Er war schon im Krieg! Sachse rettet Hunde aus der Ukraine

Medyka/Chemnitz - Es ist schon dunkel, als Sascha Winkler seinen weißen Kleinbus auf den Hof eines verlassenen Landwirtschaftsbetriebs im ostpolnischen Medyka lenkt. Aus dem Laderaum dringt lautes Gebell, ängstliches Kläffen und flehendes Winseln. "Ich habe 23 Hunde, ganz viele Welpen", ruft Winkler.

Dominik Nawa legt auf einem verlassenen Landwirtschaftsbetrieb nahe der Grenze zur Ukraine einen aus der Ukraine geretteten Hund in eine Box.
Dominik Nawa legt auf einem verlassenen Landwirtschaftsbetrieb nahe der Grenze zur Ukraine einen aus der Ukraine geretteten Hund in eine Box.  © Sebastian Gollnow/dpa

Noch vor dem Morgengrauen ist der Tierschützer losgefahren, um zurückgelassene Hunde aus der vom Krieg erschütterten Ukraine zu retten. Jetzt ist er endlich zurück in Polen - und die Tiere sind in Sicherheit.

Sie können vorerst in einem improvisierten Tierheim bleiben, das die polnische Stiftung Centaurus auf dem stillgelegten Bauernhof in Medyka eingerichtet hat.

Knapp zwei Kilometer von den Stallungen des verlassenen Bauernhofs entfernt spielen sich menschliche Tragödien ab. Am Übergang Medyka-Schehyni an der polnisch-ukrainischen Grenze kommen täglich Zehntausende Ukraine-Flüchtlinge an.

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Sie fliehen vor den russischen Raketen und Bomben, die ihre Heimat zerstören. 1,7 Millionen Geflüchtete hat der polnische Grenzschutz seit Kriegsbeginn gezählt.

"Wenn die Menschen fliehen müssen, lassen viele ihre Haustiere zurück", sagt Sascha Winkler. Für den 35-jährigen Geschäftsmann aus Chemnitz ist es schon die zwölfte Tierrettungsfahrt in die Ukraine. In den überfüllten Zügen, die die Flüchtlinge aus der Ukraine bringen, sei häufig kein Platz für Hunde und Katzen.

"Vor allem die Mitnahme von Hündinnen mit Welpen ist praktisch unmöglich." Es gebe in der Ukraine örtliche Tierheime und Tierschützer, die die herrenlosen Vierbeiner aufnehmen, sagt Winkler. Doch deren Möglichkeiten sind ausgeschöpft.

"Ich habe Schlimmeres gesehen", sagt der Chemnitzer

Nach dem Angriff russischer Truppen auf die Ukraine schaffen deutsche Tierretter verlassene Tiere aus dem Land.
Nach dem Angriff russischer Truppen auf die Ukraine schaffen deutsche Tierretter verlassene Tiere aus dem Land.  © Sebastian Gollnow/dpa

Deshalb ist er gemeinsam mit zwei anderen Fahrern am Morgen aufgebrochen, um gespendetes Tierfutter in die Ukraine zu bringen und Hunde aus den Orten Brody und Radechiw in der Nähe von Lwiw abzuholen.

Angst vor dem Krieg hat Winkler nicht, wie er sagt. "Ich war mit der Bundeswehr in Afghanistan, ich habe Schlimmeres gesehen."

Dominik Nawa hat in seinem blauen Transporter fünf Hunde aus der westukrainischen Stadt Stryj mitgebracht. "Vier Welpen und ihre Mutter. Eine Frau hat sie angebunden vor der Kirche in Stryj gefunden", sagt der 46-Jährige, der in Schlesien einen Gnadenhof für Pferde, Esel und Ziegen führt.

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Ein Dutzend Freiwillige aus Polen, der Ukraine, Deutschland und den USA helfen, die mit Wolldecken verhüllten Gitterkäfige aus den Lieferwagen auszuladen.

Es sind viele Hundebabys mit ihren Müttern dabei. Die Tierschützer streicheln die verängstigten Welpen, tragen sie behutsam in beheizte Container.

"Meine Oma musste als Kind auch fliehen und konnte ihren schwarzen Spitz nicht mitnehmen. Das hat sie nie losgelassen - immer wieder sprach sie von ihrem 'Mohrchen'", erzählt die Münchnerin Stefanie Seelmann. Und leise fügt sie hinzu: "Was können die Hunde dafür?"

Ein privates Tierheim in Deutschland nimmt die Hunde auf

Eine der Helferinnen hält einen geretteten Welpen im Arm.
Eine der Helferinnen hält einen geretteten Welpen im Arm.  © Sebastian Gollnow/dpa
Die aus den westukrainischen Orten Brody und Radechiw geretteten Hunde werden in einem Transporter nach Polen gebracht.
Die aus den westukrainischen Orten Brody und Radechiw geretteten Hunde werden in einem Transporter nach Polen gebracht.  © Sebastian Gollnow/dpa
In einem verlassenen Bauernhof in Polen, nahe der ukrainischen Grenze, haben Tierschützer ein provisorisches Tierheim eingerichtet.
In einem verlassenen Bauernhof in Polen, nahe der ukrainischen Grenze, haben Tierschützer ein provisorisches Tierheim eingerichtet.  © Sebastian Gollnow/dpa
Die geretteten Hunde sollen später an neue Besitzer vermittelt werden.
Die geretteten Hunde sollen später an neue Besitzer vermittelt werden.  © Sebastian Gollnow/dpa
Auch den Tieren sieht man die Angst in diesem Krieg an.
Auch den Tieren sieht man die Angst in diesem Krieg an.  © Sebastian Gollnow/dpa

Das improvisierte Tierasyl in Medyka ist für die Hunde und die Katzen, die hier auch aufgenommen werden, nur eine Übergangsstation.

Paul ist aus Dresden gekommen, um Tiere nach Deutschland mitzunehmen. "So viele, wie in mein Auto passen." Zu Hause hat er ein privates Tierheim gefunden, das sie aufnehmen wird.

Und ein paar Herrchen und Frauchen, die sich schon auf ihren neuen Liebling freuen.

Titelfoto: Montage: Sebastian Gollnow/dpa (2)

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