Wirbel vor Leichtathletik-WM: Gentests machen deutsche Olympiasiegerin wütend

Tokio (Japan) - Ende Juli gab der Leichtathletik-Weltverband offiziell bekannt, dass Frauen in Zukunft ihr Geschlecht durch einen Gentest unter Beweis stellen müssen, um an offiziellen Wettbewerben teilnehmen zu dürfen. Bei der WM in Tokio (13. bis 21. September) findet die Regel erstmals Anwendung und stößt auf große Kritik einer deutschen Olympiasiegerin.

Malaika Mihambo (31) kritisiert die Gentests, die in ihrer Sportart ab September erforderlich sind, scharf.  © Michal Dubiel/LiveMedia-IPA/ZUMA Press Wire/dpa

Wie der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) am Mittwoch bekannt gab, musste er seine Athletinnen jetzt zum Gentest auffordern, damit sie an den Titelkämpfen teilnehmen können - sehr zum Unmut von Weitsprung-Star Malaika Mihambo (31).

"Ich sehe diese Maßnahme sehr kritisch. In kürzester Zeit alle Athletinnen weltweit zu Gentests verpflichten zu wollen, ist juristisch fragwürdig, ethisch heikel und wissenschaftlich verkürzt", erklärte die zweifache Weltmeisterin beim Sport-Informations-Dienst (SID).

Dabei störe sie nicht nur, dass "Geschlecht kein simples Entweder-oder" sei, sondern vor allem die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme.

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"Für ein sehr kleines Problem werden enorme Ressourcen aufgewendet, während die wirklich drängenden Themen - Doping, Missbrauch, Gewalt im Sport - weiter bestehen", betonte die gebürtige Heidelbergerin. Für sie ist klar: "Wenn wir von Integrität sprechen, dann müssen wir genau dort mindestens genauso entschlossen handeln."

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Leichtathletik: Deutsche Athletinnen stehen unter Zeitdruck, ihr Geschlecht nachzuweisen

Kugelstoß-Olympiasiegerin Yemisi Ogunleye (26) und andere deutsche Sportlerinnen, die bei der WM an den Start gehen wollen, haben nur noch wenige Wochen für den Nachweis ihres Geschlechts.  © Sven Hoppe/dpa

Auch die Kurzfristigkeit, mit der die Entscheidung von World Athletics nun durchgedrückt wird, stellt für Mihambo ein großes Problem dar.

"Faire Wettbewerbsbedingungen bestehen aus vielen Faktoren - medizinischen, psychologischen, strukturellen. Wer hier unter Zeitdruck handelt, riskiert, die eigentlichen Gefahren für die Integrität des Sports zu vernachlässigen", kritisierte die achtmalige Deutsche Meisterin.

Den Zeitdruck spürt auch der DLV, schließlich ist es kein Monat mehr bis zum Beginn der WM in Tokio.

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"Die Einführung mit so kurzfristigem Vorlauf stellt die Athletinnen, aber auch den Verband vor große Herausforderungen – moralisch, ethisch und logistisch. Im Austausch mit World Athletics haben wir dies mehrfach deutlich gemacht", sagte DLV-Verbandsarzt Karsten Hollander. Man setze alles daran, um den Athletinnen den Start bei den Weltmeisterschaften zu ermöglichen.

Dennoch könnte es in einigen Fällen zumindest eng werden: Die Analyse der Tests, die entweder per Wangenabstrich oder Blutabnahme durchgeführt werden und bei der Y-Chromosomen entdeckt werden sollen, dauert rund zwei Wochen.

Offiziell müssen Sportlerinnen den Test-Nachweis bereits ab dem 1. September erbringen, in der Praxis angewandt wird das Verfahren dann erstmals bei der WM.

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