Union-Berlin-Blog: Musiala, der mit den Schotten tanzt

Berlin - Eisern: In einer Personal-Union aus drei waschechten Berliner Fußball-Fan-Originalen gibt es bei TAG24 den Union-Berlin-Blog.

Christian Beeck, Jürgen Heinemann und Tobias Saalfeld.
Christian Beeck, Jürgen Heinemann und Tobias Saalfeld.  © Archiv

Die Autoren:

Icke (Jürgen Heinemann) ist seit Mitte der Siebzigerjahre Unioner und als Betriebswirt seit über 30 Jahren im Vertrieb tätig. Er ist verheiratet und hat ein erwachsenes Kind. Icke lebt heute in Grünheide und schreibt hier als Gründer des Blogs.

Unionfux (Tobias Saalfeld) ist seit über 40 Jahren Unioner, er arbeitet als Freischaffender für Bühne, Funk und Fernsehen, auch dort schreibt er.

Frischer Wind im Sturm: Er ist Union Berlins erster Neuzugang
1. FC Union Berlin Frischer Wind im Sturm: Er ist Union Berlins erster Neuzugang

Beecke (Christian Beeck), Ex-Bundesliga-Spieler (Hansa, Cottbus), Ex-Union-Manager, 21 Länderspiele für DDR-Junioren, stammt aus dem eigenen Nachwuchs von Union. Beecke hat 2 Kinder. In unserem Union-Blog fungiert Beecke als Berater.

15. Juni: Musiala, der mit den Schotten tanzt

Jamal Musiala (21, r.) freut sich über sein Tor zum 2:0 gegen die Schotten.
Jamal Musiala (21, r.) freut sich über sein Tor zum 2:0 gegen die Schotten.  © Matthias Schrader/AP

Icke: Er wurde zum Spieler des Spiels gewählt. Nicht nur weil er ein Tor schoss, sondern weil er immer wieder "den Tanz" mit den Schotten suchte. Ein Dribbling folgte auf das Nächste. Ganz coole Leistung. Aber das 5:1 drückt es schon aus, das ganze Team hat hervorragend funktioniert. Selbst das schottische Ehren-Tor mussten die Deutschen machen, weil diese gar keine Chancen bekamen.

Nach zehn Minuten führten wir mit 1:0, nach 20 Minuten mit 2:0 und zur Halbzeit hieß es 3:0 und die Schotten waren einer weniger. Zu Recht, bei diesem Foul hatte Gündogan großes Glück, dass er sich nichts brach. Wirtz und Musiala zauberten und suchten immer wieder die 1:1-Situation. Kroos dirigierte mit feinen Pässen. Und unsere Abwehr-Monster Tah, Rüdiger und Andrich ließen nichts anbrennen. Andrich fing sich bei einer seiner Aktionen eine gelbe Karte ein und Nagelsmann ließ ihn zur Halbzeit und zur Sicherheit draußen. Bei diesem Spielstand konnten wir uns das erlauben. Neuer hat wahrscheinlich selten in seiner Karriere so wenig Arbeit gehabt.

Und dann trafen auch noch die Joker. Füllkrug und Can, beide frisch reingekommen, trafen mit schönen Schüssen. Auch Sane machte nach seiner Einwechslung viel "Ballett". Auch wenn ihm noch nicht alles gelang. Schön auch, dass die drei jüngsten Spieler, Wirtz, Musiala und Havertz, alle trafen. Das gibt ordentlich Selbstvertrauen. Auch die "zweite Reihe" konnte überzeugen. Das ist bei einem Turnier besonders wichtig. Natürlich machten die Schotten einen Riesenfehler in ihrer taktischen Ausrichtung und hatten auch nicht ihren besten Tag.

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Den großen Fehler allerdings machte der schottische Trainer. Die Schotten griffen die Deutschen viel zu spät an. Und wenn technisch hervorragende Spieler wie Kroos, Wirtz und Musiala einmal ins Laufen kommen und Räume haben, dann wird es für jeden Gegner schwer. Und genau so kam es. So extrem, dass die Schotten nicht einmal auf das deutsche Tor schossen. Kimmich und Mittelstädt hielten sich offensiv ein wenig zurück. Sicherlich eine Nagelsmann-Order, um nicht überrascht zu werden. Trotzdem hatten beide auch gute offensive Szenen.

Alles in allem war das ein glänzender deutscher Auftakt, der uns Mut und Appetit auf die nächsten Spiele macht. Eisern.

14. Juni: Gebt den Deutschen wieder Spaß!

Bayern-Star Jamal Musiala (21) soll auch bei der EM wieder für Furore sorgen.
Bayern-Star Jamal Musiala (21) soll auch bei der EM wieder für Furore sorgen.  © Christian Charisius/dpa

Icke: Warum macht die EM 2024 auch Unionern Spaß? Weil wir mit Rönnow (Dänemark), Schäfer (Ungarn) und Juranovic (Kroatien) erstmals erstmals drei Spieler bei einem großen Turnier dabei haben. Kral (Tschechien), Leite (Portugal), Trimmel (Österreich) und Gosens (Deutschland) haben es (teilweise knapp) nicht in ihre Länder-Kader geschafft. Dann wären es sogar sieben Spieler gewesen. Das zeigt aber auch, Union hat sich in dieser abgelaufenen Saison unter Wert verkauft. Die Qualität an Einzelspielern ist vorhanden. Nur als Mannschaft haben sie nicht funktioniert.

Mit Laidouni (Tunesien), Volland (Deutschland), Roussilon (Guadeloupe), Aaronson (USA) und Bedia (Elfenbeinküste) gehören ja noch weitere Nationalspieler oder wie im Fall Bedia – zum Kader gehörende Spieler - dazu. Auch Knoche saß schon auf der deutschen Auswechselbank (allerdings ohne Einsatz) und Vogt gehörte längere Zeit zu den Blickfeld-Spielern. 14 Nationalspieler oder solche, die knapp daran kratz(t)en und wir spielen so eine vermaledeite Saison.

Zurück zur Europameisterschaft in Deutschland. Yep da sah ich schon an den Supermarktkassen ein paar Jungs – so um die zehn, elf Jahre alt – die sich mit Fahnen und anderen Deutschland-Utensilien ausstatteten. Gott sei Dank, Deutschland ist doch noch nicht verloren. Da kommen neue Generationen nach, die sich für unsere Nationalmannschaft interessieren. Jetzt muss das deutsche Team nur noch liefern. Dann haben wir endlich mal wieder Spaß … nach 2006 und 2014. Es wäre dem deutschen Team zuzutrauen. Gerade Wirtz und Musiala darf man viel zutrauen. Und sie haben noch etliche Reserven in ihren jungen Jahren.

Und weitere Dinge sind auch positiv und erwähnenswert. Zum einen die Rückholung von Kroos gibt der deutschen Mannschaft enorme Sicherheit. Nicht nur fußballerisch, sondern auch mental. Und Andrich als Security-Mann neben Kroos gehört auch zu den positiven Überraschungen. Ebenso wichtig war es auch, dass Nagelsmann mit Tah und Rüdiger endlich mal wieder ein Pärchen für die Innenverteidigung gefunden hat, die die alte Tradition an erstklassigen "deutschen Vorstopper" fortführen. Beide sind robust, sicher und aufmerksam.

Schottland heißt unser Gegner heute um 21 Uhr. Ja ja … die Schotten sind unangenehm, sie haben einen Taktik-Fuchs als Trainer. Sie langen hart zu, ihre Fans sind das Nonplusultra. Das haben wir überall alles schon lesen können. Interessiert mich das? Nein! Als Heimmannschaft mit den klar besseren Spielern müssen wir Schottland schlagen. Und mit dieser breiten Brust haben wir den Platz zu betreten. Ich erwarte keine Harakiri-Offensive der deutschen Mannschaft, aber ein offensiv gut organisiertes Spiel. Gebt den Deutschen wieder Spaß, sie haben es verdient! Eisern.

13. Juni: Zwei hochinteressante Neuzugänge für den 1. FC Union

Läuft Leopold Querfeld (20, r.) bald für Union Berlin auf?
Läuft Leopold Querfeld (20, r.) bald für Union Berlin auf?  © Matthias Schrader/AP

Unionfux: So, jetzt kommt doch etwas überraschend Bewegung in den Unionkader der kommenden Saison: Ivan Prtajin vom Zweitligaabsteiger SV Wehen hat bei uns für angeblich drei Jahre unterschrieben und kostet per Ausstiegsklausel eine Million Euro.

Erst schoß der Kroate mit fünfzehn Treffern die Wiesbadener zum Aufstieg (gemeinsam mit Benedict Hollerbach), jetzt reichten seine dreizehn Tore und zwei Vorlagen nicht, um den Klassenerhalt zu sichern, die Relegation ging gegen Jahn Regensburg verloren.

Klar, dass sich so einige Vereine für den Jungen interessierten, von Kaiserslautern über Hertha bis hin zum Bundesliganeuling Kiel, jetzt haben wir wohl das Rennen gemacht. Der große und bullige Mittelstürmer hat in gewisser Weise Parallelen zu Kevin Behrens - denn er ist mittlerweile schon 28 und seine Erstligaerfahrungen beschränken sich im Wesentlichen auf 19 Spiele in Sloweniens höchster Liga für Olimpia Ljubljana, ansonsten war er eher in den zweiten Ligen der Schweiz, in Holland und Kroatien unterwegs. Also ein ziemlich später Einstieg in den fussballerischen Leistungsgipfel - das kann funktionieren, muss aber nicht.

Als Backup halte ich das für ne prima Idee, von ihm allerdings die Lösung für unsere Offensivprobleme zu erwarten, doch für etwas verwegen. Aber wer weiß? Eine ziemliche Wundertüte - andererseits meines Erachtens jedoch nicht schlechter als z. B. ein Robert Glatzel, der zwar mehr Tore gemacht hat, aber eben auch in einer Spitzenmannschaft der Zweiten Liga, dem ehemaligen Dino HSV. Insofern ...

Das ganze Gegenteil ist der zweite Neuzugang, der Österreicher Leopold Querfeld. Der Innenverteidiger von Rapid Wien ist zwar erst 20 Jahre alt, hat aber schon 54 Spiele für die Hütteldorfer auf dem Buckel und die meisten davon als Stammspieler. Und er ist bereits Nationalspieler und zählt zum EM-Aufgebot. Das könnte ein absoluter Volltreffer sein, zudem hat der Shootingstar noch seine Zukunft vor sich und er kostet lediglich zweieinhalb Millionen Euro, auch hier greift eine Klausel. Sportlich und wirtschaftlich ein ziemlicher Coup, da müsste schon sehr viel schiefgehen, damit das nicht hinhaut.

Eins ist klar: ein wenig Eingewöhnungszeit werden beide Transfers bestimmt brauchen, die Geduld muss man schon aufbringen, aber interessant wird das auf jeden Fall. Derweil erweitert sich der Interessentenkreis für Diogo Leite, jetzt sollen verschiedene Vereine der Serie A den Portugiesen verpflichten wollen, allen voran der AC Milan. Im Raum stehen erstmal stattliche achtzehn Millionen, nicht schlecht, wir werden sehen, wieviel es denn tatsächlich wird.

Serie A, zweiter Teil: der FC Bologna will angeblich Robin Gosens leihen mit einer Kaufoption in Höhe von sieben Millionen - netter Scherz aus der Emilia Romagna, auch wenn das lediglich ein erstes Angebot ist. Das kann sich noch ein bisschen hinziehen, die Gerüchteküche wird da schon ein nettes Weilchen vor sich hinköcheln. Lassen wir uns überraschen und freuen wir uns unterdessen über unsere beiden Neuzugänge, mal sehen, wie der junge Österreicher sich bei der EM machen wird …

10. Juni: Unions Frauen machen Spaß!

Die Frauen von Union Berlin haben im Kampf um die 2. Bundesliga mächtig vorgelegt.
Die Frauen von Union Berlin haben im Kampf um die 2. Bundesliga mächtig vorgelegt.  © Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Icke: Was für ein Ergebnis! 8:0 gewinnen die Frauen im Relegationsspiel zur 2. Frauen-Bundesliga gegen die Hamburger Frauen von Henstedt-Ulzburg. Damit lege ich mich fest: Die Frauen von Union spielen ab der kommenden Saison in der 2. Bundesliga. Und es wird gar kein Hehl daraus gemacht, wir wollen auch mit der Frauenmannschaft in die 1. Bundesliga.

Das zweite WOW wurde mit der Zuschauerzahl geliefert. Über 18.000 (fast ausschließlich) Unioner pilgerten ins Stadion, die die Frauenmannschaft in dem so wichtigen Spiel unterstützen wollten. Sieht man auch nicht alle Tage. Das Rückspiel sollte nur noch eine Formalie werden. Was den Männern fehlt haben die Frauen. Ähm … ich meine Goalgetter! Sarah Abu Sabbah traf 41 Mal. Das ist Kane-Niveau. Aber auch Dina Orschmann traf 27 Mal und Lisa Heiseler machte 23 Tore. Das Torverhältnis von 145:5 (!) sagt eigentlich schon alles aus.

Wer in 22 Spielen nur fünf Gegentreffer bekommt, der muss hinten "Bombe" stehen. Und 145 eigene Treffer bedeuten 6,6 Tore pro Spiel. Das sind alles Rekordmarken. Natürlich hat das einen Hintergrund und ist mitnichten ein glücklicher Zufall. Union hat vor dieser Saison Geld in die Hand genommen und auf Profi-Bedingungen bei den Frauen umgestellt. Parallel wurde jetzt das neue Trainingszentrum fertig gestellt, wo die Frauen exzellente Bedingungen vorfinden. Und ja, wie im richtigen Leben, da wo es schön ist und wo auch fair bezahlt wird, da finden sich dann automatisch starke Spielerinnen ein. So auch bei Union. Es ist ebenso ein erklärtes Ziel, das die 2. Bundesliga nächstes Jahr wieder gewechselt werden soll. Nämlich nach oben.

Die Aufstellung: Wagner – K. Orschmann (74. Rurack), Niesler, Frank – Sakar (74. Reissner), Blaschka, Moraitou (74. Görsdorf), Heiseler, Metzker – Abu Sabbah (84. Trojahn), D. Orschmann (84. Scheel). Für die verletzte Marie Becker spielte Athanasia Moraitou. Im Vergleich zum letzten Punktspiel lief Fatma Sakar anstelle von Latoya Bach auf. Alles Namen, die wir uns merken können. Sie werden auch in der 2. Bundesliga eine starke Rolle spielen. Zumal der 1. FC Union auch für das Frauen-Team Verstärkungen angekündigt hat. Eisern!

8. Juni: Still ruht der See: wenig los bei Union vor der EM

Josip Juranovic ist mit Kroatien bei der EM dabei.
Josip Juranovic ist mit Kroatien bei der EM dabei.  © Tom Weller/dpa

Unionfux: Ja, momentan passiert nicht allzuviel, zumindest sichtbar, beim 1. FC Union (Union Berlin will ich mir gar nicht erst angewöhnen, das klingt für mich immer wie der CDU-Bezirksverband o. ä.), die Spieler und und die meisten Verantwortlichen sind ausgeflogen. Ab 11. Juni kann man seine Dauerkarte verlängern, so man eine hat, das freut das Fanherz, ganz besonders, da man weiter Bundesligist ist - na, und sonst?

Diogo Leite ist von aufmerksamen Fans in Madrid gesichtet worden - einfach nur mal in die spanische Metropole, warum denn nicht, man hat ja schließlich Urlaub - oder macht Real doch ernst, an unserem Portugiesen wird ja schon eine Weile unaufgeregtes Interesse bekundet, trotz seiner eher durchwachsenen Saison, na gut, wenn der derzeitige Überverein Europas bereit ist, fünfzehn bis zwanzig Millionen auf den Tisch der Alten Försterei zu legen, dann wäre das doch einigermaßen zufriedenstellend und würde für alle Seiten neue Möglichkeiten bieten. Auch für den bis dato an Kaiserslautern ausgeliehenen Tymo Puchacz wird sich angeblich heiß interessiert, unter anderem aus Augsburg, aber da empfiehlt es sich doch, die EM abzuwarten, so schlau wird Horst Heldt allemal sein. Auch wenn Puchacz nicht allererste Wahl bei den Polen ist, so wird er doch seine Einsätze bekommen. Und wer weiß, vielleicht will ihn am Ende Bo Svensson ja auch unbedingt behalten?

Der Unioner der vergangenen Spielzeit, Frederik Rönnow, hat unter der Woche neunzig Minuten für Dänemark im Tor gestanden, in seinem zehnten Länderspiel wurden die Schweden in Kopenhagen mit 2:1 geschlagen und Freddy hat mit einigen guten Paraden dazu beitragen können. Im Turnier dürfte trotzdem Schmeichel jun. im Kasten Dänemarks stehen und Rönnow das Schicksal so vieler guter Keeper erleiden, nämlich trotz allen Potentials der zweite Mann sein zu müssen, frag nur mal nach bei ter Stegen oder gar bei Potti Matthies, der nie A-Nationalspieler wurde, gehört wohl irgendwie zum Berufsbild… Trotzdem - durchhalten, Freddy, Schmeichel ist nämlich auch schon 37, deine Zeit kommt also noch! Josip Juranovic hingegen scheint bei Kroatien gesetzt zu sein, mal sehen, ob man da den Juranovic sieht, der er bei uns im letzten Jahr zu selten war, auch das wäre in mehrfacher Hinsicht wünschenswert.

Alex Kral hat leider letztlich den Sprung in den tschechischen Kader verpasst, das kann eigentlich ebensowenig überraschen wie die Abwesenheit von Robin Gosens im deutschen Aufgebot. Trotzdem war die Nichtnominierung nach Aussage von Gosens einer der schlimmsten Tage seines Lebens. Ich denke, da hat der gute Robin noch nicht allzuviel Schlechtes in seinem Leben erfahren müssen… Be-nei-dens-wert!! Gleichwohl - enttäuscht kann man ja schon sein. Aber, und das kann ihm doch auch nicht ganz entgangen sein, Gosens war eben auch zu selten unwiderstehlich in seiner ersten Bundesligasaison. Mal sehen, ob überhaupt noch welche dazukommen, das Lazio Rom-Gerücht hält sich hartnäckig.

Mich wird die EM (und somit auch die deutsche Nationalmannschaft) ja eher am Rande interessieren, aber wenn ich dazu komme, werde ich natürlich hier und da mal hinsehen und da logischerweise speziell auf unsere nominierten Unioner - und ansonsten lauere ich weiter auf gute bis sehr gute Nachrichten, die unseren Verein betreffen. Kleine Notiz am Rande: der vor über zwanzig Jahren mal anderthalb Saisons bei uns spielende (und das ziemlich gut) Cristian Fiel hat in Nürnberg hingeschmissen und ist seit dieser Woche neuer Trainer beim Zweitligisten Hertha BSC. Da kann man doch in Zukunft mal einen Blick mehr nach Charlottenburg riskieren…

4. Juni: Die große Suche nach dem Zehner

Mit welchem Kader wird Union Berlin in der kommenden Saison auflaufen? Die Fans dürften gespannt sein.
Mit welchem Kader wird Union Berlin in der kommenden Saison auflaufen? Die Fans dürften gespannt sein.  © Andreas Gora/dpa

Unionfux: Nachdem Borussia Dortmund das Finale in Wembley gegen Real Madrid verloren hatte, war man in Frankfurt ganz schön enttäuscht, dass man nun nicht in der Champions League antreten kann, sondern nur in der Europa League.

Ganz ehrlich: wenn man als Bundesliga-Sechster mit schlanken 47 Punkten beinahe trotzdem in der sogenannten Königsklasse antreten kann, dann zeigt das, wie sehr das alles auf den Hund gekommen ist. Denn Frankfurt hat alles andere als eine ordentliche Saison abgeliefert, zumindest für ihre Ansprüche. Aber hey, beinahe hätte man ja trotzdem fast das Maximalziel erreicht! Ist das nicht toll? Ja, im wahrsten Sinne des Wortes.

Und auch Heidenheim, als Aufsteiger sehr respektabel auf Platz acht, allerdings mit nur 42 Punkten, eingekommen, wird noch europäisch antreten dürfen, wenn auch nur im, Verzeihung, Trostwettbewerb Conference League. Was will man dazu noch sagen? Wie geht das wohl weiter? Wird man in ein paar Jahren zwar absteigen, aber sich immer noch für irgendeinen Europapokal bewerben dürfen? Das geht ganz bestimmt, lassen wir die UEFA mal machen, die kriegen auch das noch hin. Schöne neue Fussballwelt.

Doch auch wir haben gerade eine ziemliche Enttäuschung zu verkraften, denn der bei uns so heiß ersehnte Zehner in Person des Österreichers Kevin Stöger, der in der letzten Saison wohl, trotz Fastabstieg, die beste Spielzeit seiner Karriere abliefern konnte, wechselt doch nicht zu uns, sondern zur Borussia aus Mönchengladbach, obwohl wir schon in der Winterpause heftig an ihm gebaggert haben sollen.

Das hat offenbar mehrere Gründe: erstmal waren er und Bo Svensson zu Mainzer Zeiten nicht die besten Freunde - unter unserem neuen Trainer machte Stöger in anderthalb Jahren nur zwei Einsätze über 90 Minuten, ansonsten gab es zumeist nur Kurzeinsätze und in neunzehn Spielen wurde er gar nicht berücksichtigt. Welcher Spieler hat da schon Lust auf eine zweite Runde?

Aber viel wichtiger ist eigentlich, dass Gladbach immer noch mehr bezahlt als wir und obendrein einen Dreijahres-Vertrag rausgerückt hat inklusive einer Option auf ein weiteres Jahr. Und aufgrund der Ablösefreiheit könnte es noch ein großzügiges Handgeld gegeben haben, das ist alles andere als unüblich, Kylian Mbappe streicht bei seinem Wechsel zu Real Madrid über 100 Millionen ein, klar, bei Kevin Stöger wird’s eher nicht ganz soviel, aber trotzdem. Das nennt man wohl gute Argumente, denn das ist der klassische letzte große Vertrag für ihn. Und die Gladbacher lösen, zumindest vermeintlich, ihr Vakuum in der Schaltzentrale, eine klassische Win-win-Situation.

Und was wird jetzt aus uns? Ein weiterer, für uns machbarer, Zehner ist in der Bundesliga nicht vorhanden, also wird unser Blick wohl ins Ausland gehen müssen, allerdings munkelt man auch, dass wir uns für den jungen Mainzer Paul Nebel interessieren, der die letzten beiden Saisons in die Zweite Liga an den Karlsruher SC ausgeliehen war und dort ziemlich auftrumpfen konnte.

Möglich ist natürlich auch, dass Svensson letztlich ganz ohne diese Position spielen will, nur sind unsere Probleme im kreativen Bereich seit langem kaum zu übersehen, erst recht in jüngster Zeit, da ist es dann beinahe schiefgegangen. Und aus den eigenen Reihen ist das offensichtlich kaum zu lösen. Aber gut, die Transferperiode beginnt ja auch erst in knapp vier Wochen, dazu kommt die Europameisterschaft, das wird also noch eine ganze Weile dauern, bis das Transferkarussell anspringt.

Zudem warten auch bei uns einige Akteure auf ein passendes Angebot von außen, darauf müsste man unter Umständen auch wieder reagieren, zudem denke ich schon, dass man noch den einen oder anderen Euro einnehmen will oder gar muss. Zum Trainingsbeginn die Mannschaft schon weitestgehend zusammen? Illusorisch. Das könnte noch ein langer Sommer werden …

29. Mai: Blick zurück im Zorn

Union Berlin ist dem drohenden Abstieg in letzter Sekunde von der Schippe gesprungen und darf sich auf die sechste Bundesligasaison freuen.
Union Berlin ist dem drohenden Abstieg in letzter Sekunde von der Schippe gesprungen und darf sich auf die sechste Bundesligasaison freuen.  © Andreas Gora/dpa

Unionfux: Die vergangene Saison fühlt sich, beinahe durchgängig, so an, als mussten wir auf einen Schlag alles zurückzahlen, all das Gute in den Jahren davor, da war der beinahe unfassbare Höhenflug - und dann kommt, vollkommen unerwartet, die Rechnung - und die ist geradezu hässlich hoch. In der letzten Spielzeit stimmt sehr wenig, da passt kaum etwas zusammen - bewahrheitet sich hier das alte Sprichwort, dass man im Erfolg die größten Fehler macht? Und obendrein eine Menge davon allzu offensichtlich auf der Hand liegen? Ist man sehenden Auges in die Falle geraten?

Wie wird man sich irgendwann daran erinnern, wie lautet die Überschrift über die Beinahe-Katastrophe? Die "Saison ohne Sturm" oder auch "Als die Kabine gecrasht wurde", wie wär's mit "Das Verlernen des kleinen Einmaleins" oder auch "Normalform? Was ist das?" oder gar "Das ist die Spielzeit, vor der ich immer Angst hatte". Wenn man wissen will, wie das alles passieren konnte, sollte man, unter anderem nur mal nach dem "Unioner der Saison" fragen, da antworten alle wie aus der Pistole geschossen: Keeper Frederik Rönnow - ja klar, keine Widerrede. Aber bei Platz zwei sieht man schon in ratlose Gesichter.

Soll heißen: eine Menge Häuptlinge verpflichtet und im Grunde nur teure Indianer bekommen, das kostet doch tatsächlich der Legende Urs Fischer erst die Nerven und dann den Job, das bedeutet schwer zu ertragende und unendliche fünf sieglose Monate in insgesamt neun Monaten Spielzeit, die wirklich guten Spiele sind an einer Hand abzuzählen - jedoch, jetzt kommt das Beste: es endet erstaunlicherweise nicht in einem Abstieg - warum auch immer. Und somit ist es vielleicht nur ein mächtiger Schuss vor den selbstgefälligen Bug zur rechten Zeit, eine Warnung, den Pfad, der uns so stark gemacht hat, nicht so leichtfertig zu verlassen, eine Aufforderung, nicht so gründlich auf sich selbst hereinzufallen und im Rausch des Erfolges den klaren Blick zu verlieren.

Allein die allgemeine Häme, die man in weiten Teilen von Presse, Funk und Fernsehen immer lauter und deutlicher vernehmen konnte, nicht nur zwischen den Zeilen quoll es nur so raus: "Aha, nun hat es also endlich ein Ende mit dem unerklärlichen Wunder aus Köpenick, das alteingesessenen Bundesligisten einen Ligastartplatz stiehlt - gut so…", muss Ansporn genug sein, sollte den Trotzschalter umlegen, ganz so leicht darf der Platz an der Sonne nicht preisgegeben werden, noch muss es ein Gegengewicht zu all den Torjingles und Hakle Feucht-Arenen geben, auch wenn natürlich auch bei uns oft genug mit den Wölfen geheult wird - wer das eine will, muss auch das andere mögen, alles andere ist Illusion.

Der Restart hat schon mit der Verpflichtung von Heldt und Svensson begonnen, mal sehen, ob es allen Beteiligten gelingt, peu a peu die so wichtige Balance wiederherzustellen, die Geschlossenheit, die die entscheidenden Prozentpunkte herauskitzeln und den einen oder anderen Wettbewerbsnachteil wettmachen kann. Die Verlängerung von Urgestein Trimmel ist da schon mal ein wichtiger Schritt, der Junge ist zu einem bedeutenden Teil Herz und Hirn der Mannschaft, dem brauchst du nichts erzählen, der weiß schon das Wesentliche und das kann er weitergeben - und so jemanden kannst du dir nicht einfach so backen… Obendrauf haben ja Rönnow und Schäfer ebenfalls bereits verlängert - wichtige Signale. Doch eins ist klar: Unsere diesjährige Einkaufspolitik muss sitzen!

Nach zwei ziemlich schwachen Transferjahren muss an den richtigen Stellschrauben gedreht werden, im Grunde ist nur die Torhüterposition mit Rönnow und Schwolow unproblematisch, ansonsten bedürfen alle anderen Mannschaftsteile einer Verstärkung, natürlich abhängig davon, wer uns noch verlassen will oder verlassen muss und natürlich je nachdem, wie die Einnahmeseite aussieht, die im Moment so bei 13 Millionen liegen dürfte nach den Abgängen von Leweling (Stuttgart), Thorsby (Genua) und Jordan (Gladbach). Auch auf der Zugangsseite schwirren bereits ein paar Namen durch die Luft, aber momentan ist das noch uninteressant, zudem diskutiere ich nicht so gern über ungelegte Eier, es lohnt sich letztendlich doch nicht. Mal sehen, ob es Horst Heldt gelingt, die richtigen Spieler zu verpflichten und ob es Bo Svensson gelingt, daraus die alte Spielidee wiederherzustellen und trotzdem einen spielerischen Schritt nach vorn zu machen, damit wir uns in den Top Ten des Landes dauerhaft etablieren können.

Zum Schluss: Eine gute Zahl gibt es aus den zurückliegenden vierunddreißig so anstrengenden Spieltagen dennoch - wir sind mit Abstand die immer noch laufstärkste Mannschaft der Bundesliga. Darauf lässt sich doch (wieder) aufbauen, oder? Ach ja - was Platz zwei beim Unioner des Jahres angeht, ist meine Wahl klar: Janik Haberer. Ohne seinen erfolgreichen Elferabstauber, der alles andere als ein Zufall war, würden wir womöglich über ganz neue Ziele reden: Über Derbys und wie man wieder aufsteigt. Und darüberhinaus ist Haberer doch so etwas wie das Sinnbild der vergangenen neun Monate: insgesamt mit einer sehr übersichtlichen Leistung, aber trotzdem da, wenn's am Ende darauf ankommt. Immerhin, zum verdammten Glück.

26. Mai: Union-Revival der "alten Säcke" um den FC User 04 und wuhDoo 23

Union-Fans freuen sich über den Klassenerhalt.
Union-Fans freuen sich über den Klassenerhalt.  © Andreas Gora/dpa

Icke: In der Saison 2004/05 rutschten wir bis in die Regionalliga runter. Da wussten wir noch nicht, es kommt noch schlimmer und in der kommenden Saison landeten wir dann prompt in der Oberliga Berlin.

Zu der Zeit konnte man alle 4.631 Zuschauer (im Durchschnitt) mit Handschlag begrüßen. Jeder kannte jeden. Es gab Spiele, da kamen keine 2.000 Leute. Unvorstellbar und doch "erst" 20 Jahre her. Sportlich und vor allem wirtschaftlich hatte Union damals nichts zu lachen.

Und trotzdem waren die paar Männekens bei den Spielen meistens gut gelaunt. Und so entstand aus einer simplen Frage ("Was kostet Flutlicht?") im Unionforum ein richtig geiles Union-Event. Organisiert und durchgeführt von Fans für Fans. Irgendwann ging diese Sinn- und Endlos-Diskussion dieser wuhDoo-Anhänger den meisten Usern gehörig auf die Nerven.

"WuhDoo halts Maul" war nicht selten zu hören. Es gründete sich unter dem Namen FC User 04 eine Gegenbewegung, die nur ein Ziel hatte, den Verblendeten das Licht auszuknipsen. Die Frotzeleien im Internet schaukelten sich hoch und man beschloss die Sache auf dem Fußballplatz zu klären.

Monatelanges hartes Training (okay, ein bisschen übertrieben) und eine akkurate Organisation folgten. Bis sich dann am 24. September 2004 die Giganten gegenüberstanden. Unions Trainer Pico Voigt (er schaute von oben zu) zeigte sich verwundert, dass das Spiele der Spiele (so wurde es genannt) auf dem heiligen Rasen stattfand. Natürlich mit Flutlicht. Das RBB-Fernsehen war anwesend, Frau Puppendoktor Pille als ärztliche Betreuung und (gefühlt) so viele Zuschauer, wie bei den Heimspielen von Union.

Auf der einen Seite bei den Usern mit Manager Andre (Rolle), Spieler-Trainer Block M, Icke, Ratze, Marsch, der große Olli, Don J. nebst Tochter, Oskar (Kosche), Reichii, marian, Block M. jun, Icke jun., BeCe Bierfreund, Zimmi Wildau, Ajax, Sabina und Brillenkicker, Panzafahrer und Turtle, Ajax, jun, Tekmessa. Auch Ex-Manager Christian Beeck machte ein paar Spiele für die User, nicht aber bei diesem Spiel).

Auf der Seite der wuhDoos sah man El_Devino (Dirk Thieme), Spieler-Trainer TeeCee (der uns gestern Abend von oben zuwinkte), Satansbraten, boone, (den Spieler) Jörg (Hellwig), Torquay, kohlse, Skorpio, wumme (unser Stadion DJ), Anno und Anno jun., bunki (Kurier), Mikro, Mehl Gipson, rho, felice, Der Diak, Immer da, Otty, Satan jun., Rote Wölfin, Excelsia, Mo, Simpson, Clemec, Shiwago, Mirko Immerzu und natürlich Frau Puppendorktor Pille.

Einige – wie der schon erwähnte TeeCee – haben uns von ganz oben aus verfolgt. Auch die User-Sponsorin Sabina (Sohn Panzafahrer und Tochter Turtle waren da) und die "gute Seele" von Union – Tekmessa verfolgten uns auch von ihren Logen-Plätzen. Ebenso von ganz oben hat der User-Top-Torjäger Marsch zugeschaut. Welche schmerzhaften Abgänge …

Das Ergebnis damals – zweitrangig. Ok, die Zurechtweisung der Irrgeleiteten wurde knapp verfehlt. Aber im Ernst, es zeigte - und zeigt es noch heute - was den 1.FC Union wirklich ausmacht. Das sind nicht die prachtvollen (Stadion-) Bauten und die millionenschweren Spieler, nein es sind die Fans, die auch in furchtbaren Zeiten etwas auf die Beine stellen (was seines Gleichen sucht) und das "Besondere" ausmachen. Natürlich gehören auch das Weihnachtssingen und das Turnier der Wildauer Kickers dazu. Und viele weitere Events mit Engagement.

Der "Spieler Jörg" (Jörg Hellwig, ehemaliger TV-Mann beim DDR-Fernsehen und RBB) gab seine Rentner-Idylle kurzzeitig auf und hatte mit der Organisation dieses Revival-Events für rund 50 Gäste reichlich Arbeit. Ein Dankeschön an dieser Stelle nach Berlin-Mahlsdorf.

Einer der Höhepunkte des Abends folgte dann – mit dem erneuten gemeinsamen Anschauen des Spiels. Und so manche Erklärung nach 20 Jahren kam erst an diesem Abend … ein kräftiges "Eisern" auf die Fan-Kultur!

23. Mai: Zwei Paukenschläge: Heldt und Svensson sind eine Ansage!

Heldt und Svensson versprechen wieder eine gewisse Kontinuität für den 1. FC Union Berlin.
Heldt und Svensson versprechen wieder eine gewisse Kontinuität für den 1. FC Union Berlin.  © Andreas Gora/dpa

Unionfux: Kaum fünf Tage sind seit Ende des glücklichen Endes der unglücklichen Saison vergangen, da sind schon zwei entscheidende Nägel mit Köpfen gemacht und beide sind, weiß Gott, keine Unbekannten in der Bundesliga: Horst Heldt ist der neue Geschäftsführer Sport, wobei Oliver Ruhnert im Verein bleibt, jedoch etwas tiefer in der Hierarchie und der Verantwortung - als Chefscout.

Der neue Trainer ist angeblich die Wunschlösung und zum dritten Mal angefragt: Bo Svensson wollte jedoch weder auf Urs Fischer folgen noch auf Nenad Bjelica, doch jetzt scheint der richtige Zeitpunkt gekommen. Also auf der einen Seite der erfahrene, eloquente Macher mit dem großen Netzwerk und auf der anderen Seite der intelligente, sympathische und moderne Fussballlehrer.

Ob’s funktioniert, weiß zum gegenwärtigen Zeitpunkt natürlich niemand, aber die Wahrscheinlichkeit, dass es funktioniert, ist doch, meines Erachtens, recht hoch.

Dass beide bereits woanders gescheitert sind, ist eigentlich systemimmanent - es gehört zum Geschäft Profifussball beinahe zwingend dazu und ist also kein Indiz, andererseits haben sie auch schon hinlänglich bewiesen, dass sie’s können - zwei solche Namen, zumal zu diesem frühen Zeitpunkt, machen allerorten Eindruck und sind fraglos eine Ansage, sowohl nach innen als auch nach außen.

Klar ist damit auch, dass Präsident Dirk Zingler schon vor dem Herzschlagfinale und der weitgehend glücklichen Rettung fest entschlossen war, seine Lehren aus der gewaltig verkorksten Saison zu ziehen - kurz nach Saisonende und geschlagene sechs Wochen vor Trainingsbeginn stehen die beiden wichtigsten Personalien bereits fest und in den folgenden Wochen dürfte es im Kader gewaltig rund gehen: bis auf Ausnahmen soll die Mannschaft am 1. Juli stehen, genug Zeit zum Finden und zur Einarbeitung vorhanden sein.

Die Fehler der letzten Saison, vielzuviele, die so ein „kleinerer“ Verein wie der 1. FC Union an und für sich kaum kompensieren kann, sollen und dürfen keinesfalls wiederholt werden, zu wichtig und wertvoll ist die Bundesligazugehörigkeit und eine Rückkehr nach einem Abstieg alles andere als selbstverständlich.

Heldt und Svensson versprechen wieder eine gewisse Kontinuität, doch während sich, glaube ich, alle auf unseren neuen Trainer einigen können (ich mag am liebsten den Fakt, dass er vor seiner Trainerlaufbahn angefangen hatte, Literatur zu studieren…), so schlägt unserem Manager doch aus weiten Teilen der Fans große Skepsis entgegen, aber ich finde, erst im Herbst werden wir erste wirkliche Urteile fällen können, mindestens bis dahin sollte der neue starke Mann einen Bonus und unser Vertrauen haben.

Und wir wollen mal nicht so tun, als ob der Markt nur so überquillt vor fähigen Leuten. Jaja, logisch, dass einige lieber den ewigen Michael Parensen als Manager gesehen hätten. Und vielleicht auch Marco Grote als Trainer, aber ein gewisser Stallgeruch ist nun mal nicht alles und noch lange keine Befähigung, man muss schon aufpassen, dass man da nicht über ein Übermaß an Fussballromantik stolpert (gleichwohl würde ich es begrüßen, wenn sowohl Sebastian Bönig als auch Marie-Louise Eta einen Platz im zukünftigen Trainerstab finden würden).

Ich schaue jedenfalls, wenige Tage nach unserer beinahe wundersamen Rettung, mit ziemlicher Zuversicht in die neue Spielzeit und freue mich darauf, was diese beiden Neuzugänge bei uns bewirken werden. Ein deutliches Zeichen ist erstmal gesetzt, schnell, ohne Umschweife und das hat es doch in sich.

Also: viel Erfolg, Spaß und Leidenschaft, ein eisernes Willkommen an Horst Heldt und Bo Svensson!!

19. Mai: Am falschen Tag geboren oder hat Queen Elisabeth II. geholfen?

Unions Benedict Hollerbach (23, l.) und Andras Schäfer (25) jubeln nach dem Sieg gegen Freiburg.
Unions Benedict Hollerbach (23, l.) und Andras Schäfer (25) jubeln nach dem Sieg gegen Freiburg.  © Andreas Gora/dpa

Icke: Wat denn nu'? Da hat Union das wichtigste Spiel seit Jahren vor der Brust, es geht um den Bundesligaverbleib (und um sehr sehr viel Geld).

Aber auch um Emotionen hunderttausender Menschen und natürlich meine eigene Aufgeregtheit. Und meine Cousine lädt zur Geburtstagsparty ein.

Das nennt man Zwickmühle. Kurzerhand konnte ich Einigkeit über den "neuen" Sinn der Party erzielen. Es wurde eine Fußball-Guck-Geburtstagsparty.

Gesagt, getan, eine Extraportion Herzmedikamente (Spaß, haben aber sicherlich einige gebraucht) eingepackt und los ging es. Gott sei Dank war ich nicht der Einzige mit Union-Macke dort. Mein Onkel Jürgen Lüdtke, der mehr als 20 Jahre selber kickte und gefühlte 40 Jahre im KWO arbeitete, war auch da. Und er ist ein Glücksbringer.

Konnte er doch der englischen Königin, bei ihrem Besuch im KWO das Händchen schütteln (davon gibts noch Fotos im Internet). Gute Grundvoraussetzungen. Ein paar Union-Sympathisanten fanden sich dann noch dazu. Sky angemacht und der Thriller begann. Meine Umgebung wunderte sich hin und wieder, wenn der Tisch wackelte.

Das waren die Momente, wo Union zwei Elfer verschoss, Freiburg uns eins einschenkte, wir ganz gute Chancen hatten, ein wirklicher Thriller eben.

Und dann kommt die 92. Minute. Das vergisst keiner, im Leben nicht. Wir verschießen ernsthaft den zweiten Elfmeter im Spiel. Mein Kopf wandte sich schon vom Bildschirm weg. Und plötzlich jubeln alle wie verrückt. Nee, oder?

Da macht der Haberer den Nachschuss rein. Völlig verrückt und eine Achterbahn der Gefühle. Und der unsichere Schiedsrichter Dingert hört und hört nicht auf. Er lässt noch weitere sechs Minuten spielen. Das ist Folter.

Gott sei Dank wissen Laidouni und Volland wie man ein Spiel verzögert. Das sie sich dafür noch Gelb abholen … Geschenkt! Im Nachhinein wahrscheinlich der Geburtstag, den man nie vergisst. Meine Laune, die zwischenzeitlich schon einmal am Boden war, hellte sich auf. Um es mit Urs auszudrücken, schlussendlich war es glücklich, aber verdient.

Ähnlich sahen es auch meine Fußball-Freunde Christian Beeck (Ex-Manager) und unser ehemaliger Stadionsprecher Andre Rolle.

Beecke sagte nach dem Spiel: "Klassenerhalt geschafft, Gott sei Dank, wir spielen auch nächstes Jahr Bundesliga. Der gestrige Tag hat wieder gezeigt, was Union ist. Bis zum Schluss niemals den Glauben verlieren und Eisern bleiben. Ein möglicher Abstieg hätte unseren Weg nicht geändert, ihn nur verlangsamt. Es war ein sehr turbulentes Jahr, in dem wir sportlich nicht konstant unsere Leistung abgerufen haben. Ich wünsche mir sehr, dass wir in der kommenden Saison ein sehr kompetentes Trainer-Team haben und einen äußerst harmonischen Kader".

Und Rolle: "Die Anspannung war enorm, die Verunsicherung groß, wir haben das alle gemerkt. Wir waren sehr engagiert, auch bissig und Freiburg war erstaunlich passiv. Beide Elfmeter waren in Ordnung. Das 0:0 zur Pause ging in Ordnung. Rönnow musste diesmal keine großen Paraden zeigen.

In der zweiten Halbzeit konnten wir endlich mal mehrere gute Spielzüge zeigen. Hollerbachs Tor – nach Vorbereitung unseres besten Spielers Aaronson – war dann wunderschön. Das Freiburger Tor wurde nach einem klaren Foul an Laidouni erzielt. Direkt im Gegenzug nach einem möglichen 2:0 für uns. Aber dann gab es doch noch einmal den großen Ruck in der Mannschaft, das war der Unterschied zum Köln-Spiel. Wir sind bis zur letzten Minute 'marschiert'.

Wir haben glücklich, aber verdient gewonnen. Schön war unsere herzliche Verabschiedung für Streich. Das hat sich der Bursche verdient. In diesem Sinne, frohe Pfingsten allen und Eisern Union!"

Titelfoto: Matthias Schrader/AP

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