Medizin-Wunder: "Gehirn-Schrittmacher" heilt schwere Depressionen

San Francisco - So etwas gab es noch nie: An der University of California San Francisco haben Forscher erstmalig erfolgreich mit einem "Schrittmacher für das Gehirn" schwere Depressionen geheilt.

Prof. Katherine Scangos überprüft das Implantat in Sarahs Kopf.
Prof. Katherine Scangos überprüft das Implantat in Sarahs Kopf.  © UCSF/Maurice Ramirez

Dieses erfreuliche Ergebnis wurde am vergangenen Montag in Nature Medicine veröffentlicht.

Die 36-jährigen Sarah hat vor knapp einem Jahr ein Gerät ins Gehirn eingepflanzt bekommen, was ihre depressiven Gehirnstrukturen "zurücksetzten" sollte. Und das hat es auch getan: Durch elektrische Impulse verändert es Gehirnstrommuster, die bei Sarah zu ihren Depressionen beigetragen haben.

Für manche klingt so ein großer Eingriff ins Gehirn wie der blanke Horror - für Sarah war es eine Erlösung. Vor diesem "Gehirn-Schrittmacher" hatte sie schon alles andere probiert: Therapie, Antidepressiva, sogar Elektrokrampf-Therapie, aber nichts half.

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"Mein tägliches Leben war so eingeschränkt", sagte sie dazu. "Es war eine einzige Qual. Ich habe mich kaum bewegt oder überhaupt irgendetwas gemacht."

Ein Erfolg für die Behandlung psychischer Störungen

Ein Modell des neuen "Gehirn-Schrittmachers".
Ein Modell des neuen "Gehirn-Schrittmachers".  © Screenshot/Youtube/UCSF

Für Sarah gab es eine Verbesserung direkt, nachdem das Gerät zum ersten Mal eingeschaltet wurde: Ihr Leben fühlte sich wieder erfreulich an. Nach ein paar Wochen verschwanden auch ihre Suizid-Gedanken. Ein Jahr später funktioniert alles immer noch einwandfrei. Spüren kann sie die Elektroimpulse nicht - aber die Positivität und Energie, die nach knapp 15 Minuten eintreten, spürt sie auf jeden Fall, so die leidenschaftliche Hobby-Gärtnerin.

In der Vergangenheit hatten Studien wie diese nur wenig Erfolg. Dies lag hauptsächlich daran, dass die Vorgänger des Gehirn-Implantates nur ununterbrochene Elektroimpulse aussenden konnten - das jetzige Gerät greift aber nur dann ein, wenn es muss.

"Das ist ein wichtiger Wegweiser für eine neue Behandlungsmethode, die für psychiatrische Behandlungen dringend gebraucht wird", meint Dr. Andrew Krystal, Professor für Psychiatrie an der UCSF.

Weitere Studien sind dringend nötig

Sarah beteiligt sich leidenschaftlich an ihrem Gemeinschaftsgarten.
Sarah beteiligt sich leidenschaftlich an ihrem Gemeinschaftsgarten.  © UCSF/John Lok

Obwohl die Studie für Sarah ein riesiger Erfolg war, warnen Forscher davor, das Ergebnis zu pauschalisieren. Da es bislang nur an einer einzigen Person getestet wurde, sagt es nichts über die Chancen auf einen allgemeinen Erfolg aus. Dr. Katherine Scangos hat aber dafür schon zwei weitere Testpersonen mit ins Boot geholt.

Der weitere Weg wird ein schwerer sein: Die "Gehirn-Schrittmacher" können nur hilfreich sein, wenn sie haargenau am richtigen Gehirnareal eingepflanzt werden. Diese können bei jedem Patienten anders sein, was eine sehr aufwendige und zeitintensive Vorbereitung mit sich bringt. Wahrscheinlich wird jeder einzelne Patient komplett verschiedene Behandlungen brauchen. Ob das Projekt also für die Allgemeinheit hilfreich sein wird, bleibt offen.

Eins ist aber nicht abzustreiten: Für Sarah hat sich das Leben um 100 Prozent verbessert. Sie selbst sagt zum Studienerfolg: "Dieses Gerät hält meine Depression im Zaum und es gibt mir die Möglichkeit, mich selbst zu verwirklichen und mir ein besseres Leben aufzubauen."

Titelfoto: UCSF YouTube/Maurice Ramirez

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