Dem Krieg entkommen: Erste Flüchtlinge aus der Ukraine gelangen nach Polen
Warschau - Frauen eilen mit schweren Gepäckstücken zu den Bahnhöfen. Väter umarmen ihre Kinder noch einmal, bevor die Mütter mit ihnen in die Züge steigen, die sie in Sicherheit bringen sollen. Und über die Liebe im Krieg lässt sich wohl nur sagen: Hoffentlich kehren die Männer aus den Schützengräben zurück.
Die Bilder, die uns nach der russischen Invasion aus der Ukraine erreichen, brechen einem das Herz: Menschen nehmen voneinander Abschied. Für wie lange? Vielleicht sogar für immer? Wer weiß das schon.
Tausende Ukrainer fliehen aus Angst vor den immer mehr eskalierenden Kämpfen. Eines ihrer Ziele ist Polen. In der Hauptstadt Warschau trafen am Donnerstagmorgen die ersten Geflüchteten mit dem brechend vollen Zug aus Kiew um kurz nach 10 Uhr ein. "Er war voller weinender, geschockter Menschen und Familien mit Kindern", schreibt die polnische Tageszeitung Gazeta Wyborcza.
Die Tickets für den Zug seien bereits vor drei Tagen ausverkauft gewesen. Losgefahren ist er am Mittwochabend um 18 Uhr.
Bald dürften viele weitere Kriegsflüchtlinge folgen.
Doch die Straßen sind hoffnungslos überfüllt. Wer mit dem Auto aus den Städten raus und auf das Land will, muss warten. Oft stundenlang.
"Uns bedrohen Krieg und Horror"
In Warschau leben viele Menschen aus der Ukraine. Sie wollen nun ihre Familien zu sich holen und in Sicherheit bringen.
Eine Frau, die ihre Familie am Donnerstag vom Bahnsteig abholen will, ist verzweifelt: Nur ihr jüngerer Sohn hat sich auf den Weg zu ihr ins Nachbarland gemacht. "Mein älterer Sohn will zur Armee gehen", erzählt sie "Gazety Wyborcza". Ihre Mutter wolle ebenfalls nicht mitkommen.
Auch ein Ehepaar ist mit seinem kleinen Sohn (3) in Warschau angekommen. Die Fahrkarten haben sie erst gekauft, "als wir sicher waren, dass der Krieg beginnen wird". Die Familie hofft auf ein Visum.
Und auch Liudmila Gireyeva (64) will zu ihrer Tochter nach Polen. Was könnte schlimmer sein als Krieg und Schrecken, sagte sie gegenüber Metro. Eine andere Frau fügte hinzu: "Uns bedrohen hier Krieg und Horror. Nichts könnte schlimmer sein."
Unterdessen hat die ukrainische Regierung die verbliebene Bevölkerung aufgerufen, zu Hause zu bleiben und sich bei Gefahr in Luftschutzbunkern in Sicherheit zu bringen.
Auch Deutschland hat der Ukraine seine Unterstützung zugesichert und will geflüchtete Menschen aufnehmen
Titelfoto: Emilio Morenatti/AP/dpa