Ex-Dynamo Frank Lippmann wird 60! "Flucht war rückblickend ein Fehler"

Dresden - Eigentlich hätte Uerdingen in dieser Woche wieder im Fokus gestanden, doch die Partie wurde durch die Quarantäne von Dynamo Dresden abgesagt.

Frank Lippmann (60, r.) setzte sich 1986 in den Westen ab und spielte fortan für den 1. FC Nürnberg.
Frank Lippmann (60, r.) setzte sich 1986 in den Westen ab und spielte fortan für den 1. FC Nürnberg.  © dpa/Claus Felix

Die Revanche für das 3:7 im März 1986 muss warten. Was nicht warten kann, ist der 60. Geburtstag von Frank Lippmann am morgigen Freitag.

Das 3:7 im Europapokal-Rückspiel 1986 bei Bayer Uerdingen war die letzte Partie des Jubilars für den Ostklub. Noch am Abend setzte sich der Stürmer über die Hotelgarage in den Westen ab und heuerte nur wenig später beim 1. FC Nürnberg an.

"Eine Planung gab es aber nicht. Es war eine 50:50-Entscheidung", sagt er rückblickend. "Aber ich war 24, habe mich bei Dynamo gut weiterentwickelt und mir einen gewissen Namen gemacht, auch international. Dann war das der Zeitpunkt, an dem ich mir dachte: Wenn du es jetzt nicht machst, dann wohl nie."

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Mit dem damaligen Trainergespann Klaus Sammer (78) und Dieter Riedel (73), das nach der Partie entlassen wurde, verbindet den Jubilar seit längerem eine Freundschaft. "Der ist doch gar nicht geflüchtet. Er hat doch nur die Abfahrtszeit unseres Busses zum Flughafen verpasst", scherzt Riedel. "Ich habe ihm das nie übelgenommen und damals schon zu Klaus Sammer gesagt, wenn wir nach Hause kommen, schmeißen sie uns eh raus. Wir könnten auch gleich hier bleiben."

Dennoch bereut Lippmann inzwischen seine Entscheidung. "Mit der Erfahrung, die ich jetzt habe, würde ich es als Fehler bezeichnen", gibt er zu.

Frank Lippmann sah seine Frau und seine Tochter nach seiner Flucht mehr als drei Jahre nicht mehr

Frank Lippmann (60) bezeichnet seine Flucht aus heutiger Sicht als "Fehler".
Frank Lippmann (60) bezeichnet seine Flucht aus heutiger Sicht als "Fehler".  © dpa/Robert Michael/dpa-Zentralbild

Grund dafür ist seine damalige Lebensgefährtin und heutige Frau Annett sowie die damals nur wenige Monate alte Tochter. Beide sah er rund drei Jahre und fünf Monate nicht mehr.

"Damals war ich etwas naiv. Ich hatte mir eingebildet, meine Familie schnell auch in den Westen zu bekommen. Das war ein Trugschluss. Ich hatte mir das einfacher vorgestellt. Wahrscheinlich war es eine Rache des DDR-Regimes, weil ich das Land verlassen hatte."

Aus seiner knapp 1200 Seiten langen Stasi-Akte geht zudem hervor, dass der "fahnenflüchtige" Volkspolizist gewaltsam in die DDR zurückgeführt werden sollte. Eine Person hatte sich dafür angeboten, galt der Staatssicherheit letztlich aber als zu "halbseiden".

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Name und Adresse sind Lippmann bekannt. "Ich bin aber kein nachtragender Mensch und nie auf die Idee gekommen, die Person aufzusuchen. Wenn man sich zu lange mit sowas beschäftigt, tut das der Seele nicht gut."

Erst 1989 konnte sich die kleine Familie wieder in die Arme schließen. Über Ungarn gelangten Freundin und Tochter nach Österreich, wo der Fußball-Profi inzwischen unter Vertrag stand. Nur ein Jahr später heiratete er seine Annett im schweizerischen Örtchen Baar in der Nähe der Stadt Zug - Lippmanns fünfte Profi-Station nach seiner spektakulären Flucht.

Titelfoto: dpa/Robert Michael/dpa-Zentralbild

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