Rätsel um diesen Dinosaurier: Ergebnis stellt jahrzehntelange Forschung auf den Kopf

Von Stefan Parsch

Raleigh (USA) – Eine gründliche Analyse von Dino-Knochen räumt mit einem langjährigen Irrtum um Tyrannosaurus rex auf.

Der Schädel des Nanotyrannus unterscheidet sich von dem des T-Rex. Der Nanotyrannus hat unter anderem andere Nervenmusterund mehr Zähne.
Der Schädel des Nanotyrannus unterscheidet sich von dem des T-Rex. Der Nanotyrannus hat unter anderem andere Nervenmusterund mehr Zähne.  © NC Museum of Natural Sciences/Nature/dpa

Bisher galten Fossilien von Nanotyrannus lancensis für viele Wissenschaftler als eine jugendliche Form des T-Rex. Nun präsentiert ein US-Team im Fachjournal "Nature" eine überwältigende Liste an Beweisen, warum dies äußerst unwahrscheinlich ist.

Lindsay Zanno und James Napoli vom North Carolina Museum of Natural Sciences in Raleigh (North Carolina) stießen bei der Untersuchung Hunderter Fossilien zudem auf eine bislang ganz unbekannte Dinosaurier-Art.

Für Zanno ist die Publikation auch das Eingeständnis eines Irrtums: Sie gehörte zu dem Team, das 2020 eine Studie im Fachjournal "Science Advances" veröffentlichte, in der die Fossilien der Art Nanotyrannus lancensis dem T-Rex zugeordnet wurden.

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Ein Grund für ihre Zweifel an der These könnte eine Studie im Fachmagazin "Fossil Studies" vom Januar 2024 gewesen sein: Darin beschrieben andere Forschende unter anderem das Fossil eines tatsächlichen jugendlichen T-Rex und zeigten auf diese Weise, dass die Nanotyrannus-Fossilien nichts mit dem T-Rex zu tun haben.

Das Referenzexemplar von Nanotyrannus lancensis wurde bereits 1946 beschrieben und damals Gorgosaurus lancensis genannt. Erst weitere Untersuchungen im Jahr 1988 führten zur Umbenennung in Nanotyrannus lancensis.

Doch es war unter den Experten umstritten, ob es sich tatsächlich um eine eigenständige Art handelt, denn die Ähnlichkeiten der wenigen vorhandenen Fossilien mit dem T. rex waren groß. 2013 wurden die Fossilien eines Nanotyrannus lancensis (Raubsaurier) und eines Triceratops (Pflanzenfresser) als "duellierende Dinosaurier" in einer umstrittenen Auktion angeboten – Wissenschaftler forderten deren Überführung in ein Museum.

Die genaue Untersuchung des weitgehend vollständigen Raubsaurier-Fossils brachte Zanno und Napoli nun zu der Erkenntnis, dass N. lancensis eine eigenständige Art ist. "Dieses Fossil beendet nicht nur die Debatte – es stellt die jahrzehntelange Forschung zu T. rex auf den Kopf", wird Zanno in einer Mitteilung der North Carolina State University in Raleigh zitiert, an der sie Professorin ist.

Noch unbekannte Dino-Art ermittelt

Auf dieser Illustration attackiert ein Rudel des Nanotyrannus einen jungen Tyrannosaurus Rex.
Auf dieser Illustration attackiert ein Rudel des Nanotyrannus einen jungen Tyrannosaurus Rex.  © Anthony Hutchings/Nature/dpa

Weil Wissenschaftler jahrelang Nanotyrannus-Fossilien nutzten, um das Wachstum des T. rex zu rekonstruieren, sind zahlreiche vermeintliche Kenntnisse über das Erwachsenwerden des T. rex vermutlich unzutreffend.

"Damit Nanotyrannus ein junger Tyrannosaurus rex gewesen sein könnte, müsste er allem widersprechen, was wir über das Wachstum von Wirbeltieren wissen. Das ist nicht nur unwahrscheinlich – es ist unmöglich", sagte Napoli.

Bei der Untersuchung von mehr als 200 Tyrannosaurus- und Nanotyrannus-Fossilien stellten die Forscher fest, dass ein Fossil mit der Fachbezeichnung BMRP 2002.4.1, das bisher als T-Rex oder N. lancensis kategorisiert wurde, eine bislang unbekannte Art darstellt: Nanotyrannus lethaeus.

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Der Artname ist benannt nach dem Fluss Lethe in der Unterwelt der griechischen Mythologie. Während N. lancensis vermutlich etwa 700 Kilogramm schwer war, brachte es N. lethaeus wahrscheinlich auf mehr als 1200 Kilogramm. Auch weitere körperliche Merkmale sprechen für eine eigenständige Art.

Titelfoto: NC Museum of Natural Sciences/Nature/dpa

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