Frau tritt Sekte bei, heiratet einen Fremden: So schafft sie nach 15 Jahren den Absprung

New York - Yolande Brener (55) heiratete einen vollkommen Fremden während einer Massenhochzeit in Seoul. Sie war 15 Jahre lang Mitglied eines Kultes und wurde - ihren eigenen Aussagen zufolge - einer Gehirnwäsche unterzogen.

Ein aktuelles Foto der 55-Jährigen. Yolande arbeitet heutzutage als erfolgreiche Journalistin.
Ein aktuelles Foto der 55-Jährigen. Yolande arbeitet heutzutage als erfolgreiche Journalistin.  © Instagram/yoyobee3

Die gebürtige Britin erzählt der britischen Webseite "The Sun" von ihren unglaublichen Erlebnissen und wie sie den Absprung von dem Kult schaffte.

Yolande war 17, als sie nach London zog, um dort zu studieren. 

Nach ihrem erfolgreichen Abschluss arbeitete sie als Filmemacherin. Doch in ihren Gedanken sorgte sie sich stets um ihre Familie, welche in Windsor lebte. Ihr Bruder hatte Schizophrenie diagnostiziert bekommen.

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Zu jenem Zeitpunkt war Yolande noch ein Teenager und ihr Bruder ihr großes Vorbild gewesen. Auch ihre Mutter konnte nur schwer mit der Situation umgehen. Hinzu kam, dass sie seit drei Jahren in einer festen Beziehung war, die nicht besonders gut lief. 

All dies führte zu großen Unsicherheiten. Yolande wurde ein leichtgläubiges Opfer für den Kult.

Ihren ersten Kontakt mit diesem hatte sie während Filmarbeiten für ihr neuestes Projekt. Im Jahr 1990 interviewte sie einen Mann namens Andreas in einem Center, in welchem die Menschen angeblich alles über Philosophie lernten. Ihr Interviewpartner erzählte ihr von den "Problemen der modernen Welt." Yolande fühlte sich endlich verstanden. Sie wollte mehr erfahren und besuchte in den folgenden Tagen regelmäßig das Center.

Doch was sie nicht wusste: Das Center war ein Ort, um Menschen für die Vereinigungskirche zu rekrutieren! Dieser religiöse Kult hatte zu seinen Höchstzeiten an die fünf Millionen Mitglieder.

Ihre Familie ahnte zu Beginn nichts

Die Britin besucht ihre Heimat. Im Hintergrund ist das Riesenrad London Eye zu sehen.
Die Britin besucht ihre Heimat. Im Hintergrund ist das Riesenrad London Eye zu sehen.  © Instagram/yoyobee3

Die Kirche wurde 1954 von Sun Myung Moon in Seoul gegründet. Seine Anhänger glauben, er wäre der Messiahs.

Yolande schloss sich bald seinen Anhängern an. Der Britin wurde erzählt, die Schizophrenie ihres Bruders würde geheilt werden, wenn sie ihr Leben den Lehren der Gruppen widmen würde. 

Also packte sie all ihre Sachen und ließ alles hinter sich, ohne ihrem Freund, Familie und ihren Freunden Bescheid zu geben. 

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Ein kleines Zimmer in London war fortan ihr Zuhause. Ihre Klamotten wurden ihr weggenommen, da ihre Kleidung angeblich zu freizügig gewesen sei.

Die Regeln der Sekte sind streng. U. a. darf man keinen Sex vor der Ehe haben und muss zudem sehr züchtig gekleidet sein. 

Da Yolande erst später zu der Gruppe hinzustieß und das Sex-Gebot bereits gebrochen hatte, beteten die Anhänger, dass Gott ihre Sünden vergeben würden. 

Yolande rasierte ihre Haare komplett ab, da sie erfuhr, dass diese schlechtes Karma aufgefangen hatten. Sie war fasziniert von dem Kult und schlug die Warnungen ihrer Freunde, die langsam verstanden, welchen Einfluss die Sekte auf sie hatte, in den Wind.

Ein Jahr später zog sie aufgrund des Drängens der Religionsgemeinschaft nach New York. In dieser Stadt erfuhr sie, dass der Kult einen Ehemann für sie suchen würde, den sie dann in der koreanischen Stadt Seoul heiraten würde.

Massenhochzeit mit 60.000 Menschen

Auch heute finden noch Massenhochzeiten, welche von der Vereinigungskirche organisiert werden, in Seoul statt. Das Bild stammt von Februar 2020.
Auch heute finden noch Massenhochzeiten, welche von der Vereinigungskirche organisiert werden, in Seoul statt. Das Bild stammt von Februar 2020.  © Ahn Young-Joon/AP/dpa

Im Jahr 1992 sah sie das erste Mal ein Bild ihres Zukünftigen, den 28-jährigen Gabriel aus Ecuador. Sie flog nach Seoul, um ihm während einer Massenhochzeit mit 60.000 anderen Menschen das Jawort zu geben.

Sex nach der Ehe war für die kommenden zwei Jahre tabu. Yolande und Gabriel lebten getrennt und sahen sich nur zu religiösen Angelegenheiten oder tauschten untereinander Briefe aus.

Als der Kult ihnen den Sex erlaubte, kam schnell die gemeinsame Tochter Hayley zur Welt. Daraufhin beschloss Yolande, dass sie ihre Familie wiedersehen wollte. Ihr Ehemann, dessen Bestätigung sie benötigte, erlaubte es ihr. 

Nach fünf Jahren war es das erste Mal, dass Yolande ihren Bruder und Mutter in Großbritannien traf. Die Zweifel an dem Kult wuchsen. Sie wollte ihre Kinder nicht in dieser Religion aufziehen, zudem liebte sie ihren Mann Gabriel einfach nicht.

Im Jahr 1997 kam ihr zweites Kind zur Welt. Yolande wurde immer klarer, dass sie ihre Familie im Stich gelassen hatte. Ihr Bruder Adam wurde nicht von Schizophrenie geheilt, weil sie einem Kult beitrat. Im Gegenteil, an seinem Zustand hatte sich all die Jahre über nichts geändert.

Sie begann, bei dem Fernsehsender MTV zu arbeiten. Der normale Job und das Umfeld halfen ihr, Abstand zu der Kirche zu erlangen. Sie stritt immer häufiger mit ihrem Mann, obwohl die beiden mittlerweile sogar zusammenlebten. Sie wurde als "nicht genug liebende Ehefrau" bezeichnet und schließlich als "Fehlschlag" der Kirche angesehen. 

Die Scheidung erfolgte im Jahr 2006. Nach über 15 Jahren im Kult war Yolande endlich frei.

Sie beschloss, nicht zurück nach Großbritannien zu gehen und zog ihre Kinder in Amerika auf. Diese haben weiterhin Kontakt zu ihrem Vater. Yolande wird von dem Kult größtenteils in Ruhe gelassen, jedoch versuchen diese ab und an, ihre Kinder dazu zu bewegen beizutreten. Bislang erfolglos.

Yolande hat seitdem nicht den richtigen Mann getroffen. Der Kontakt mit ihrer Familie ist wieder intensiver. Über all ihre Erlebnisse hat sie das Buch geschrieben "Holy Candy: Why I Joined A Cult And Married A Stranger" (Heilige Süßigkeit: Warum ich einem Kult beitrat und einen Fremden heiratete). Sie arbeitet heute als erfolgreiche Journalistin.

Die Vereinigungskirche wird auch als "Moon-Sekte" bezeichnet. Sie ist auch heute noch existent und hat Deutschlandweit zehn offizielle Gemeindezentren.

Titelfoto: Instagram/yoyobee3

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