So stark ist die Macht des ersten Eindrucks

Dresden - Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Er neigt dazu, seine Mitmenschen in "Schubladen" zu stecken, nachdem er sie in Null-Komma-nix taxiert und intuitiv beurteilt hat. Der erste Eindruck stellt Weichen. Er entscheidet darüber, ob wir in einer Person einen potenziellen Partner, Freund oder Feind sehen. Rational kann man dieses Verhalten nicht unbedingt begründen. Aber man kann versuchen, es zu verstehen. Wem das gelingt, dem hilft dieses Wissen in allen Lebenslagen.

Studien belegen, dass attraktive Menschen automatisch für intelligenter und erfolgreicher gehalten werden.
Studien belegen, dass attraktive Menschen automatisch für intelligenter und erfolgreicher gehalten werden.  © 123RF / Mikhail Spaskov

TAG24: Herr Plath, warum sollte sich jeder Mann und jede Frau Gedanken machen, wie er/sie bei anderen ankommt?

Alexander Plath: Ich sage meinen Teilnehmer*innen in den Trainings und Coachings immer: "Du wirst nie bekommen, was du wert bist, wenn du (dich) nicht präsentieren kannst." Das klingt erst einmal hart. Doch so funktioniert Wahrnehmung nun einmal. Unser Gehirn ist evolutionär darauf getrimmt, andere Menschen und Situationen, in denen wir uns bewegen, schnell auf "gut oder schlecht für mich" zu analysieren. Also darauf, ob ich mit einem Menschen mehr zu tun haben will. Das passiert unbewusst, in Sekunden oder sogar Sekundenbruchteilen.

TAG24: Sehen, Hören, Riechen, Fühlen: Der erste Eindruck ist ein Mix aus verschiedenen Eindrücken. Welches Sinnesorgan gibt dabei den Ton an?

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Leben Frau verabschiedet sich von Oma: Was die alte Dame dann sagt, bricht ihr das Herz

Alexander Plath: Wir Menschen haben unterschiedliche Persönlichkeiten und nehmen daher auch die Welt unterschiedlich wahr. Deshalb gibt es auch Unterschiede bei der Bedeutung der Sinnesorgane. Den größten Einfluss auf die Wahrnehmung hat bei fast allen Menschen das Sehen. Schon alleine deshalb, weil etwa 40 Prozent des Gehirns am Sehen beteiligt sind. Oft unterschätzt wird das Riechen. Unsere Riechwahrnehmung ist unmittelbar mit dem emotionalen Gehirn verbunden.

Korpulenten Personen, die dazu noch einen ungesunden Lebensstil pflegen, traut die Allgemeinheit weniger im Job zu.
Korpulenten Personen, die dazu noch einen ungesunden Lebensstil pflegen, traut die Allgemeinheit weniger im Job zu.  © 123RF / Lightfieldstudios

TAG24: Viele bemühen sich, einen guten ersten Eindruck zu hinterlassen. Trotzdem gelingt es nicht jedem. Können Sie typische Fehler benennen?

Alexander Plath: Der erste Fehler liegt für mich darin, die Macht des ersten Eindrucks zu unterschätzen und sich darüber zu wenig Gedanken zu machen. Es geht darum, zu überlegen, wie möchte ich beim anderen ankommen, wofür stehe ich? Der zweite Fehler ist zu glauben, man wäre dann nicht mehr "authentisch". Das ist Blödsinn. Authentisch heißt doch, mir klar zu werden, wofür ich stehe: Welche Werte habe ich? Was ist mir wichtig? Was können andere von mir erwarten? Und das dann bestmöglich rüberzubringen.

TAG24: Kann man lernen, sympathisch zu wirken und sich perfekt zu präsentieren?

Alexander Plath: Definitiv ja! Präsentationskompetenz, eine bessere eigene Wirkung, ein überzeugendes und kompetentes Auftreten ist ein Handwerk. Und keine Kunst oder gar angeboren. Natürlich fällt es manchen Menschen leichter und andere müssen etwas mehr dafür arbeiten. Doch wer an sich arbeitet, schlägt langfristig immer diejenigen, die glauben, sie hätten es in die Wiege gelegt bekommen.

Würfelglück braucht man nicht, um anderen sympathisch zu erscheinen. Mit einem Lächeln kommt man da viel weiter.
Würfelglück braucht man nicht, um anderen sympathisch zu erscheinen. Mit einem Lächeln kommt man da viel weiter.  © 123RF / anawat

TAG24: Sie sagen: "Gute Leistung ist nur das Fundament für Erfolg und Glück." Wie viel sind dann Wirkung und Auftreten?

Alexander Plath: Ich glaube, dass Leistung nur dann einen echten Wert hat, wenn sie für andere sichtbar und erlebbar ist. Es gibt viele Menschen, die eine hervorragende Leistung erbringen, doch viel zu wenige, die diese auch über ihre Wirkung nach außen, über ihr kompetentes und überzeugendes Auftreten kommunizieren.

Alexander Plath coacht und trainiert seit 20 Jahren Führungskräfte im Kommunizieren und Präsentieren, setzt dabei auf neurowissenschaftliche Erkenntnisse. Sein Buch: "Geheimwaffe - Erster Eindruck" (Preis 16,99 Euro, Remote Verlag).

Aktives Zuhören zahlt sich aus

Wie zieht man die Menschen in seinem Umfeld spielerisch einfach in seinen Bann? "Zuerst sollte man überlegen, wer der andere Mensch ist und was er/sie von mir erwarten darf", empfiehlt der Erfolgscoach Alexander Plath.

Sein zweiter Tipp: Lächeln und Blickkontakt halten. Plath warnt: "Kein Anstarren, sondern ein guter Blickkontakt." Eine offene Körpersprache und ein dem anderen zugewandter Körper wirken zudem vorteilhaft. "Insbesondere sichtbare Hände", weiß Plath. Aktive Zuhörer ernten schnell Wohlwollen.

Der Coach: "Wenn der Gesprächsanteil meines Gegenübers bei zwei Dritteln liegt und mein Gesprächsanteil ein Drittel ausmacht, steigt erfahrungsgemäß die positive Wahrnehmung beim anderen."

Echt oder Fake? Viele sind online skeptischer, wenn sie persönliche Fotos und Profile von Menschen im Internet betrachten.
Echt oder Fake? Viele sind online skeptischer, wenn sie persönliche Fotos und Profile von Menschen im Internet betrachten.  © Imago / Westend61

Ein Merkmal überstrahlt alles

Vorsicht Falle! Der Halo-Effekt (von englisch halo, Heiligenschein) beschreibt einen systematischen Fehler bei der Beurteilung von Personen. Ein einzelnes Merkmal stellt dabei alle anderen in den Schatten. Ausgehend von diesem gewählten Merkmal wird außerdem auf weitere persönliche Eigenschaften geschlossen, ohne dass dafür objektive Gründe vorliegen. Beispiel:

Attraktive Personen umweht die Aura, meist auch noch intelligent, gesellig und dominant zu sein. Wer nun dem Halo-Effekt etwas entgegensetzen will, sollte sich den sogenannten Recency-Effekt (von englisch regency, Neuheit) zunutze machen. Der besagt: Der letzte Eindruck bleibt.

Titelfoto: Montage: 123RF / lightfieldstudios, 123RF / Mikhail Spaskov

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