Animationsfilm für Anne Franks Tagebuchfreundin: Was wäre, wenn Kitty heute leben würde?

Dresden - Mit "Liebe Kitty" begann Anne Frank ab 1942 die Einträge in ihr weltberühmtes Tagebuch. Jetzt wählt ein Animationsfilm eine tollkühn klingende Prämisse: Was wäre, wenn diese imaginäre Freundin in der Gegenwart lebte und sich auf die Spuren ihrer Erfinderin machte? Der israelische Regisseur Ari Folman (60) macht dieses Experiment. Seine jugendgerechte Holocaust-Annäherung "Wo ist Anne Frank" kommt am Donnerstag in die Kinos.

Macht Tagebuchfreundin Kitty lebendig: Regisseur Ari Folman (60) vor dem Plakat seines Films "Wo ist Anne Frank".
Macht Tagebuchfreundin Kitty lebendig: Regisseur Ari Folman (60) vor dem Plakat seines Films "Wo ist Anne Frank".  © dpa/Hannes P. Albert

Das "Tagebuch der Anne Frank" zählt zu den bedeutendsten historischen und literarischen Mahnmalen wider den NS-Terror und die Verfolgung und Vernichtung von Juden in Deutschland. Kann man dieses Werk in Form eines bunten Animationsfilmes aufbereiten? Darf man das?

Unbedingt, findet Ari Folman, der den Film "Wo ist Anne Frank" nach der von ihm mit der Zeichnerin Lena Guberman entwickelten Graphic Novel gedreht hat.

Der israelische Regisseur kennt sich damit aus. 2008 hatte Folman die animierte Dokumentation "Waltz with Bashir" in die Kinos gebracht, eine gezeichnete Geschichte des blutigen Libanonkrieges, die für den Oscar nominiert wurde.

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In seinem neuen Film stellt er nun eine gewagte Hypothese auf: Anne Franks imaginäre Freundin Kitty, an die die Autorin im Versteck vor den Nazis ihre Aufzeichnungen adressiert hatte, wird lebendig und fragt sich mit Freund Peter im heutigen Amsterdam, was uns die Tagebuchschreiberin noch bedeutet.

In der Begegnung mit Geflüchteten, die wie einst Anne Franks Familie jederzeit - wegen Abschiebung - "abgeholt" werden könnten, findet die Geschichte dabei einen gewagten Zugang in die Gegenwart.

"Wo ist Anne Frank" spielt mit Historien-Film-Klischee

Ihr Erbe bleibt wohl ewig aktuell: Anne Frank (1929-1945).
Ihr Erbe bleibt wohl ewig aktuell: Anne Frank (1929-1945).  © imago/Leemage

Ari Folman hat zusammen mit dem Anne Frank Fonds in Basel nach einem Mittel gesucht, um ein jüngeres Publikum für das so schwere Thema des Holocaust anzusprechen. Man habe die Idee eines Animationsfilmes gezielt an ihn herangetragen.

Folman sagt im Presseheft zum Film: "Daraufhin entstand die Idee, Kitty aufleben zu lassen und sie zur Hauptfigur des Films zu machen."

Anders als in historischen Filmen üblich wird die Gegenwart schwarzweiß, die Nazi-Vergangenheit bunt dargestellt, auch die Ankunft der Familie Frank im KZ. Für Folman die schwierigste Szene.

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Die Frage war: "Wie können wir Kindern diesen historischen Augenblick nahebringen? Das Animationsgenre eröffnete uns sehr viele Möglichkeiten."

Folman erzählt die Schrecken des Holocaust mit Emotion und Humor als Dialog zwischen Anne und Kitty.

Er ist überzeugt, dass das "zutiefst menschliche" Tagebuch die heutige, engagierte junge Generation neu erreichen kann. "Durch Kitty", sagt er, "wird die Geschichte vervollständigt, die Anne nicht zu Ende schreiben konnte."

Titelfoto: Montage: IMAGO/Leemage, dpa/Hannes P. Albert

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