Mediziner skeptisch über geplantes Online-Register für Organspender

Wurzen/Jena - Mit Organspenden befasste Mediziner in Mitteldeutschland beurteilen das zur Gewinnung von mehr Spendern geplante zentrale Online-Register zurückhaltend.

In Deutschland ist die Spendebereitschaft zu gering - ein Online-Register wird das Problem nicht beheben, so die Experten.
In Deutschland ist die Spendebereitschaft zu gering - ein Online-Register wird das Problem nicht beheben, so die Experten.  © 123rf/gerain0812

Es sei grundsätzlich ein begrüßenswerter Ansatz, sagte Felix Pfeifer, geschäftsführender Arzt der Deutschen Stiftung Organspende in der Region Ost in Wurzen, der Deutschen Presse-Agentur.

Allerdings bleibe abzuwarten, ob dadurch die Spenderzahlen in absehbarer Zeit nennenswert zunähmen. Die DSO-Region umfasst Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Der Transplantationsmediziner Utz Settmacher vom Universitätsklinikum Jena äußerte Zweifel am Erfolg des Registers.

"Wenn man sich die Erfahrungen aus anderen Ländern ansieht, werden die Ergebnisse bescheiden sein", sagte Settmacher, der Präsident der Deutschen Transplantationsgesellschaft (DGT) ist.

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Das zentrale Register ist ein Kernelement einer Organspendereform, die der Bundestag 2020 beschlossen hatte. Darin sollen Spendenwillige ihre Bereitschaft speichern können - online von zu Hause aus oder in den Kommunalverwaltungen. Starten soll das Register nach bisherigem Stand im ersten Quartal 2024.

Ärzteschaft spricht sich eher für Widerspruchslösung aus

"Dafür müssten sich Millionen von Bürgern in dem Register eintragen, das geht nicht von heute auf morgen", sagte Pfeifer.

Er verwies auf die Erfahrungen beispielsweise in Großbritannien. Dort habe ein nationales Spendenregister nicht viel gebracht.

"Weniger als die Hälfte der Einwohner haben sich eintragen lassen." Erfolgreicher seien Länder mit der Widerspruchslösung, so die beiden Mediziner. Dort gelten alle Verstorbenen als potenzielle Spender, es sei denn, sie haben zu Lebzeiten ausdrücklich Widerspruch eingelegt.

"Die Widerspruchslösung wäre auch für Deutschland der bessere Ansatz", so Settmacher. Dies sei "die geschlossene Meinung der deutschen Ärzteschaft".

Elektronischer Personalausweis könnte Hindernis für Spendenbereitschaft sein

Statt für ein Online-Register oder den Spendeausweis spricht sich die Ärzteschaft für eine Widerspruchslösung aus.
Statt für ein Online-Register oder den Spendeausweis spricht sich die Ärzteschaft für eine Widerspruchslösung aus.  © Andrea Warnecke/dpa-tmn

Bislang gilt in Deutschland, dass Verstorbenen nur dann Organe und Gewebe entnommen werden dürfen, wenn sie dem zu Lebzeiten zugestimmt haben.

Um mehr Spender zu gewinnen, erhalten alle Bundesbürger ab 16 Jahre von ihrer Krankenkasse alle zwei Jahre Informationsmaterial und einen Organspendeausweis zugeschickt. Sie können entscheiden, ob sie ihn ausfüllen und mit sich tragen.

Das Prozedere der geplanten Online-Registrierung könnte aus DSO-Sicht eine Hürde sein. Dafür sei ein elektronischer Personalausweis erforderlich, sagte Pfeifer. "Den hat nicht jeder."

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Spendenwillige müssten dann extra in die Bürgerämter gehen. Dies sei umständlicher als das Ausfüllen des Organspendeausweises.

Im ersten Halbjahr 2023 wurden der DSO zufolge in Thüringen 39 Organe von 13 Verstorbenen gespendet, in Sachsen-Anhalt waren es 47 Organe von 18 Verstorbenen und in Sachsen 110 Organe von 38 Verstorbenen.

Bundesweit wurden 1540 Organe von 496 Spendern entnommen. Lebendspender sind in diesen Zahlen nicht berücksichtigt. Der Weg zu mehr Organspenden ist ein Thema der Ende Oktober anstehenden DGT-Jahrestagung in Jena.

Titelfoto: 123rf/gerain0812

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