Auf in die Freiheit! Schweizer Steinböcke in den bayerischen Alpen ausgewildert

Bad Tölz - Acht Steinböcke aus der Schweiz haben am Freitag in den bayerischen Alpen eine neue Heimat gefunden.

Die Steinböcke aus der Schweiz laufen bei ihrer Auswilderung unterhalb der Benediktenwand in Richtung Freiheit.
Die Steinböcke aus der Schweiz laufen bei ihrer Auswilderung unterhalb der Benediktenwand in Richtung Freiheit.  © Roland Losch/dpa

Dort wurden sie schon sehnlich erwartet: Sie bringen frisches Blut in die Steinwildkolonie an der Benediktenwand, wie der Vorsitzende des Kreisjagdverbands Bad Tölz, Wolfgang Morlang, sagte. Das rund 100 Tiere umfassende Rudel dort stammt von ursprünglich sechs Tieren ab und ist inzwischen durch Inzucht bedroht.

Bei dichtem Schneetreiben traf der Transport am Nachmittag an der Benediktenwand im Landkreis Bad Tölz ein. Als die Türen der beiden Viehtransporter geöffnet wurden, zögerten die Tiere kurz - dann jagten sie in großen Sprüngen ins Freie und stapften durch den tiefen Schnee davon.

"In zehn Jahren wird man wissen, ob sie sich vermischen und erfolgreich vermehren", sagte die Biologin Iris Biebach von der Universität Zürich. Sie hatte den Transport begleitet, der schon um drei Uhr nachts im Wallis gestartet war.

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Wildhüter Stefan Imhoff und seine Kollegen hatten den zweijährigen Bock und die sieben Geißen im Walliser Hochgebirge am Mittwoch und Donnerstag gefangen, am Weisshorn und im Mischabel - "mit Narkosepfeilen, in den Hintern".

Mit Planen wurden die Tiere zu den wartenden Fahrzeugen gebracht. Nachdem Tierärzte ihre Gesundheit bestätigt und sie geimpft hatten, begann die Reise nach Bayern. Die letzte Etappe ging es dann mit Traktoren, die mit Schneeketten versehen waren, über steile Serpentinen wieder nach oben.

Von Inzucht bedroht: Schweizer Steinböcke sollen Bestand in Bayern retten

Ein Steinbock sitzt auf einem Felsen auf dem Le Chamossaire in den Schweizer Alpen. Hier gibt es zahlreiche der imposanten Tiere.
Ein Steinbock sitzt auf einem Felsen auf dem Le Chamossaire in den Schweizer Alpen. Hier gibt es zahlreiche der imposanten Tiere.  © Anthony Anex/KEYSTONE/dpa

Gespannt verfolgte Tobias Stockinger vom Wildtierhegering Isarwinkel, wie die Tiere unterhalb der Benediktenwand in die Freiheit sprangen - "wie am Kalten Buffet - wenn sich der erste traut, kommen die anderen schnell nach".

Die Jäger in der Region haben das Projekt auf den Weg gebracht, die Kosten von rund 100.000 Euro werden aus Abgaben des Bayerischen Jagdverbands (BJV) und aus Spenden finanziert.

Das Projekt zeige, dass "Jägerinnen und Jäger auch Heger und Naturschützer sind", sagte Morlang. Das Steinwild unterliege dem Jagdrecht, werde aber ganzjährig geschont.

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Lange hatten die Jäger auf die Genehmigung warten müssen. "Der Bund Naturschutz hatte Einspruch erhoben", sagte BJV-Präsident Ernst Weidenbusch. Begründung sei die mit Sorge vor Verbissschäden im Wald gewesen. Vor einem Monat gab Forstministerin Kanniber (CSU) schließlich grünes Licht.

Morlang zeigte sich "begeistert, dass es so entspannt gegangen ist". Nach der langen Reise und dem Kontakt mit vielen Menschen "waren die Tiere ein bissl verschreckt". Jetzt sei er hochzufrieden: "Bis auf das Wetter ist das ein optimaler Tag!"

Der Schneeregen dürfte den Neuankömmlingen aber die Eingewöhnung ohne Störungen durch Bergwanderer, Hunde oder Gleitschirmflieger in den kommenden Tagen erleichtern.

Steinbock früher fast ausgerottet

Laut Forstministerium gibt es im Freistaat annähernd 800 Steinböcke und -geißen, die Hälfte davon im Allgäu. Kleine Kolonien gibt es bei Oberaudorf und bei Berchtesgaden. Die Kletterkünstler werden bis zu 120 Kilogramm schwer und leben in den Kammlagen der Hochgebirge. Auch im Winter steigen sie nicht in die Täler hinab.

An der nur 1800 Meter hohen Benediktenwand im Isarwinkel ist ein natürlicher Austausch mit anderen Kolonien wegen der isolierten geographischen Lage kaum möglich. Der Alpensteinbock war anno 1800 schon fast ausgerottet - bis auf rund 100 Tiere im Gran-Paradiso-Massiv hoch über dem italienischen Aosta-Tal. Zwei Schweizer bewegten die Behörden dort dazu, die letzten Tiere unter Schutz zu stellen.

Heute leben in den Alpen wieder rund 45.000 Tiere, mehr als ein Drittel davon in der Schweiz.

Titelfoto: Roland Losch/dpa

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