Da staunt der Nationalpark-Ranger nicht schlecht: Die Feuersbrunst war furchtbar - und jetzt das!
Sachsen - Bilder von Waldbränden haben sich in das Gedächtnis vieler Menschen gebrannt. Anfang Juli loderten Feuer in Sachsen in der Gohrischheide. Vor drei Jahren im Sommer standen Teile der Böhmischen und Sächsischen Schweiz in Flammen. Lest hier, wie sich die Natur im Nationalpark seither entwickelt hat und welche politischen Debatten man aktuell führt, wenn es um die Regulierung der Schäden und die Ausstattung der Feuerwehr geht.
Alles in Kürze
- Waldbrände in Sachsen verheerten 1600 Hektar in Tschechien und 100 Hektar in Deutschland.
- Der Wald zeigt nach drei Jahren erste Anzeichen neuer Vegetation.
- Einige Bäume werden noch sterben, da ihre Wachstumsschicht durch Hitze geschädigt wurde.
- Die Regierung plant Investitionen in Brandschutz-Technik und Drohnen zur Überwachung.
- Waldbrände in Sachsen treten hauptsächlich zwischen März und Oktober auf, meistens am Sonntag.

Uwe Neumann (60) steht auf der Kipphorn-Aussicht nahe dem Großen Winterberg. Dem Ranger bietet sich ein spektakuläres Panorama. Er kann über das Elbtal zu den linkselbischen Tafelbergen und zum Hohen Schneeberg oder rechtselbisch über die Felsen des Schmilkaer Kessels zum Schrammsteinmassiv schauen. Tut er aber nicht.
Sein Blick ist starr auf einen etwa drei Kilometer entfernten Punkt im Böhmischen gerichtet: "Dort habe ich am 24. Juli 2022 um 6.30 Uhr bei meinem Kontrollgang eine ungewöhnliche Rauchsäule aus dem Elbnebel aufsteigen gesehen", berichtet der gestandene Forstwirt.
Der Ranger ließ damals seine tschechischen Kollegen benachrichtigen. Sie schwärmten sofort aus und entdeckten ein Feuer im Wald. Es hatte seit Wochen nicht geregnet und die Flammen griffen rasch um sich.
Es brannte tagelang lichterloh, und das Feuer sprang von Böhmen nach Sachsen über. Tausende Feuerwehrleute kämpften vor Ort bis zur Erschöpfung gegen die Waldbrände. Erst am 30. August 2022 gab man in Sachsen offiziell das Ende ihres Einsatzes bekannt.


Wo die Sonne die Erde küssen kann, regt sich neues Wachstum.

1600 Hektar Wald in Tschechien und 100 Hektar Wald in Sachsen wurden 2022 Opfer der Flammen. Uwe Neumann: "Es war ein Inferno. Ich werde die Tage und Wochen mein Leben nicht vergessen."
Wie sieht es jetzt, drei Jahre später, auf den geschädigten Flächen aus? Total grün! "Für uns ist es ein Phänomen, wie schnell der Wald hier wieder wächst. Ich bin persönlich wirklich überrascht und berührt, dass ich dies alles miterleben kann", sagt Ranger Neumann. Dann führt er zu Flächen, die 2022 in Flammen standen.
Verkohlte Baumstämme, die auf dem Boden liegen, überwuchern dort junge, teils mehr als zwei Meter große Birken, Pappeln, Weiden, Ebereschen und Espen. Diese sogenannten Pionierbaumarten sind die Vorboten eines neuen Mischwaldes, der aufwächst, wo einst Fichten das Waldbild prägten.
Auf den ehemaligen Waldbrandflächen ist Licht jetzt das steuernde Element. Wo die Sonne die Erde küssen kann, regt sich neues Wachstum.


Einige Baumriesen werden noch sterben

"Der Wald wird sich erholen. Wir müssen nur lernen, die Füße stillzuhalten", sagt Ranger Neumann. Das gilt auch für den stolzen Buchenwald an der Kipphornaussicht. Dort werden noch einige Baumriesen in den kommenden Jahren sterben - als Folge des Brandes 2022.
Dazu muss man wissen: Diese Bäume waren am Fuß ihres Stammes Temperaturen von mehr als 60 Grad Celsius ausgesetzt. Der Sprecher des Nationalparks Sächsische Schweiz Hans-Peter Mayr (61) erklärt: "Bei 60 Grad degenerieren die Eiweiße, dann stirbt die Wachstumsschicht der Bäume und mit ihr unweigerlich der Baum." Dieser Prozess kann sich allerdings über Jahre hinziehen.
Hans-Peter Mayr geht zu einer alten Buche, die zu viel Hitze abbekommen hat und deshalb dem Tod geweiht ist. Ihre Krone ist grün.
Doch die Rinde unten am Stamm ist morsch und schwarz. "Da wachsen bereits Pilze, von denen sich Insekten ernähren", sagt Mayr.


Drohnen und anderes Gerät sollen kommen

Die Themen Waldbrand-Vorsorge und Ausstattung der Feuerwehren sind Dauerbrenner. Nach der Sommerpause wird darüber wieder im Landtag debattiert werden.
Die BSW-Fraktion hat einen Gesetzentwurf für einen Nachtragshaushalt in Höhe von 33 Mio. Euro eingereicht. Das Geld soll genutzt werden zur Bewältigung der Brandkatastrophe in der Gohrischheide sowie für den Ankauf von Brandschutz-Technik.
Allein drei Millionen Euro davon möchte man in Rückegassen, Löschwasserbrunnen, Sensorik, Drohnentechnik und Frühwarnsysteme investieren, wie Fraktions-Vize Lutz Richter in dem Antrag schreibt.
Seitens der Feuerwehren reagiert man sehr wohlwollend auf den Entwurf. In Bezug auf ihre technische Ausstattung sind noch einige Wünsche offen. Ganz oben auf der Liste steht da ein unbemanntes Fahrzeug für Räum- und Löschtätigkeiten, wie es Brandenburg bereits besitzt.
Außerdem möchte man mehr mit Drohnen arbeiten zur Überwachung von Waldflächen. Der Böhmische Nationalpark könnte da Vorbild sein. Dort setzt man schon auf unbemannte Flugobjekte bei der Erkundung.

Fünf Fakten zu Waldbränden in Sachsen*

- 92 Prozent der Brände fallen auf die Monate März bis Oktober. Am häufigsten brennt es im Juli, gefolgt von Mai, Juni, August.
- Sonntag ist der Wochentag mit den meisten Waldbränden.
- 106 Mal brennt es durchschnittlich jedes Jahr.
- 54 Prozent aller Waldbrände finden 13 und 18 Uhr statt. 84 Prozent zwischen 10 und 21 Uhr.
- Zwei Drittel aller Waldbrände werden nachweislich durch Menschen verursacht. Nur fünf Prozent durch natürliche Einwirkungen wie Blitzschlag. In den restlichen Fällen konnte die Ursache nicht ermittelt werden. Dabei ist es ein Mythos, dass eine Glasscherbe im Wald wie ein Brennglas wirken und Feuer entfachen kann.
Titelfoto: Bildmontage: Mike Jäger, Christian Juppe