Mutter lässt Kind zwei Jahre allein in einer Wohnung ohne Strom und Heizung

Nersac (Frankreich) - In Frankreich wurde eine Mutter wegen Vernachlässigung ihres Kindes verurteilt. Der neunjährige Junge hatte zwei Jahre lang alleine in einer Wohnung in Nersac, rund 110 Kilometer nördlich von Bordeaux, gelebt. Nachbarn, auf deren Hilfe er stets zählen konnte, alarmierten schließlich die Polizei.

In Frankreich war ein kleiner Junge zwei Jahre auf sich alleine gestellt. Nachbarn fiel zunächst nicht auf, dass er ohne Eltern in der Wohnung lebte. (Symbolbild)
In Frankreich war ein kleiner Junge zwei Jahre auf sich alleine gestellt. Nachbarn fiel zunächst nicht auf, dass er ohne Eltern in der Wohnung lebte. (Symbolbild)  © 123rf.com/skripnikolga36

Die Staatsanwältin schilderte am Dienstag vor dem Gericht in Angoulême den traurigen wie erschreckenden Fall des kleinen Jungen, der zwischen 2020 und 2022 alleine in einer Wohnung lebte und hauptsächlich Kuchen und kalte Fertiggerichte aus Dosen gegessen hatte.

Manchmal habe der Schüler auch Tomaten von einem Balkon in der Nachbarschaft gestohlen, wenn er nichts mehr zu essen hatte. Oder er bekam etwas von den Menschen, die nebenan lebten.

Weil der Strom und die Heizung die meiste Zeit nicht funktionierten, sei er zudem gezwungen gewesen, mit drei Bettdecken zu schlafen, um nicht zu frieren, berichtet die französische Tageszeitung Charente Libre.

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Bis die Nachbarn schließlich fassungslos feststellten, dass das Kind ohne Eltern in der Wohnung lebte und die Polizei informierten. In der Wohnung entdeckten die Beamten einen leeren Kühlschrank und auch sonst sei alles sehr karg eingerichtet gewesen.

In seinem Zimmer hatte sich der Kleine einen schützenden Kokon geschaffen. Seine Mutter kam von Zeit zu Zeit zu ihm, brachte etwas zu essen und ließ ihn danach wieder alleine.

Denn sie selbst lebte bei ihrem Partner in einem Haus in Sireuil, rund fünf Kilometer von ihrem Sohn entfernt. In dem Ort habe nie jemand das Kind gesehen.

Die Lehrer merken nichts, weil der Junge ein guter Schüler ist

Wie sich im Laufe der Ermittlungen herausstellte, hatte dieses Kind auch keine Möglichkeit, sich mit heißem Wasser zu waschen. Die Mutter brachte ihren Sohn auch nie zur Schule.

Doch er ist ein guter Schüler! Deshalb bemerkten die Lehrer nichts von seinem familiären Leid. Einer seiner Lehrer beschrieb den Sechstklässler als "sehr reif, sehr belastbar". Er sei auch fast zu selbständig für sein Alter.

Inzwischen sei der Junge in einer Pflegefamilie untergebracht und wolle seine Mutter nicht mehr sehen.

Das Gericht verurteilte die Frau zu 18 Monaten Gefängnis, von denen zwölf zur Bewährung ausgesetzt wurden.

Titelfoto: 123rf.com/skripnikolga36

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