"Sea of Shadows": Mexikanische Kartelle und die chinesische Mafia zerstören das Leben im Meer rücksichtslos!

Deutschland - Heftiger Dokumentarfilm! "Sea of Shadows" läuft hierzulande nach seiner deutschen TV-Premiere am 2. Mai nun auch seit dem heutigen 23. Juli in den Kinos. Lest hier noch einmal die komplette TAG24-Kritik des Werkes, das den Krieg im Golf von Kalifornien in den Mittelpunkt stellt. 

Der Totoaba-Umberfisch wird wegen seiner Schwimmblase bis zur Ausrottung gejagt.
Der Totoaba-Umberfisch wird wegen seiner Schwimmblase bis zur Ausrottung gejagt.  © PR/National Geographic

Dort entstand aufgrund eines Aberglaubens ein millionenschwerer Schwarzmarkt. 

Denn in China werden der Schwimmblase des vom Aussterben bedrohten Totoaba-Umberfischs Heil- und Anti-Aging-Kräfte nachgesagt. 

Da sie ein äußerst seltenes Gut ist, sind die Preise extrem hoch. Bis zu 100.000 US-Dollar kann eine Blase in China kosten, wird im Film gesagt. Die Gewinnspannen der Verkäufer sind dementsprechend gewaltig.

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Bei ihnen handelt es sich mittlerweile um entsprechende Organisationen: mexikanische Kartelle. Sie gaben der Schwimmblase einen eingängigen Namen, der sich schnell verbreitete: "Das Kokain des Meeres".

Darüber hinaus arbeiten sie auch mit der chinesischen Mafia zusammen. Die Kartelle nehmen keinerlei Rücksicht auf das wunderschöne Meeresgebiet, das der berühmte Forschungspionier Jacques-Yves Cousteau einst "das Aquarium der Welt" nannte. 

Sie lassen ihre Leute, Schmuggler und Fischer Tausende Kiemennetze in der See von Cortés auslegen, die dort alles Leben zu zerstören drohen. 

Trailer zur preisgekrönten Doku "Sea of Shadows", die u.a. von Leonardo DiCaprio produziert wurde

Vacquitas sind in "Sea of Shadows" ein Symbol dafür, wie die Menschen die Erde zerstören

Die Vaquitas sind vom Aussterben bedroht. Sie selbst werden gar nicht gejagt, verenden aber als Beifang der Totoabas jämmerlich in Kiemennetzen.
Die Vaquitas sind vom Aussterben bedroht. Sie selbst werden gar nicht gejagt, verenden aber als Beifang der Totoabas jämmerlich in Kiemennetzen.  © PR/National Geographic

Denn die Netze bekamen ihren Namen, weil die Fische mit den Kiemen in den Maschen hängen bleiben, gefangen sind und dadurch jämmerlich ertrinken - wie zum Beispiel die Kalifornischen Schweinswale, die zum Luftholen regelmäßig an die Wasseroberfläche müssen (TAG24 berichtete).

Um sie geht es in dieser brisanten Doku hauptsächlich. Denn von ihnen gibt es laut dem Presseheft zum Film weniger als 15 lebende Tiere, weil sie oft als Beifang verenden, nur ein einzelnes Junges auf die Welt bringen, das zehn bis elf Monate ausgetragen wird.

Kein Meeressäuger der Welt ist gefährdeter. Und die kleinste Walart der Welt ist ein globales Sinnbild dafür, wie die Menschen den Planeten zerstören.

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Der investigative Fernsehjournalist Carlos Loret de Mola spricht zum Beispiel wütend von Verbrechen, Korruption und politischen Konflikten, die diese Situation begünstigen.

Er nennt es "eine Schande", wenn man zulassen sollte, dass eine Art in Mexiko im 21. Jahrhundert vor den Augen der Weltöffentlichkeit einfach aus Profitgier und Habsucht ausgerottet wird.

Doch wer steckt hinter alldem? Wer ist "El Chapo" der Totoaba? Auch diese Antwort wird gegeben: Oscar "El Patron" Parra Aispuro, der die entsprechenden Menschen bestach, mordete und so mächtig wurde, dass alle nur noch an ihn verkaufen durften.

Der Drohnenpilot der "Sea Shepherd", Jack Hutton, und die Besatzung konnten diesen Totoaba nur noch tot aus einem Kiemennetz bergen. Im Hintergrund sind zwei Soldaten zu sehen, die das Schiff und die Menschen vor den Wilderern schützen.
Der Drohnenpilot der "Sea Shepherd", Jack Hutton, und die Besatzung konnten diesen Totoaba nur noch tot aus einem Kiemennetz bergen. Im Hintergrund sind zwei Soldaten zu sehen, die das Schiff und die Menschen vor den Wilderern schützen.  © PR/National Geographic

Die Umweltschutzorganisation "Sea Shepherd" kämpft in "Sea of Shadows" für die Tiere

800 illegale Netze hat "Sea Shepherd" bereits aus dem Golf von Mexiko gezogen.
800 illegale Netze hat "Sea Shepherd" bereits aus dem Golf von Mexiko gezogen.  © PR/National Geographic

Die Drogen stehen gar nicht mehr im Fokus, denn die Totoabas finden die Kartelle sozusagen direkt vor ihrer Haustür. Doch ihnen wird zum Glück keinesfalls freie Hand gelassen. 

Wissenschaftler, Naturschützer, Journalisten,  Undercover-Agenten, die mexikanische Regierung und die Umweltschutzorganisation Sea Shepherd ("Meereshirte") kämpfen gemeinsam mit einigen lokalen Fischern gegen die Wilderei.

Die Besatzung des Schiffes der "Sea Shepherd" entfernt dabei so viele illegale Netze wie möglich. Die noch lebenden Tiere werden gerettet.

Das wiederum kostet die Verbrecher viel Geld, weshalb der Hass auf Sea Shepherd groß ist und die Besatzung von bewaffneten Soldaten beschützt werden muss.

Immer wieder entdecken sie auch sogenannte "Geisternetze", also solche, die von Wilderern vergessen werden und dann bis zu ihrer Entdeckung im Meer treiben. Diese "Wände des Todes" kosten unzählige Tiere das Leben.

All diese Aspekte und noch viele mehr arbeitet der österreichische Regisseur Richard Ladkani ("The Ivory Coast") in seinen vollgepackten Film ein, den er als sein bisher gefährlichstes Projekt bezeichnet. 

"Sea of Shadows" hat Schwächen, ist aber dennoch eine beeindruckende Doku geworden

Die Umweltschutzorganisation "Sea Shepherd" kämpft gegen die Wilderer und Kartelle, was mitunter gefährliche Situationen zur Folge hat.
Die Umweltschutzorganisation "Sea Shepherd" kämpft gegen die Wilderer und Kartelle, was mitunter gefährliche Situationen zur Folge hat.  © PR/National Geographic

Doch dadurch fällt es teilweise schwer, den Überblick zu behalten, weil der preisgekrönte Filmschaffende zwar viele interessante Menschen zu Wort kommen lässt, deren Name und Funktion aber nur einmal kurz zu Beginn eingeblendet wird.

Dazu fehlt "Sea of Shadows" zumindest phasenweise der Fokus, er nimmt sehr viele Abzweigungen, weshalb der Tiefgang und die nachhaltige Wirkung von so herausragenden Genre-Vertretern wie "Die Bucht" oder "Sharkwater - Wenn Haie sterben" fehlen.

Dennoch ist Ladkani eine wichtige und über weite Strecken auch beeindruckende Doku gelungen, die anhand eines Beispiels viele Probleme der globalisierten und auf Kapitalismus ausgelegten Welt verdeutlicht.

Denn hier wird im wahrsten Sinne des Wortes für Geld über Leichen gegangen, was möglicherweise zur Folge hat, dass eine ganze Spezies für immer ausgelöscht wird.

Durch dieses Wissen gibt es viele nachdenklich stimmende und einige bewegende Szenen. Vor allem aber versteht man die Komplexität und die Bedrohlichkeit der Situation nach den 105 Minuten Laufzeit gut.  

"Sea of Shadows" gewann auf dem Sundance Film Festival 2019 den Publikumspreis

Fischer protestieren gegen das Fangverbot. Ihnen wurde die Lebensgrundlage entzogen, die Zahlungen der Regierungen decken die Verluste nicht. Diese explosive Mischung nutzen die mexikanischen Kartelle für sich aus.
Fischer protestieren gegen das Fangverbot. Ihnen wurde die Lebensgrundlage entzogen, die Zahlungen der Regierungen decken die Verluste nicht. Diese explosive Mischung nutzen die mexikanischen Kartelle für sich aus.  © PR/National Geographic

Dabei hat die Doku mitunter harte Momente, doch sie kommt bei weitem nicht so schonungslos daher wie "Sharkwater" oder "Die Bucht" und erspart den Zuschauern die ganz grausamen Sequenzen bis auf zwei Ausnahmen. 

Dank der investigativen Machart gelingt es ihr, tiefe Einblicke zu gewähren, dadurch bedingt viel Wissen zu vermitteln und den Horizont der Zuschauer zu erweitern.

Auf dem renommierten Sundance Film Festival sahnte "Sea of Shadows" 2019 den Publikumspreis "World Cinema - Documentary" ab und wurde auch von den meisten Kritikern positiv aufgenommen.

Denn diese Dokumentation richtet den Fokus der Öffentlichkeit auf ein Thema, das gerade hierzulande nur selten behandelt wird.

Doch sollte das Aussterben einer Art nicht alle betroffen machen? Mal ganz davon abgesehen, wie unfassbar die Hintergründe der Jagd auf die Totoabas und damit die Vaquitas eigentlich sind.

Schließlich geht es hier um "das Kälbchen des Meeres", einen engen Verwandten der Delfine. Dass "Sea of Shadows" diese scheue Tierart in den Fokus stellt, ist bedeutsam und löblich. Auch wenn das hier keine perfekte Doku geworden ist, lohnt sie sich letztlich aufgrund ihrer bewegenden und universellen Themen. 

Titelfoto: PR/National Geographic

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