Forscher beweisen: Europas größte Fledermaus jagt Zugvögel bei Nacht und reißt ihre Flügel aus
Cadiz - Immer wieder finden Menschen im Süden Spaniens herausgerissene Flügel von Vögeln. In einem Nationalpark im Süden des Landes konnten Forschende der Universität Aarhus (Dänemark) gemeinsam mit Kollegen aus Spanien nun erstmals bestätigen, was seit 25 Jahren vermutet wurde: Europas größte Fledermaus, der Riesenabendsegler, macht nachts Jagd auf Singvögel und verspeist diese noch in der Luft. Die erstaunlichen Ergebnisse der Untersuchung wurden nun in der Fachzeitschrift "Science" veröffentlicht.

Jedes Jahr fliegen Milliarden von Vögeln im Herbst Richtung Süden in ihre Überwinterungsgebiete, um ein halbes Jahr später wieder in den Norden zurückzukehren.
Um auf ihrer gefährlichen Reise einer Vielzahl von Räubern aus dem Weg zu gehen, fliegen viele Vögel bevorzugt bei Nacht. Dass sie jedoch auch in der Dunkelheit keineswegs sicher sind, bewiesen die Forscher nun, indem sie Riesenabendsegler fingen und mit kleinen Rucksäcken ausstatteten.
Mithilfe dieser sogenannten Biologger sammelten die Wissenschaftler Daten über Position, Höhe, Beschleunigung und Geräusche von den Fledermäusen selbst, sowie aus ihrer Umgebung.
Bei der Auswertung der Messergebnisse wurde festgestellt, dass die Riesenabendsegler nachts teilweise auf Höhen von bis zu 1200 Metern aufsteigen, einen Ultraschallruf aussenden und dessen Echo, wie bei einem Radar, mit den Ohren aufnehmen, um die Position ihrer Beute zu bestimmen. Dann stürzen sie sich im Sturzflug auf ihr Opfer herab.
DNA-Spuren und Kaugeräusche

In einem Fall konnte die Beute dabei anhand der panischen Schreie eindeutig als Rotkehlchen identifiziert werden. Nach dem kurzen, jedoch aussichtslosen Kampf folgten 23 Minuten voller Kaugeräusche, während die Fledermaus in niedriger Höhe weiterflog.
Am Boden gefundene Vogelflügel wiesen dabei nahezu identische Brüche an denselben Stellen auf. In Kombination mit an den Federn gefundenen DNA-Spuren sind sich die Forscher deshalb sicher, dass die Fledermäuse die Flügel zunächst mit einem kräftigen Biss entfernen, um den Luftwiderstand der Beute zu verringern.
"Es gibt drei Fledermausarten, von denen bekannt ist, dass sie Vögel jagen, aber wie und wann sie dies tun, war bislang weitgehend unbekannt", erklärt Studienautorin Dr. Laura Stidsholt.
Da Fledermäuse sich primär von Insekten und Amphibien ernähren, sehen die Forscher die Singvogel-Bestände jedoch keineswegs in Gefahr: "Wir müssen dafür sorgen, dass wir sowohl Zugvögel als auch ihre Fressfeinde schützen", sagt Prof. Christian Voigt vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin.
Für die vom Aussterben bedrohten Riesenabendsegler bedeute dies insbesondere den Erhalt von natürlichen Wäldern mit alten Bäumen, die reich an Höhlen sind.
Titelfoto: PR/Jorge Sereno