Fan-Frust nach Netz-Abgang: Warum verliert Hertha seine Top-Talente?

Berlin - Unterschrieben ist zwar noch nichts, doch es deutet alles darauf hin, dass Luca Netz (18) Hertha BSC verlässt. Sein neues Ziel: Borussia Mönchengladbach. Damit verliert die Alte Dame überraschend ihr Top-Talent. Wieder einmal sollte man meinen.

Ein Tor für die Geschichtsbücher. Luca Netz (18) löste mit seinem Treffer gegen den VfB Stuttgart Kevin-Prince Boateng (34) als Herthas jüngsten Torschützen ab.
Ein Tor für die Geschichtsbücher. Luca Netz (18) löste mit seinem Treffer gegen den VfB Stuttgart Kevin-Prince Boateng (34) als Herthas jüngsten Torschützen ab.  © Tom Weller/dpa

Schon in der Vergangenheit musste der Hauptstadt-Klub seine begehrten Youngsters ziehen lassen - zuletzt Lazar Samardzic (19).

Der Offensivspieler feierte unter Bruno Labbadia (55) sein Bundesliga-Debüt, sah aber bei RB Leipzig bessere Perspektiven, streikte sich schließlich zu den Sachsen, um nun womöglich verliehen zu werden.

Ein ähnliches Schicksal befürchten auch die Hertha-Fans für Netz. Sie sehen den 18-Jährigen mindestens auf Augenhöhe mit Maximilian Mittelstädt (24) und Marvin Plattenhardt (29). Ramy Bensebaini (26) fehlt den Fohlen zwar aktuell verletzt, ist aber auf der linken Seite gesetzt.

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Nur rein sportliche Gründe scheint der Wechsel aber ohnehin nicht gehabt zu haben. "Wir haben alles versucht, ihm einen neuen Vertrag zu geben, wie er sich für einen jungen Burschen in dem Alter gehört", erklärte Fredi Bobic (49) den Medien am Rande des Trainingslagers. Es gebe aber Grenzen.

Im Klartext heißt das: Bei den Fohlen verdient Netz mehr Geld. "Sicherlich sind die Gründe nicht, dass er mehr Spielzeit bekommt. Spielzeit würde er auch bei uns bekommen, sogar sehr viel davon."

Fredi Bobic bestätigt anbahnenden Wechsel zu Borussia Mönchengladbach

Herthas Luca Netz (l.) im Zweikampf mit Leipzig Nordi Mukiele. Der Linksverteidiger wird seinen Ausbildungsverein verlassen.
Herthas Luca Netz (l.) im Zweikampf mit Leipzig Nordi Mukiele. Der Linksverteidiger wird seinen Ausbildungsverein verlassen.  © Soeren Stache/dpa POOL/dpa

Nach Jhon Cordoba (28) ist Netz schon der nächste Abgang, mit dem wohl kaum einer gerechnet hatte. Einer, der den Hertha-Fans besonders weh tut.

In der vergangenen Saison feierte er sein Bundesliga-Debüt - als zweitjüngster Debütant der Vereinsgeschichte. Beim VfB Stuttgart erzielte das Eigengewächs sein erstes Bundesligator und löste damit Rückkehrer Kevin-Prince Boateng (34) als jüngsten Torschützen ab.

Schon seit der Jugend wird dem dynamischen, offensivstarken und robusten Linksverteidiger eine große Zukunft vorausgesagt. Die sieht er aber offenbar nicht in Berlin. Nach gerade mal elf Bundesligaspielen und aus einer langen Verletzungspause kommend, verlässt der Youngster die Blau-Weißen.

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Das kommt auch deshalb überraschend, weil Hertha die Strategie geändert hat. Weg vom "Big City Club", hin zu einem Team voller Hertha-DNA, mit dem sich die Fans identifizieren können.

Zudem steht mit Pal Dardai (45) ein Trainer an der Seitenlinie, der bereits bewiesen hat auf Talente zu setzen. Der Frust bei den Hertha-Fans ist entsprechend groß!

Wechsel von Luca Netz ist für Hertha BSC ein großer Verlust

Lazar Samardzic (19/l.) wechselte vergangenes Jahr von Hertha BSC zu RB Leipzig, ist dort aber nur Reservist.
Lazar Samardzic (19/l.) wechselte vergangenes Jahr von Hertha BSC zu RB Leipzig, ist dort aber nur Reservist.  © Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa

Ob aber nun aus finanziellen Aspekten oder wegen der besseren Perspektive wird letztendlich nur Netz selber wissen. Der Hauptstadt-Klub hat offenbar alles versucht, den gebürtigen Berliner in Charlottenburg zu halten. Sollte sich ein Spieler dann aber entscheiden den Klub zu verlassen, sind dem Verein letztendlich die Hände gebunden.

Klar, dass bei den Anhängern schmerzhafte Erinnerungen wach wurden. Schon wieder verliert Hertha ihr wohl größtes Talent. Sowohl Jérôme Boateng (32), Hany Mukhtar (26), als auch Samardzic und nun Netz verließen ihren Ausbildungsverein nach nur wenigen Partien im Oberhaus.

Damit Herthas oft und zu Recht gelobte Akademie nicht noch mehr hoffnungsvolle Nachwuchsspieler ziehen lassen muss, sollte vermutlich noch mehr der Fokus auf Identifikation liegen. Es scheint jedoch, als sehen - auch die jungen Spieler - in Zeiten des modernen Fußballs die Vereine als normalen Arbeitgeber.

Der Abgang ist für Hertha BSC ein großer Verlust, zeigt aber auch: Fredi Bobic (49) treibt den Umbau des Kaders weiter voran. Die Alte Dame setzt auf Mentalität und Spieler, die sich mit Hertha identifizieren. Wer da nicht mitzieht, kann den Klub verlassen.

Titelfoto: Tom Weller/dpa, Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa

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