Ukraine-Krieg: Russland hat erneut Kontrolle über Ereignisse verloren

Ukraine - Die antisemitischen Ausschreitungen im Süden Russlands haben international für Entsetzen gesorgt. In der Ukraine werden sie zudem als Machteinbuße Moskaus gewertet.

Menschen laufen und rufen antisemitische Parolen auf einem Flugfeld des Flughafens in Machatschkala, Russland.
Menschen laufen und rufen antisemitische Parolen auf einem Flugfeld des Flughafens in Machatschkala, Russland.  © Uncredited/AP/dpa

Nach den antisemitischen Gewaltexzessen in der russischen Teilrepublik Dagestan hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (45) Moskau einen erneuten Kontrollverlust bescheinigt.

Kremlchef Wladimir Putin hingegen nutzte die Ausschreitungen im Süden seines Landes, um dem Westen Vorwürfe zu machen und seinen eigenen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu rechtfertigen.

Und die Niederlande versprechen Kiew eine schnelle Lieferung der zugesagten F-16-Kampfjets. Im Osten und Süden der Ukraine halten die schweren Kämpfe an. Unter besonders heftigem Beschuss steht weiter die bereits völlig zerstörte Stadt Awdijiwka im Donezker Gebiet, die Russlands Armee besetzen will.

Ukrainer in Bayern vermutlich von Russe getötet: Opfer waren im Krieg verletzte Soldaten
Ukraine Ukrainer in Bayern vermutlich von Russe getötet: Opfer waren im Krieg verletzte Soldaten

Die Ukraine wehrt seit mehr als 20 Monaten eine russische Invasion ab. Das ukrainische Militär zählt am heutigen Dienstag den 615. Tag des Krieges.

Alle aktuellen Entwicklungen in der Ukraine findet Ihr hier.

30. Oktober, 21.35 Uhr: Selenskyj: Russland hat erneut Kontrolle über Ereignisse verloren

Nach den antisemitischen Gewaltexzessen in der russischen Teilrepublik Dagestan hat der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskyj, Moskau einen erneuten Kontrollverlust bescheinigt.

Russland habe all seine Kräfte mobilisiert, um in seinem schon seit mehr als 20 Monaten andauernden Angriffskrieg besetzte ukrainische Gebiete zu halten, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache am Montag. "Doch dabei haben sie ihr eigenes Staatsgebiet mit einem solchen Ausmaß an Hass und Erniedrigung verseucht, dass Russland bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr die Kontrolle über die Ereignisse verliert", meinte der ukrainische Staatschef, der selbst jüdische Wurzeln hat.

30. Oktober, 20.36 Uhr: Putin nutzt antisemitische Ausschreitungen für Vorwürfe gegen Westen

Kremlchef Wladimir Putin hat die antijüdischen Ausschreitungen in der russischen Teilrepublik Dagestan für Vorwürfe gegen den Westen genutzt.

Die Ereignisse in Dagestans Hauptstadt Machatschkala seien nicht zuletzt von ukrainischem Gebiet aus inspiriert worden, "durch die Hände westlicher Geheimdienste", sagte Putin am Montagabend bei einer Sitzung zur Sicherheitslage Russlands, die in Ausschnitten im Staatsfernsehen übertragen wurde. Belege für die Behauptung einer angeblich ausländischen Steuerung des Vorfalls im muslimisch geprägten Nordkaukasus legte er nicht vor.

Einmal mehr hingegen rechtfertigte der 71-Jährige in diesem Zusammenhang seinen eigenen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Wer gerade wirklich für Wahrheit und Gerechtigkeit kämpfe, seien Russlands Soldaten, sagte Putin, gegen den wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine bereits ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs erlassen wurde.

Vor dem Hintergrund des Gaza-Kriegs war es in Machatschkala am Sonntagabend zu beispiellosen antisemitischen Gewaltexzessen gekommen, bei denen etwa 20 Menschen verletzt wurden. Eine aufgebrachte Menge stürmte den Flughafen der Stadt, als dort ein Flugzeug aus Israel ankam. Passagiere berichteten, sie seien mit Steinen beworfen worden. Die Polizei gab Warnschüsse ab. Die Übergriffe lösten international Bestürzung aus.

Wladimir Putin (71), Präsident von Russland.
Wladimir Putin (71), Präsident von Russland.  © Gavriil Grigorov/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa

30. Oktober, 19.53 Uhr: Französische Fahnder nehmen russischen Oligarchen in Gewahrsam

Französische Ermittler haben den im Zuge des Ukraine-Kriegs mit Sanktionen belegten russischen Oligarchen Alexej Kusmitschow in Polizeigewahrsam genommen.

Im Rahmen einer Vorermittlung unter anderem wegen Geldwäsche, Steuerbetrug und der Verletzung internationaler Sanktionen habe es an mehreren Orten Hausdurchsuchungen gegeben, bestätigte die Finanzstaatsanwaltschaft am Montag in Paris der Deutschen Presse-Agentur. Durchsuchungen gab es demnach in Südfrankreich und in der Pariser Wohnung von Kusmitschow. Der Oligarch befinde sich weiterhin in Gewahrsam.

Kusmitschow gilt als prominentes Mitglied der russischen Finanzelite und ist mit der Alfa Gruppe verbunden, einem der größten Finanz- und Industriekonzerne in Russland. Wie die Zeitung "Le Monde" am Montag berichtete, besitzt der Oligarch Jachten und Immobilien in Frankreich. Am Montag sei auch seine Villa im südlichen Saint-Tropez durchsucht worden.

Kusmitschow zähle zu den einflussreichsten Personen in Russland und habe einen guten Draht zu Präsident Wladimir Putin, schrieb die Zeitung weiter. Angesichts der gegen ihn verhängten Sanktionen hätte Kusmitschow sich eigentlich nicht mehr in der EU aufhalten dürfen.

30. Oktober, 18.33 Uhr: Ukraine weist Moskauer Vorwürfe zu Ausschreitungen in Dagestan zurück

Die Ukraine hat russische Vorwürfe zurückgewiesen, die antisemitischen Exzesse in der Teilrepublik Dagestan im Nordkaukasus angestachelt zu haben.

"Die Vorgänge in Machatschkala spiegeln den tief verwurzelten Antisemitismus der russischen Eliten und Gesellschaft wider", schrieb der ukrainische Außenamtssprecher, Oleh Nikolenko, am Montag bei Facebook. Moskau versuche mit seinen Vorwürfen gegen Kiew nur, die Verantwortung abzuschieben. Der Aufruhr sei vielmehr Folge der "russischen Staatspropaganda, die jahrzehntelang unter den Russen das Gefühl von Hass gegen andere Völker kultivierte".

30. Oktober, 18.32 Uhr: Niederlande versprechen Ukraine schnelle F-16-Lieferung

Die Niederlande wollen innerhalb der nächsten zwei Wochen der Ukraine die zugesagten Kampfflugzeuge zur Verfügung stellen.

Die F-16 würden in zwei Wochen im Trainingszentrum in Rumänien sein, teilte Ministerpräsident Mark Rutte am Montag auf der Plattform X - früher Twitter - mit. In Rumänien sollen ukrainische Piloten für diese Maschinen ausgebildet werden. "Das bedeutet, dass die Ausbildungen der ukrainischen Piloten schnell beginnen können," schrieb Rutte.

Rutte sicherte dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die feste Unterstützung der Niederlande zu. "Die schreckliche Situation in Israel und Gaza lenken uns davon nicht ab."

30. Oktober, 18.28 Uhr: Russische Behörden versteigern Selenskyjs Wohnung auf der Krim

Russlands Behörden haben einem Medienbericht zufolge die Wohnung der Familie des ukrainischen Präsidenten, Wolodymyr Selenskyj, auf der von Moskau annektierten Halbinsel Krim versteigert.

Bei einer Auktion sei die Immobilie für 44,3 Millionen Rubel (440.000 Euro) versteigert worden, berichtete die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass am Montag. Das liegt rund 200.000 Euro über dem Startpreis. Insgesamt habe es nur zwei Bieter gegeben. Die etwa 120 Quadratmeter große Wohnung im Luxus-Kurort Jalta war 2023 von den russischen Behörden verstaatlicht worden.

Offiziell gehörte die Wohnung Olena Selenska, der Ehefrau Selenskyjs. Es handelt sich laut Tass um ein Drei-Zimmer-Apartment mit Blick auf das Schwarze Meer und den Liwadija-Palast. Selenska hatte die Immobilie 2013 gekauft. Damals verdiente Selenskyj noch als Schauspieler und Kabarettist sein Geld.

Die Enteignung in diesem Jahr war durch eine Gesetzänderung und einen einstimmigen Beschluss des Krim-Parlaments ermöglicht worden. Ein Teil der Einnahmen könnte nach Medienberichten in den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine fließen.

Die Käuferin, die Moskauerin Olga Lipowezkaja, zeigte sich unbeeindruckt von der Vorgeschichte der Wohnung und ihrem Vorbesitzer. Sie habe die Wohnung lediglich wegen der guten Lage und des Klimas gekauft, sagte sie dem Nachrichtenportal Mash.

Wolodymyr Selenskyj (45), Präsident der Ukraine.
Wolodymyr Selenskyj (45), Präsident der Ukraine.  © Eric Lalmand/belga/dpa

30. Oktober, 16.53 Uhr: Tote und Verletzte bei russischen Angriffen auf Cherson und Odessa

Im Süden der Ukraine sind nach ukrainischen Angaben am Montag mindestens zwei Menschen durch russischen Beschuss getötet und ein Dutzend weitere verletzt worden.

Am Nachmittag trafen russische Geschosse in einem Dorf in der Region Cherson ein Lagerhaus, töteten einen Mann und verletzten einen weiteren, wie der regionale Militärgouverneur Olexander Prokudin angab. Zuvor beschoss die russische Armee in der gleichnamigen Regionshauptstadt Cherson einen Bus und in dem sieben Passagiere verwundet wurden.

Prokudin zufolge starb in der Nacht zudem eine ältere Frau in der Stadt, nachdem ihre Wohnung in einem mehrstöckigen Wohnhaus getroffen wurde.

In mindestens vier Ortschaften der Region Cherson fiel die Stromversorgung nach feindlichem Beschuss aus. Auch die benachbarte Region Odessa wurde zum Ziel russischer Angriffe. So traf ein Marschflugkörper vom Typ Iskander nach Angaben des ukrainischen Militärs im Morgengrauen ein Schiffsreparaturwerk in der Hafenstadt Odessa und verletzte vier Mitarbeiter.

30. Oktober, 15.49 Uhr: Großbritannien: Unklar, ob Russland mehr Frauen an Front einsetzt

Für Russland sind nach Einschätzung des britischen Verteidigungsministeriums im Krieg gegen die Ukraine bisher kaum Frauen im Kampfeinsatz gewesen.

"Frauen haben im aktuellen Konflikt bei den prorussischen Kräften selten an der Front gekämpft", teilten die Briten am Montag mit. Während des Zweiten Weltkriegs habe es dagegen eine starke Tradition von weiblichen Scharfschützinnen und anderen Kämpferinnen bei den sowjetischen Streitkräften gegeben.

Die Briten blickten in ihrem täglichen Update beim Kurznachrichtendienst X auf die dem russischen Verteidigungsministerium unterstehende Söldnereinheit Redut, die mit Anzeigen in sozialen Medien nun gezielt Frauen für Kampfeinsätze rekrutieren wolle. "Es bleibt unklar, ob die offiziellen russischen Streitkräfte dem Beispiel folgen werden und mehr Kampfpositionen für Frauen öffnen", schrieben die Briten.

Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu habe im März gesagt, dass etwa 1100 Frauen in der Ukraine stationiert seien, was nur 0,3 Prozent der Streitkräfte entspreche, teilten die Briten mit. Der Anzeige von Redut zufolge würden sie derzeit vor allem für die medizinische Versorgung und die Verpflegung eingesetzt.

30. Oktober, 14.57 Uhr: Ukrainer lehnen Wahlen während des Krieges mehrheitlich ab

Eine Mehrheit der Ukrainer hat sich in Umfragen gegen die Abhaltung von Wahlen während des russischen Angriffskrieges ausgesprochen.

Einer Veröffentlichung des Kiewer Internationalen Instituts für Soziologie vom Montag zufolge sind 81 Prozent der befragten Ukrainer für Wahlen erst nach Kriegsende. Für die Abhaltung von Parlaments- und Präsidentschaftswahlen gemäß der in der Verfassung festgelegten Fristen waren demnach nur 16 Prozent der Befragten.

Hintergrund ist, dass am vergangenen Sonntag gemäß der ukrainischen Verfassung reguläre Parlamentswahlen hätten stattfinden müssen. Das geltende Kriegsrecht sieht jedoch keine Wahlen vor. Reguläre Präsidentschaftswahlen müssten laut Verfassung eigentlich am 31. März kommenden Jahres stattfinden. International war Kiew mehrfach zur Durchführung von Wahlen aufgefordert worden.

Allerdings lehnen ukrainische Politiker bisher Gesetzesänderungen ab - unter Verweis auf Probleme bei der Wahlorganisation. Unklar sei, wie unter Kriegsrecht ein normaler Wahlkampf organisiert und im Hinblick auf Millionen Flüchtlinge im In- und Ausland die Beteiligung aller Wahlberechtigten ermöglicht werden könne.

30. Oktober, 13.55 Uhr: Kiew führt kombinierten Drohnen- und Raketenangriff auf Krim aus

Bei einem Angriff mit Wasserdrohnen und Raketen hat das ukrainische Militär nach eigenen Angaben auf der Schwarzmeerhalbinsel Krim einen Stützpunkt der russischen Flugabwehr getroffen.

Es sei "erfolgreich ein strategisch wichtiges Objekt der Flugabwehr an der Westküste" der von Russland 2014 annektierten Krim beschossen worden, heißt es in einer Mitteilung der Streitkräfte vom heutigen Montag. Medien zufolge wurde eine Stellung nahe der Ortschaft Oleniwka von Raketen des US-Typs ATACMS getroffen, wobei 17 Soldaten verletzt und fünf Fahrzeuge beschädigt worden sein sollen. Moskau hat dies offiziell nicht bestätigt.

Stattdessen meldeten die russischen Behörden die Abwehr eines Angriffs von Wasserdrohnen in der Nacht. Kräfte der Schwarzmeerflotte hätten in der Nacht vor der Küste eine Drohnenattacke unterbunden, teilte der von Moskau eingesetzte Gouverneur der Hafenstadt Sewastopol, Michail Raswoschajew, am Montag auf Telegram mit.

Titelfoto: Uncredited/AP/dpa

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