Schalke, bevor er sich bei den Kielern wieder fangen konnte.

Nachdem in den letzten beiden Heimspielen mit Bülter und Ryerson jeweils zwei Ex-Unioner trafen, möchte man Stevie trotzdem viel Glück wünschen - Wir gewannen nämlich unsere Spiele. Zum Einsatz dürfte auch Tymoteusz Puchacz kommen, der bei uns ja seinerzeit mit großen Vorschusslorbeeren aufschlug, um dann nacheinander zu Trabzonspor, Panathinaikos Athen und Kaiserslautern verliehen und schlussendlich von Kiel vor dieser Spielzeit fest verpflichtet zu werden (Da würden mir so ein paar Fragen an unsere Scouting-Abteilung einfallen…). Und auf unserer Seite gibt es ebenfalls einen Akteur mit Kieler Vergangenheit: Tom Rothe war ein wichtiger Teil der Aufstiegsmannschaft in der letzten Saison.

Auf uns wartet also eine sehr interessante Aufgabe, so ein bisschen eben auch eine Wundertüte, denn eigentlich kann man für unseren Sonntagsausflug nur eines mit relativer Sicherheit prognostizieren: Eine Negativserie endet am Sonntag, die von Kiel oder unsere. Weil aber etwas Optimismus nicht schaden kann, tippe ich klar auf unseren ersten Auswärtssieg - Ich mag zwar Störche sehr und Underdogs obendrein, aber irgendwo muss ja auch wieder Schluss sein, oder?

15. Oktober: Bei Leweling lagen wir wohl schief

Jamie Leweling feierte einen Traumeinstand.
Jamie Leweling feierte einen Traumeinstand.  © Sven Hoppe/dpa

Icke: 1:0 ist ein knappes Ergebnis. So schlugen wir gestern Holland. Allerdings rieben sich viele Experten die Augen. Wir hatten Ausfälle ohne Ende zu beklagen, zum Schluss keinen einzigen EM-Offensivspieler mehr auf dem Platz und trotzdem gewannen wir verdient. Und Siege gegen unseren westlichen Nachbar sind seit Rudi Völler immer besonders süß.

Das Tor für Deutschland schoss ausgerechnet Ex-Unioner Leweling. Als wollte er uns zeigen, schaut mal her, mich ziehen zu lassen war ein Fehler. War es! Denn neben Wirtz (der angeschlagen in der Halbzeit-Pause blieb) war Leweling der Aktivposten bei uns. Gleich in der 2.Minute machte er sein erstes Tor. Es zählte aber nicht, Gnabry soll dabei im Abseits gewesen sein. Naja. Einen weiteren Hochkaräter hatte Leweling auch noch anzubieten.

Sein erstes Länderspiel war einfach cool. Kein bisschen nervös, immer agil und gefährlich.Da sahen die Holländer in der ersten Halbzeit blass aus. Rüdiger wie immer hinten stark. Es war schon erstaunlich, wie sich im defensiven Mittelfeld Pavlovic und Stiller fanden. Beide noch sehr jung und sie spielten erstmals so von Beginn an zusammen. Kimmich und Mittelstädt waren auf den Außen ebenfalls Garanten für eine gute Leistung. Und da sich da auch Schlotterbeck gut einfügte und Baumann ein starkes Debüt im Tor absolvierte, war das hinten schon einmal eine runde Sache. Kurz vor Schluss rettete Baumann mit einer Monster-Parade den Sieg. Er parierte den satten Malen-Schuss aus 19 Meter. Und vorn war natürlich Wirtz wieder der Chef für die Abteilung Attacke.

Gnabry hatte auch noch gute Einschuss-Chancen und Kleindienst fiel nur auf, wenn man genauer hinsah. Er war ungeheuer fleißig auf dem Platz. Einen „Riesen“ hatte er auch auf dem Fuß.In der 2.Halbzeit waren die Holländer dann aktiver. Es muss wohl ein Donnerwetter in der Kabine passiert sein. Jetzt hatten sie mehr Ballbesitz und erspielten sich auch Chancen. Ohne allerdings die Deutschen wirklich vor ernsthafte Probleme zu stellen.

Andrich (auch ein Ex-Unioner) ersetzte Wirtz und wurde sofort zum Leader. Er brachte Ruhe in unsere Aktionen und fegte mehrmals zwischen die Holländer. Eine feine Gesamt-Leistung der deutschen Mannschaft, die so keiner erwarten konnte.

Lasst uns gemeinsam eine Lehre für Union ziehen. Jamie Leweling bekam in Stuttgart die Einsatz-Zeiten, die er bei uns nicht bekam. Und jetzt ist er Stammspieler dort und machte ein überragendes Länderspiel. Aljoscha Kemlein ist bereits seit 8 Jahren bei uns. Inzwischen hat er seine Feuertaufe gegen Dortmund absolviert. Bei der U20-Nationalmannschaft ist er inzwischen Kapitän und Führungspersönlichkeit. Im U20-Länderspiel gegen Ghana war er an drei Toren beteiligt und setzte auch noch selbst einen Ball an den Querbalken.

Übrigens standen in diesem Spiel mit Ullrich, Eitschberger, Klemens und A.Kade (sein Bruder spielte mal bei uns) weitere Berliner auf dem Platz. Mit Kemlein – fünf Berliner im Team, das ist schon erstaunlich. Da sollten wir genauer hinschauen und vor allem auf Kemlein setzen. Apropos Berliner, die Brandenburger standen den Berlinern in nichts nach. Mit Andrich, Kleindienst und Schade standen drei Brandenburger auf dem Platz. Ein vierter Brandenburger - Beier - gehört ebenfalls zum Kader und der Berliner Rüdiger sowieso. Eine interessante Häufung regionaler Spieler in den Nationalmannschaften. Eisern.

12. Oktober: Das macht Appetit auf Holland

Beim Deutschlandspiel waren Andrich und Kroos im Mittelfeld.
Beim Deutschlandspiel waren Andrich und Kroos im Mittelfeld.  © Christian Charisius/dpa

Icke: 2:1 gewinnen wir auswärts gegen Bosnien-Herzegowina. Das hört sich knapp an, war es aber nicht. Nach ein paar Minuten hatten die Deutschen das Spiel im Griff. Erstaunlicherweise muss man sagen, schaut man sich die lange Liste der Ausfälle an. Mit Nübel und Kleindienst debütierten zwei Spieler mit Beginn und machten ihre Sache ordentlich.

Held des Abends war Undav. Er schoss beide Tore und gönnte sich noch ein Abseitstor dazu. Apropos Abseitstor, drei weitere Male klingelte es im Kasten vom St-Pauli-Keeper Vasilj. Aber jedes Mal waren es Zentimeter, die zur Anerkennung fehlten. Rechnet man jetzt noch den nicht gegebene Elfmeter dazu, hätte das Spiel auch 6:1 ausgehen können. Das zeigt aber auch, Deutschland hatte alles im Griff.

Der Noch-Unioner Gosens wurde eingewechselt und wurde 10 Minuten vor Schluss klar erkennbar im Strafraum gefoult. Der Schiri verlegte das mit gelb geahndete Foul außerhalb des Strafraums. Egal, auch wenn Bosnien-Herzegowina einige wenige Chancen besaß, man hatte nie den Eindruck, es könnte etwas schief gehen.

Nach dem Doppel-Torschützen Undav überragten bei uns noch zwei Spieler. Rüdiger organisierte unsere Abwehr ziemlich perfekt und klärte mehrere Male spektakulär. Und Wirtz legte zu seinen zuletzt guten Auftritten in der Nationalmannschaft noch eine Schippe drauf und war der Dreh- und Angelpunkt unseres Angriffs. Der vierte Mann, der als Stabilisator bei den Deutschen agierte war der zweite Mann auf dem Platz mit Union-Vergangenheit – Robert Andrich. Oft ließ er sich zwischen Rüdiger und Tah als dritter Innenverteidiger fallen und baute unser Spiel von hinten auf. Kimmich auf rechts spielte unauffälliger als sonst. Das war sicherlich eine Nagelsmann-Order an ihn gewesen.

Mittelstädt auf links spielte da spektakulärer. Sowohl in der Offensive, als auch hinten. Er ließ Nagelsmann hinsichtlich seiner Position (für die Zukunft) ratlos zurück. Raum und Mittelstädt sind beide wohl auf gleichem Niveau. Im Mittelfeld spielten wir – neben Andrich – mit Groß. Auch er zeigte eine solide Leistung, passte ein paar Mal im Stile eines Kroos über 20, 30 Meter auf unsere Spitzen und hatte ansonsten wohl auch Order, defensiv stabil zu spielen. Kleindienst ackerte, spielte aber unauffällig. Er war einer der Abseitstorschützen. Schade, das hätte ihn sicherlich beflügelt.

Im offensiven Mittelfeld zeigte Gnabry nach über einem Jahr Pause, dass mit ihm wieder zu rechnen ist. Er zeigte ein sehr gutes Spiel, er war der dritte Spieler mit einem Abseitstor bei uns. Als dritter Debütant kam dann noch Burkhardt ins Spiel.Schon am kommenden Montag spielen wir zu Hause gegen Holland. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass Pavlovic diesmal für Groß aufläuft. Das Spiel gegen die Holländer wird eine ganz andere Nummer werden. Die haben nicht nur wesentlich mehr Qualität, sondern sind auch unter Zugzwang. Sie schafften in Budapest nur ein Remis und das auch nur mit Ach und Krach, sprich kurz vor Schluss. Wir können aber sicher sein, dass die Holländer gegen uns wieder extra motiviert sind und ein bärenstarkes Spiel zeigen.

Andererseits spielt Deutschland sehr stabil unter Nagelsmann. Wie es auch Bo mit Union schaffte, hat auch Nagelsmann mit der Stabilisation der Abwehr begonnen. Beiden gelang das. Jetzt kommt Phase zwei. Auch bei beiden. Die Abteilung Attacke auf Konstanz zu bringen. Da hat es wohl der Nationaltrainer einfacher. Er kann auf Ausnahmespieler wie Wirtz und Musiala (fehlt aktuell verletzt) zurückgreifen. Bo testete im Freundschaftsspiel gegen Stettin - Volland und Skov. Ob sie oder einer der beiden in Kiel schon auflaufen werden … ist eher zweifelhaft.

Sie gehören aber ganz sicher zu unseren Hoffnungen … unseren Angriff gefährlicher zu gestalten. Nach dem Saison-Beginn, der für uns sehr ordentlich aussah, gilt es – neben Hollerbach und Vertessen (die wohl zur Zeit beide die Nase vorn haben) den dritten Mann für unseren Sturm zu finden. Zukunftsträchtig könnte man sich Volland als hängende Spitze zwischen Hollerbach und Vertessen vorstellen. Auch weil Bo beim Test Skov auf die linke Außenbahn schickte. Eisern.

10. Oktober: Oh, Jürgen, Jürgen, what have ye done?

Jürgen Klopp (57) hat ab Januar einen neuen Job.
Jürgen Klopp (57) hat ab Januar einen neuen Job.  © Christoph Reichwein/dpa

Unionfux: Diejenigen, die regelmäßig oder doch zumindest von Zeit zu Zeit hier reinlesen, werden bemerkt haben, dass ich mich in diesem Rahmen nur ganz selten zu Dingen äußere, die wenig bis nichts mit dem 1. FC Union zu tun haben, hier möchte ich jedoch eine Ausnahme machen, denn gestern wurde der Fussball auf einen Schlag nochmal so böse entromantisiert wie ganz selten - vielleicht nicht für alle, aber doch für viele. Was ist passiert?

Unglaubliches: der große Jürgen Klopp heuert nämlich bei Red Bull an, wird "Global Head of Soccer“ und dabei sollte doch schon die Bezeichnung für diesen Posten alles sagen. Ja, da kann man schon mal heftig staunen, denn vor wenigen Monaten kündigte er noch tränenreich seinen Vertrag als Trainer des FC Liverpool, ausgebrannt und des Jobs überdrüssig, wollte er sich nur um sich selbst kümmern, die große Bühne schien passé, möglicherweise für immer oder doch zumindest für sehr lange. Dabei hätte er beinahe jeden Job in der Fussballwelt kriegen können, allein als deutschen Nationaltrainer hätten sich ihn so viele gewünscht, Spieler, Fans, Funktionäre - denn selten gab es einen Trainer, der dermaßen gut in der Außendarstellung war: so authentisch und schlagfertig, so nahbar und normal, so emotional und so intelligent.

Und ja, ein guter Trainer ist er fraglos auch noch. Es gibt eigentlich kaum einen zweiten, der so brillant rüberkommt, so einen breiten Konsens erreicht, bei dem dermaßen viel zu stimmen scheint und dem der Erfolg so dauerhaft treu bleibt, weit über zwanzig Jahre immer unter Vertrag, nie entlassen, alle großen Vereinstitel gewonnen, in jedem Verein eine Legende - ein Tausendsassa und dabei so unheimlich sympathisch und das über alle Vereinsgrenzen hinweg, so einen müsste man erfinden, wenn es ihn denn nicht schon gäbe - ein Vorbild, das aber offenbar nicht so leicht zu kopieren ist, eine Lichtgestalt gar, zumindest mittlerweile. Und dieser Jürgen Klopp lässt sich ausgerechnet bei einem Konzern anheuern, der eigentlich für alles steht, was man am und im modernen Fussball so verabscheuen kann: Kommerzialisierung bis zum Get No, Retorte, der Sport als, in erster Linie, Vermarktungsinstrument. Und dass, nachdem er doch solche Vereine wie Mainz, Dortmund und Liverpool trainiert hat, die zwar auch am Tropf des Kapitalismus hängen, aber doch nicht ganz so unverhohlen und ausschließlich wie die Kinder des Konzerns mit der so miesen Brause.

Was die Red Bull GmbH davon hat, ist schon klar: mit ganz wenigen Leuten aus der Branche könnte man mit einem Schlag sein Image dermaßen aufpolieren, kaum einen Spieler könnte man verpflichten, der so viel Aufsehen erregen, so als Aushängeschild fungieren könnte, das know how von JK wird da ja fast zur Nebensache - die Fachwelt ist sich einig, das ist ein Coup sondergleichen, ein großer Move, besser geht’s gar nicht, voll auf die Zwölf. Doch warum macht Jürgen Klopp das? Okay, er wird seine Bedingungen durch die Bank weg formuliert und durchgesetzt haben, ich gebe zu, das hat schon was - wer würde das nicht gern? Und an den Hebeln der Macht bei gleich fünf Vereinen (Tendenz steigend), das ist sicherlich ebenso attraktiv. Dazu viele Möglichkeiten, wenige Grenzen - keine Frage, auch das hat schon was. Nichtsdestotrotz ist das eigentlich schwer zu verstehen. Wie kann man sich seine Biographie so gründlich auf den vorletzten Metern des Arbeitslebens versauen, wenn man so gut dasteht, die ganz große Auswahl hat? Denn auch für den Nichtromantiker (und er gab und gibt sich als Fussballromantiker schlechthin) muss doch klar sein: die Unternehmung Red Bull Soccer ist keine wie alle anderen, das ist, neben Scheichfussball, großen Investoren und der FIFA, mit die traurigste und schäbigste Fratze im Profisport.

Gut, es mag vielleicht Leute geben, die können sich die Chance RB, als Spieler, Trainer oder Funktionär, nicht so einfach entgehen lassen, aus karrieretechnischen oder finanziellen Erwägungen - aber da gehört Jürgen Klopp nun wirklich nicht dazu, in keinster Weise. Also warum? Ich denke, zugegeben küchenpsychologisch und auf der Suche nach Erklärungen (seine Videobotschaft kann mich nicht recht überzeugen), an zwei Dinge. Da sind erstens: seine unübersehbaren Zähne. Welcher Mensch, außer Stefan Raab, lässt sich so sichtbar falsche und nur vermeintlich perfekte Zähne machen? Viel zu groß, viel zu weiß, viel zu einheitlich. Das kann man, zumal mit finanziellen Möglichkeiten, sehr viel besser und unauffälliger hinkriegen (Bastian Schweinsteiger z. B. hat das irgendwann auch begriffen) - Faustregel: selbst der Fachmann muss rätseln, ob das Gebiss gemacht ist oder nicht, dann ist es erst wirklich gut. Dazu kommen seine transplantierten Haare und die weggelassene Brille - klar, kann man alles machen, die Möglichkeiten gibt es mittlerweile, warum auch nicht - aber es weist in Summe doch auf einen ziemlich eitlen Menschen hin (auch und gerade, weil er nicht so tut!!), der dazu nicht so reflektiert ist, wie er sich gibt (und offenbar auch nicht so gut beraten wird).

Und die Macher von RB werden ihm im Vorfeld schon ordentlich geschmeichelt und hoppe hoppe Reiter mit seinem Ego gemacht haben und das scheinbar überaus geschickt, denn ansonsten hätte er seine Auszeit, sehr groß angekündigt und lauthals auf länger angelegt, nie und nimmer so schnell sausen lassen (gut, er muss nicht mehr täglich auf dem Trainingsplatz stehen, aber das hätte er als Nationaltrainer ja auch nicht). Und zweitens: er wird sich überaus fürstlich für den Job bezahlen lassen und dass Geld dem bodenständigen Schwaben sehr wichtig ist, beweist allein schon die seit vielen Jahren andauernde Omnipräsenz des Jürgen K. in der Werbung, man kann ihm eigentlich kaum entrinnen, er hält sein Gesicht beinahe wahllos und hintereinanderweg für buchstäblich alles in die Kamera, ob für Bier, Autos (im Laufe der Zeit gleich für drei Marken: Mitsubishi, Seat und Opel), Bank, Versicherungen, Sportklamotten oder Rasierklingen (die Liste ist tatsächlich noch um einiges länger) - wenn man in den verschiedenen Medien ein wenig unterwegs ist, sieht man ihn am Tag unweigerlich mehrere (und längst zu viele) Male, dabei dürfte er schon lange kein wirkliches Existenzproblem mehr verspüren.

Mondänität (im besten Sinne), Haltung und Maß sind ihm da offenbar schnurz, Hauptsache, es kommt nochmal Summe X aufs bereits gefüllte Konto dazu und das für minimalen Aufwand. Und so bleiben, aus meiner Sicht, logischerweise wohl nur Eitelkeit und Gier die treibende Kraft bei diesem schnellen neuen Job, darum lässt man sich auf so etwas ein, alle anderen Motivationen sind letztlich lediglich Beiwerk. Es ist im Grunde nur ein weiterer Werbeauftrag, vielleicht mit gewissen Vorzügen.

Eins ist klar - natürlich kann der ehemalige Trainer (würde mich allerdings nicht wundern, wenn er irgendwann bei einem Verein des Konzerns nochmal einsteigt) Jürgen Klopp arbeiten, für wen er will, ist er niemandem Rechenschaft schuldig. Aber er muss auch damit leben, dass man ihn jetzt, zumindest in weiten Kreisen, für immer in einem anderen Licht sehen wird: der so unfassbar sympathische Gewinner Jürgen K. wird irgendwie zum weniger sympathischen Verlierer, dem der Fussball erst in dritter oder vierter Instanz wichtig ist. Ach, Jürgen, musste das denn wirklich sein?

Titelfoto: Swen Pförtner/dpa

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