Schlimmer als Heroin: Ab so viel Konsum ist es eine Pornosucht

Dresden - Pornografie ist für den einen oder anderen ein netter Zeitvertreib oder vielleicht sogar Inspirationsquelle, um die gemeinsamen schönen Stunden, die oft nur schöne Minuten sind, weiterzuentwickeln. Allerdings lauern hinter dem Pornografie-Konsum erhebliche Gefahren, die sich langsam in den Alltag einschleichen und das Leben zur Hölle machen können.

Das, was bei Pornos fehlt und letztlich auch krank macht, ist der fehlende echte Kontakt, wie hier. (Symbolbild)
Das, was bei Pornos fehlt und letztlich auch krank macht, ist der fehlende echte Kontakt, wie hier. (Symbolbild)  © 123RF/vadimgozhda

Laut der Techniker Krankenkasse sind etwa 500.000 Menschen in Deutschland pornosüchtig. Wenn Ihr Euch gerade fragt, ab wie viel Pornokonsum man von einer Sucht sprechen kann, liegt vielleicht bereits ein problematischer Konsum vor.

Die Forschung ist uneins. Die Pornosucht selbst ist noch nicht als offizielle psychische Krankheit anerkannt, wird im Praxisalltag von Psychologen aber unter "Störung des zwanghaften sexuellen Verhaltens" und "Hypersexualität" geordnet.

Pornosucht ist daher weitgehend eine Sexabhängigkeit, nur eben ohne echten Sex.

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Die Koryphäe auf diesem Forschungsgebiet, Martin Kafka (76), definierte Spektrum zufolge, dass eine Sexsucht dann vorliege, wenn Menschen über einen Zeitraum von sechs Monaten wöchentlich mindestens sieben Orgasmen erlebten.

Bei einer Studie zeigten die Gehirne von einem Drittel der Männer, die sich pro Woche vier Stunden mit Pornografie beschäftigten, Symptome eines Suchtverhaltens: Der für das Erkennen und Differenzieren von Belohnungen wichtige Schweifkern hat sich verkleinert.

Männer sind besonders gefährdet pornosüchtig zu werden

Vor allem der frühe Kontakt mit Pornografie ist sehr gefährlich für die Entwicklung des Gehirns. Im Schnitt stoßen Kinder bereits mit 11 Jahren erstmals auf pornografische Inhalte. (Symbolbild)
Vor allem der frühe Kontakt mit Pornografie ist sehr gefährlich für die Entwicklung des Gehirns. Im Schnitt stoßen Kinder bereits mit 11 Jahren erstmals auf pornografische Inhalte. (Symbolbild)  © Lionel Bonaventure/AFP

Vor allem für Männer kann übermäßiger Pornokonsum dazu führen, dass diese Bedingungen schnell erfüllt sind. Der Grund dafür heißt: Coolidge-Effekt - benannt nach dem Entdecker Calvin Coolidge (1872 - 1933).

Dieser wurde erstmals bei Rattenmännchen nachgewiesen. Der "sexuelle Appetit" nahm bei wiederholtem Geschlechtsverkehr mit demselben Weibchen rasch ab.

Wenn man dem Männchen aber nach jedem Höhepunkt ein neues Weibchen präsentierte, nahm der sexuelle "Hunger" nicht ab.

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Genau von diesem Effekt, der auch bei uns Menschen, vor allem aber bei Männern vorhanden ist, "profitiert" die Pornoindustrie.

Denn problematisch ist nicht allein der Porno, der auf einer Pornoseite geschaut wird, sondern die vielen Vorschaubilder von anderen Pornos, die auf der Seite angeboten werden.

Diese Überflutung an neuen sexuellen Reizen kann Konsumenten dazu bringen, dutzende Porno-Tabs im Browser zu öffnen, die alle noch gesehen werden müssen. Quasi so, wie das Rattenmännchen bis zur völligen Erschöpfung jedes neu präsentierte Rattenweibchen begatten möchte.

Genau dieses Phänomen ist das Tor zur Sucht, weil jeder neue sexuelle Reiz Dopamin ausschüttet und Dopamin mag unser Gehirn sehr. Letztlich ist das Gehirn nach Dopamin süchtig, um etwas anderes verdrängen zu können. Pornos sind nur das Mittel dafür.

Drei Viertel aller Betroffenen sind Männer

Pornografie trägt zur Vereinsamung in der Gesellschaft bei. (Symbolbild)
Pornografie trägt zur Vereinsamung in der Gesellschaft bei. (Symbolbild)  © 123RF/dmitrimaruta

Der Coolidge-Effekt erklärt übrigens auch, warum etwa drei Viertel aller Pornosüchtigen Männer sind.

The Inquistive Mind berichtet zwar von Studien, dass das Gehirn der Frauen in gleicher Weise auf erotische Bilder anspricht wie das der Männer, aber die Reaktion darauf variiert. Ihre körperliche Reaktion geht bei Männern mit ihrer psychischen Reaktion Hand in Hand.

Das Gleiche ist bei Frauen seltener zu beobachten. Also auf die Erkenntnis "das ist attraktiv" folgt seltener ein echtes körperliches Verlangen, was bei Männern bekanntlich manchmal sichtbar ist.

Hinzu kommt, dass die Pornoindustrie auf männliche Konsumenten ausgerichtet ist und die Geschlechter im Durchschnitt auf andere sexuelle Reize intensiver "anspringen".

Pornosucht geht mit einer Reihe von Problemen für die Betroffenen, für die Beziehungen und die Gesellschaft einher. Paradoxerweise kann der Spaß am Sex verschwinden, manche Männer werden sogar impotent und können sexuelle Erregung nur bei immer härterem Material erleben.

Das immer weniger Beziehungen geführt werde, ist auch auf den wachsenden Pornokonsum zurückzuführen.

Pornografie kann beziehungsunfähig machen

Pornosüchtige Frauen berichten derweil auf dem Portal refinery29.com von Schamgefühlen und Ekel vor dem eigenen Körper.

Die Universität Zürich konnte mithilfe riesiger Datenmengen aus der USA nachweisen, dass bei Ehemännern Pornokonsum mit einer höheren Scheidungswahrscheinlichkeit einhergeht. Sowohl bei Männern als auch Frauen ist Pornokonsum das größte Indiz für eine außereheliche Affäre. Kein anderer Parameter, wie etwa Beziehungsdauer oder Kinderanzahl, korreliert so hoch mit dem Ehebruch wie Pornokonsum.

Nun ist aber unklar, ob Pornokonsum zu einer schlechten Ehe führt oder eine schlechte Ehe zum Pornokonsum.

Woran aber kein Zweifel besteht, ist, dass Pornografie der Fähigkeit für intime Beziehungen erheblich schadet, Vereinsamungstendenzen beschleunigt und Depressionen befördern kann.

Die US-amerikanische Aufklärungsseite Fight-The-New-Drug (Deutsch: Bekämpfe die neue Droge) bezeichnet Pornos wohl zurecht als Droge. Nicht nur, weil sie erwiesenermaßen abhängig machen können, sondern weil auf Vice Suchtkranke, die sowohl Porno- also Drogensüchtig waren, davon berichteten, dass Pornos schlimmer als Heroin seien.

Es gibt auch gute Nachrichten

Solltet Ihr bei Euch oder jemanden in eurem Umfeld ein problematisches Sexualverhalten beziehungsweise übermäßigen Pornokonsum feststellen, dann gibt es auch gute Nachrichten: Das kann behandelt werden.

Sich aus der Pornofalle zu befreien, kann ein langer und harter Weg werden, aber er ist möglich. Der erste Schritt ist auch der schwierigste: Erkennen, dass man ein Problem mit Pornos hat.

Titelfoto: Bildmontage: Lionel Bonaventure/AFP, 123rf/vadimgozhda

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