Kinder leiden in Notunterkünften für Flüchtlinge: "Das ist nicht das Leben!"

Köln - Unterkünfte für geflüchtete Menschen in Deutschland sind nach Einschätzung von UNICEF keine kindgerechten Orte.

Geflüchtete Kinder spielen in den provisorischen Zelten einer deutschen Flüchtlingsunterkunft.
Geflüchtete Kinder spielen in den provisorischen Zelten einer deutschen Flüchtlingsunterkunft.  © Arne Dedert/dpa

Dennoch müssten Kinder und Jugendliche dort Monate und mitunter sogar Jahre verbringen, ergab eine am Dienstag in Köln veröffentlichte Studie des Kinderhilfswerks in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Menschenrechte.

Die Studie sei bewusst nicht repräsentativ, sondern bestehe aus einer qualitativen Befragung von 50 Kindern und Jugendlichen im Alter von sechs bis 17 Jahren aus ganz Deutschland, sagte Silke Borgstedt vom SINUS-Forschungsinstitut. Es gehe um einen Perspektivwechsel in der Flüchtlingsdebatte.

Die Kinder und Jugendlichen erleben demnach die häufig beengten Wohnverhältnisse als belastend und wünschen sich mehr Privatsphäre. Nicht alle können zur Schule gehen, viele wünschen sich mehr soziale Kontakte außerhalb der Unterkunft.

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Ein 15 Jahre altes Mädchen beschrieb die Situation in seiner Flüchtlingsunterkunft mit den Worten: "Das ist nicht das Leben. Das ist sozusagen ein Stopp für das Leben."

Nicht selten werden Kinder getrennt von ihrer Familie untergebracht

Ein Schild mit dem Logo des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) an der Fassade seines Büros in Rom.
Ein Schild mit dem Logo des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) an der Fassade seines Büros in Rom.  © Angelika Warmuth/dpa

UNICEF-Geschäftsführer Christian Schneider berichtete von einer syrischen Familie, die jetzt seit zehn Jahren auf der Flucht sei. Einer ihrer Söhne sei zehn Jahre alt, habe die Heimat also nie kennengelernt.

Er könne sich in vier Sprachen verständigen und helfe anderen in der Unterkunft. "In Deutschland lebt er jetzt in einem Container hinter einem Zaun", so Schneider.

Ein junges Mädchen berichtete, dass sich sein persönlicher Spind nicht abschließen lasse, sodass der Blick immer gleich auf die darin aufbewahrten Hygieneartikel falle.

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Nicht selten würden Kinder auch getrennt von ihrer Familie untergebracht oder aber zusammen mit einer anderen Familie in einem Raum, so UNICEF. Im Kontakt mit der Außenwelt müssen Kinder mit der Erfahrung zurechtkommen, dass Menschen ihnen ausweichen.

Ein 17-Jähriger schilderte: "Wenn ich in der Bahn bin, haben die Leute irgendwie Angst. Ich spüre das. Ich hab das gesehen. An einem Tag war die Bahn voll. Ich saß auf einem Viererplatz. Die Bahn war voll, aber keiner wollte neben mir sitzen. Ich verstehe nicht, warum."

UNICEF fordert Zugang zu Kindergarten, Schule und Ausbildung

Als Konsequenz aus der Studie fordern UNICEF Deutschland und das Deutsche Institut für Menschenrechte eine dezentrale Unterbringung von Familien und den unmittelbaren Zugang zu Kindergarten, Schule oder Ausbildung.

Der stellvertretende Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte, Michael Windfuhr, sagte, laut UN-Kinderrechtskonvention hätten geflüchtete Kinder und Jugendliche Anspruch auf den gleichen Schutz und die gleiche Unterstützung wie alle anderen in Deutschland lebenden Kinder.

Titelfoto: Arne Dedert/dpa

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