17-Jähriger nach Corona-Impfung gelähmt? Krankenhaus-Story sorgt im Netz für Aufruhr

Minden - Seit Beginn der Impfkampagne gegen Covid-19 werden regelmäßig diverse Falschmeldungen über Nebenwirkungen von Impfstoffen verbreitet, um diese in Verruf zu bringen.

Im Netz macht die Geschichte eines 17-Jährigen die Runde, der angeblich nach einer Covid-19-Impfung gelähmt sei. (Symbolbild)
Im Netz macht die Geschichte eines 17-Jährigen die Runde, der angeblich nach einer Covid-19-Impfung gelähmt sei. (Symbolbild)  © sudok1/123RF

Auf seinem Telegram-Kanal "AktivistMann" behauptet ein Nutzer, der sich selbst als Blogger und Journalisten bezeichnet, ein 17-Jähriger aus der ostwestfälischen Stadt Lübbecke habe nach einer Corona-Impfung eine Lähmung erlitten.

Der Jugendliche soll sich im Mindener Johannes Wesling Klinikum befinden, so der Nutzer. Auch auf Facebook verbreitet sich die Behauptung. Doch was was ist wirklich dran?

Kurz und knapp: Die Informationen aus dem Beitrag sind erfunden. Der Sprecher der Mühlenkreiskliniken, Christian Busse, schließt nach intensiver Nachforschung aus, dass es einen 17-jährigen Jungen nach einer Corona-Impfung mit Lähmungserscheinungen im Krankenhaus in Minden gegeben habe.

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Die Pandemiekrisenstabsleitung des Kreis Minden-Lübbecke, die für die Städte Lübbecke und Minden verantwortlich ist, hat ebenfalls keine Kenntnis eines solchen Falls, wie die Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit der Stadt der dpa auf Anfrage mitteilte.

Busse teilte weiterhin mit, seit Beginn der Pandemie seien 1816 Covid-Patientinnen und Patienten in den Mühlenkreiskliniken und am Universitätsklinikum Minden behandelt worden, davon 252 auf der Intensivstation. 175 Covid-Patienten seien verstorben. "Alle Patienten auf der Intensivstation waren ungeimpft", stellte der Sprecher klar.

Die Impfstoffe gegen das Coronavirus sind gut wirksam und ihr Nutzen überwiegt bei weitem mögliche Risiken. Dennoch können Nebenwirkungen und in seltenen Fällen Impfkomplikationen auftreten.

Bekannter Querdenker steckt hinter Telegram-Kanal

Seit Beginn der Impfkampagne gegen Covid-19 werden regelmäßig diverse Falschmeldungen über Nebenwirkungen von Impfstoffen verbreitet. (Symbolbild)
Seit Beginn der Impfkampagne gegen Covid-19 werden regelmäßig diverse Falschmeldungen über Nebenwirkungen von Impfstoffen verbreitet. (Symbolbild)  © instaphotos/123RF

Im Aufklärungsmerkblatt der mRNA-Impfstoffe sowie im Aufklärungsmerkblatt der Vektorimpfstoffe werden nicht nur die häufig auftretenden Impfreaktionen beschrieben, sondern auch selten und sehr selten beobachtete Impfkomplikationen, für die ein ursächlicher Zusammenhang mit der Impfung für möglich gehalten beziehungsweise untersucht wird.

Lähmungserscheinungen in Folge einer Impfung werden in den Merkblättern wie folgt aufgeführt: Bei der Gabe von mRNA-Impfstoffen tritt in seltenen Fällen (zwischen 0,1 Prozent und 0,01 Prozent) eine akute Gesichtslähmung auf, die sich in allen Fällen nach einigen Wochen zurückbildet.

Bei den Vektor-Impfstoffen tritt in sehr seltenen Fällen (weniger als 0,01 Prozent) das Guillain-Barré-Syndrom auf, zum Teil mit tödlichem Ausgang.

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Das neurologische Krankheitsbild ist gekennzeichnet von Schwäche oder Lähmungen in den Beinen und Armen, die sich auf die Brust und das Gesicht ausdehnen können und die eine intensivmedizinische Behandlung erforderlich machen können.

Hinter dem Telegram-Nutzer "AktivistMann" verbirgt sich Matthäus Westfal, der in der bundesweiten Querdenker-Szene vernetzt ist und bereits mit Desinformationsbeiträgen und der Störung von Impfaktionen an Schulen wie in Rahden im September aufgefallen ist.

Bei einem Auftritt des damaligen CDU-Kanzlerkandidaten hielt er Armin Laschet (60) ein Mikrofon vor die Nase und fragte ihn mehrmals, ob es Konzentrationslager für Ungeimpfte geben werde. Mit der Frage zieht er einen Vergleich zwischen Ungeimpften und dem Leid der Holocaustopfer und bringt eine antisemitische Haltung zum Ausdruck.

Westfal war nach Medienangaben auch unter den Demonstranten, die im August 2020 versucht hatten, sich unerlaubt Zutritt in den Reichstag zu verschaffen. Mittlerweile ist sein YouTube-Kanal auf der Videoplattform nicht mehr verfügbar.

Titelfoto: sudok1/123RF

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