Hühner zum Mieten: Wird "Rent a Huhn" zum neuen Trend in der Corona-Krise?

Kassel/Seligenstadt/Niestetal - Während die Bundesbürger infolge der Corona-Pandemie zu Hause bleibe, sind Frida, Gundula, Ilse, Johanna und Hilde ständig auf Reisen. Es ist quasi ihr Job. Denn sie sind Miethühner. Drei Wochen wohnten die Hennen im Garten der Familie Rassek am Stadtrand von Kassel. 

Jacky (h.) und Jan Rassek (r.) füttern mit ihren Kindern Ella (l.), Amelie (v.) und Louie (m.) ihre Miethühner.
Jacky (h.) und Jan Rassek (r.) füttern mit ihren Kindern Ella (l.), Amelie (v.) und Louie (m.) ihre Miethühner.  © dpa/Uwe Zucchi

Nun steht der Abschied bevor: Die fünf tierischen Mitarbeiter von Miethuhn Nordhessen verlassen die Familie. "Es wird uns was fehlen", sagen Jacky und Jan Rassek, während ihre drei Kinder ein letztes Mal mit den Hühnern im Gehege unterwegs sind.

Miethuhn-Angebote gibt es seit mehreren Jahren in Hessen. Das Prinzip: Für einen Geldbetrag können sich Kindergärten, Altenheime oder Privatleute eine kleine Hühnergruppe in den Garten holen. Bei Miethuhn Nordhessen gibt es für 90 Euro pro Woche Zaun, Futter, Tränke, Sandbad und den transportablen Stall - sowie die fünf Bewohner. 

Außerdem stehen die Vermieter Oliver und Mona Zeuner aus Niestetal bei Kassel mit Rat und Tat zur Seite. Die Corona-Pandemie hat das Geschäftsmodell erst ausgebremst, dann befeuert, weil die Leute Zeit haben. 

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Zwar sei die Vermietung an Altenheime, Schulen und Kindergärten komplett zu Erliegen gekommen, dafür gebe es sehr viele Anfragen von Familien, erklärt Oliver Zeuner. Bis Mitte September seien alle vier Ställe ausgebucht: "Kurzfristig ein Corona-Huhn mieten ist unmöglich."

Die Rasseks hatten dagegen Glück: "Als Corona kam und die Kinder nicht mehr in die Kita konnten, dachten wir: Wir probieren es mal aus", sagt Jan Rassek. Dabei sei man überrascht gewesen, wie pflegeleicht die Hühner und ihr Haus seien. So schließt der Stall die Tiere beispielsweise abends automatisch ein. Räuber wie der Fuchs hätten dann keine Chance.

Einer der ersten Hühnervermieter ist Michael Lüft aus dem hessischen Seligenstadt

Amelie (l.) und Louie beobachten ein Miethuhn beim Verlassen des Stalls.
Amelie (l.) und Louie beobachten ein Miethuhn beim Verlassen des Stalls.  © dpa/Uwe Zucchi

Allerdings lief nicht alles glatt: "Der Rasenmäherroboter hat ein Huhn so erschreckt, dass es ausgebüxt ist", sagt Rassek. Ein anderes Mal standen die Hühner ausgesperrt vor dem eigenen Stall: Wegen des späteren Sonnuntergangs stimmte die Zeitschaltung des Stalls nicht mehr. "Da hatten wir Glück, dass wir zur richtigen Zeit rausgeguckt haben."

Für Mona und Oliver Zeuner ist die Hühnervermietung ein Nebenjob. 2015 hatten sie sich selbst Hühner angeschafft und waren dann im vergangenen Jahr auf die Vermietungsidee aufmerksam geworden. Für die Mehrheit der Mieter sei es entscheidend, "dass man sich ein Stück Landleben in den Garten holen kann". So könne man Kindern vermitteln, wo das Ei herkomme.

Als einer der ersten Hühnervermieter in Deutschland gilt ein Hesse: "Ich bin der Vater der Erfindung", sagt Michael Lüft aus Seligenstadt über sich. Seit 2013 vermietet er Hühner. Acht weitere Anbieter kenne er in Deutschland. Lüft selber hat mittlerweile 58 mobile Hühnerställe. 

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Durch die Corona-Krise gab es auch in seinem Geschäft kurzzeitig einen Knick: Erst seien alle Aufträge storniert worden. Doch dann hätten sich die Anfrage gehäuft und innerhalb von einer Woche seien alle Ställe wieder vermietet gewesen. Tierschützer sehen die Vermietung von Hühnern unkritisch - sofern bestimmte Standards erfüllt werden. 

"Wenn der Anbieter seriös ist, eine artgerechte Haltung der Tiere vor Ort gewährleisten kann und robuste Rassen wählt, passt das", sagt Daniela Müller vom Hessischen Tierschutzverband. Dann sei es eine schöne Idee, um der gesellschaftlichen Entfremdung von der Natur entgegenzuwirken.

Für einige Kunden ist das Mieten der Hühner eine Generalprobe: Auch Familie Rassek will sich jetzt dauerhaft Tiere anschaffen. Vor der Aufgabe habe man aber Respekt. "Wenn man keine eingefleischte Truppe hat, muss erst noch die Hackordnung festgelegt werden."

Titelfoto: dpa/Uwe Zucchi

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