3500 Kilometer in drei Tagen: Zwei Sachsen auf beherzter Rettungsmission durch Osteuropa

Leipzig - Seit fast sechs Wochen herrscht mitten in Europa Krieg, unzählige Menschen fliehen aus Angst aus der Ukraine in ihnen fremde Länder. Viele Privatpersonen organisieren innerhalb kürzester Zeit Hilfsaktionen, um die traumatisierten Menschen zu unterstützen – zu ihnen gehören auch Johannes Seeger (66) und Thomas Dalchau (49) aus Leipzig.

Johannes Seeger (66, l.) und Thomas Dalchau (49, 2.v.l.) fuhren im März mit sieben weiteren Helfern auf eigene Faust zur ukrainisch-rumänischen Grenze.
Johannes Seeger (66, l.) und Thomas Dalchau (49, 2.v.l.) fuhren im März mit sieben weiteren Helfern auf eigene Faust zur ukrainisch-rumänischen Grenze.  © Thomas Dalchau/privat

So machten sie sich nicht nur mit Hilfsgütern auf den Weg an die ukrainisch-rumänische Grenze, um diese abzuliefern. Sie nahmen auch aus der Ukraine geflüchtete Menschen mit nach Deutschland und sorgten für so manche Familienzusammenführung.

Prof. Dr. Johannes Seeger ist Professor für Histologie und Embryologie und aktuell noch Studiendekan an der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig. Thomas Dalchau ist Vermögensberater beim Finanzdienstleister Plansecur, der die Aktion auch als Sponsor unterstützt hat.

Ihre Reise durch Osteuropa startete bereits am 11. März: In fünf zum Teil gemieteten Autos transportierten sie 25 Kubikmeter Lebensmittel und Waren des täglichen Bedarfs von Leipzig über Tschechien, die Slowakei und Ungarn nach Rumänien.

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Bereits im Vorfeld hatten sie Kontakt mit einem Priester aus der rumänischen Gemeinde Halmeu in der Grenzgegend zur Ukraine aufgenommen – er verteilte die Hilfsgüter dorthin, wo sie gebraucht wurden. "Da weiß man zu 100 Prozent, dass die Sachen auch ankommen", so Johannes Seeger gegenüber TAG24.

Der feste Plan, auch Menschen mit nach Deutschland zu nehmen, drohte kurz ins Wanken zu geraten – die meisten der Geflüchteten waren bereits weitergezogen.

Alle Autos waren voll beladen: Insgesamt transportierten sie 25 Kubikmeter Hilfsgüter nach Rumänien.
Alle Autos waren voll beladen: Insgesamt transportierten sie 25 Kubikmeter Hilfsgüter nach Rumänien.  © Thomas Dalchau/privat
Dort nahm der Priester Mariusz die Waren entgegen und verteilte sie an die Flüchtlinge in der Umgebung.
Dort nahm der Priester Mariusz die Waren entgegen und verteilte sie an die Flüchtlinge in der Umgebung.  © Thomas Dalchau/privat

Helfer aus Leipzig retten 19 Flüchtlinge und bringen sie zu ihren Familien

Johannes Seeger, Thomas Dalchau sowie dessen Großcousin Andy Beyer (M.) fuhren danach nicht etwa mit leeren Autos zurück, sondern nahmen Flüchtlinge mit nach Deutschland.
Johannes Seeger, Thomas Dalchau sowie dessen Großcousin Andy Beyer (M.) fuhren danach nicht etwa mit leeren Autos zurück, sondern nahmen Flüchtlinge mit nach Deutschland.  © Thomas Dalchau/privat

Kurzerhand disponierten sie um und fuhren ins ungarisch-ukrainische Grenzgebiet. Überhaupt habe man in einigen Situationen spontan entscheiden müssen, wie es nun weiterging. "Uns war einfach ganz wichtig, auch Flüchtlinge aus der Grenzregion mitzunehmen und das ist uns dann auch gelungen", erzählt Seeger weiter.

Es ging außerdem nicht nur darum, die Flüchtlinge von A nach B zu bringen, sondern es war ihnen wichtig, sich auch um sie zu kümmern. "Diese waren Wochen unterwegs und stark traumatisiert."

Letztlich konnten 19 Menschen und ein Hund in Sicherheit gebracht werden – darunter auch die junge Mutter Irina mit ihrem gerade vier Wochen alten Baby. Ein Kind, das wenige Tage vor Kriegsbeginn zur Welt kam und nun schon so viel Leid erfahren musste.

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Mit ihnen gemeinsam machten sie sich auf den Rückweg über Österreich und München – dorthin konnte Irinas Mutter wenige Tage zuvor flüchten. "Sie hat es drei Tage vorher mit einem anderen Transport rausgeschafft", erzählt Johannes Seeger. Die Familie war wieder vereint.

Auch alle anderen Geretteten konnten somit wohlauf an Freunde und Verwandte in Deutschland übergeben werden. Nach knapp 3500 Kilometern Fahrt kam der Rettungstrupp am 14. März wieder in Leipzig an. Eine beachtliche Leistung!

Happy End für die junge Mama Irina (2.v.r.) und ihr Baby: Die Helfer konnten sie mit ihrer Mutter, die wenige Tage zuvor ebenfalls geflüchtet war, in München vereinen.
Happy End für die junge Mama Irina (2.v.r.) und ihr Baby: Die Helfer konnten sie mit ihrer Mutter, die wenige Tage zuvor ebenfalls geflüchtet war, in München vereinen.  © Thomas Dalchau/privat
Auch ein kleiner Hund konnte zusammen mit seinem Frauchen gerettet und nach Deutschland gebracht werden.
Auch ein kleiner Hund konnte zusammen mit seinem Frauchen gerettet und nach Deutschland gebracht werden.  © Thomas Dalchau/privat

Und es geht weiter: Am 9. April startet die nächste Hilfsaktion – diesmal voraussichtlich noch etwas weiter an die moldawische Grenze. Wieder mit dabei sind Johannes Seeger, Thomas Dalchau und dessen Großcousin Andy Beyer. "Diesmal nehmen wir uns eine Woche für die Hin- und Rückfahrt Zeit, da auch mehrere Autos mit Anhänger zum Transport der Hilfsgüter fahren", so Thomas Dalchau.

Titelfoto: Bildmontage: Thomas Dalchau/privat

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