"Spiral - Das Ritual": Homosexuelles Pärchen muss um sein Leben fürchten

Berlin - Familienneustart wird zum wahr gewordenen Albtraum! Am 14. Juli erscheint der Horror-Streifen "Spiral - Das Ritual" in den Kinos. Darin wird einem homosexuellen Mann bald klar, dass die neuen Nachbarn ihm und seinem Partner nicht so wohlgesonnen sind, wie es zunächst schien. Der Film gibt sich dabei als mieser "Get Out"-Verschnitt. Die TAG24-Kritik.

Vor allem die letzten Szenen von "Spiral - Das Ritual" sind blutig.
Vor allem die letzten Szenen von "Spiral - Das Ritual" sind blutig.  © Drop-Out Cinema

Malik (Jeffrey Bowyer-Chapman, 37) und Aaron (Ari Cohen, 54) wagen Mitte der 90er Jahre gemeinsam mit Aarons 16-jähriger Tochter Kayla (Jennifer Laporte, 32) einen Neuanfang in einer scheinbar malerischen Kleinstadt.

Das schwule Pärchen hatte es nicht immer einfach: Beide mussten aufgrund ihrer Homosexualität schon schwere Zeiten durchstehen. Speziell in Maliks Vergangenheit gibt es ein besonders düsteres Kapitel.

In ihrer neuen Heimat scheint nun aber alles anders und besser zu sein. Zwar stockt ihre Nachbarin (Chandra West, 51) bei der Begrüßung, als sie erfährt, dass die beiden ein Paar sind, doch nach der kurzen Überraschung scheint sie die Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit in Person zu sein.

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Auch die restliche dörflich-eingeschweißte Gemeinschaft macht den Anschein, als seien die neuen Nachbarn nur allzu herzlich willkommen.

Doch es dauert nicht lang und Malik beginnt Böses zu ahnen. Unter der freundlichen Oberfläche vermutet er brodelnde Vorurteile und Ablehnung. Es kommt zu den ersten homophoben Zwischenfällen.

Aaron schenkt seinem Partner jedoch keinen Glauben. Verkrampft sich Malik wegen seiner schlechten Erfahrungen womöglich etwas zu sehr in seiner vorwurfsvollen Haltung?

Der englische Trailer zu "Spiral - Das Ritual" von Kurtis David Harder

"Spiral - Das Ritual" ist misslungener Queer-Horror

Welche Geheimnisse verbirgt die dörfliche Gemeinschaft?
Welche Geheimnisse verbirgt die dörfliche Gemeinschaft?  © Drop-Out Cinema

Bereits vor vier Jahren wurde der Queer-Horror-Streifen in der kanadischen Provinz Alberta gefilmt. Dauer der gesamten Dreharbeiten: Grade einmal 21 Tage!

Dass der Film von Regisseur Kurtis David Harder über ein relativ geringes Budget verfügte und so hastig gedreht wurde, ist ihm anzumerken. Umso verwunderlicher erscheint, dass er überhaupt noch seinen Weg in die Kinos findet.

Doch das vermeintlich Positive vornweg: Auch 2022 muss es immer noch lobend erwähnt werden, dass "Spiral - Das Ritual" ein homosexuelles Pärchen in das Zentrum der Handlung gestellt hat. Denn noch immer mangelt es in vielen Filmen an Repräsentationen der LGBTQ-Gemeinschaft.

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Gut gemeint ist im Falle eines so sensiblen Themas allerdings nicht gut genug. Denn besonders viel Mühe, den Facetten-Reichtum eines Daseins als Homosexueller im ländlichen Nordamerika der 90er Jahr aufzufangen, gibt sich der Film nicht.

Warum spielt der Horror-Streifen überhaupt vor der Jahrtausendwende? Sind die Akzeptanz-Probleme für Mitglieder der LGBTQ-Community den Produzenten und Drehbuch-Autoren in der heutigen Zeit nicht mehr extrem genug gewesen?

"Spiral - Das Ritual" bedient sich an "Get Out" und scheitert

Die Anwohner der Kleinstadt wirken freundlich, doch verhalten sich merkwürdig.
Die Anwohner der Kleinstadt wirken freundlich, doch verhalten sich merkwürdig.  © Drop-Out Cinema

Dass man mit "Spiral - Das Ritual" Trittbrettfahrer des Erfolges von "Get Out" (2017) sein wollte, verbirgt der Film an keiner Stelle. Doch alles, was der Oscar-prämierte Überraschungshit von Regisseur Jordan Peele (43) in puncto Gesellschaftskritik, Tempo und Erzählform richtig macht, macht "Spiral - Das Ritual" falsch.

Malik wird überstürzt mit dem ihn umgebenden Horror vertraut gemacht. Das Narrativ des sich anschleichenden Grauens scheitert - durch die visuelle Inszenierung ist dem Zuschauer sofort klar, was dem schwulen Pärchen an diesem trostlosen Ort bevorsteht.

Man könnte an dieser Stelle weiter ins Detail darüber gehen, wie sich der Film an anderen Horror-Streifen bedient und wieso er als "Get Out"-Nachahmer dermaßen unbeholfen und oberflächlich daherkommt. Doch die Mühe - so drastisch muss man es wohl formulieren - ist "Spiral - Das Ritual" nicht wert.

Denn zu allem Überfluss ist der Film - und das ist speziell für alle Fans von so richtig schweißtreibendem Horror wichtig, denen die Meta-Ebene und der zeitgenössische Kontext unter Umständen völlig egal sind - überhaupt nicht gruselig!

Malik (Jeffrey Bowyer-Chapman, 37) fühlt sich von Anfang an nicht wirklich wohl in seinem neuen Zuhause.
Malik (Jeffrey Bowyer-Chapman, 37) fühlt sich von Anfang an nicht wirklich wohl in seinem neuen Zuhause.  © Drop-Out Cinema

Nun muss nicht jeder Horror-Film brutal sein und von einem Jump-Scare zum nächsten hetzen, doch braucht es dann zumindest eine tieferliegenden (zum Beispiel gesellschaftlichen, psychologischen oder wenigstens atmosphärischen) Angst-Reiz.

Rassismus und Homophobie sind dafür naheliegende Themen. Allerdings braucht es für deren Behandlung eine besondere Sensibilität, aber auch Intensität, die "Spiral - Das Ritual" nicht leisten kann (oder will).

Der Film wird lediglich als eine billige "Get Out"-Transformation im Gedächtnis bleiben. Es wirkt auch nicht so, als hätten die Produzenten jemals ein anderes Ziel gehabt.

Titelfoto: Drop-Out Cinema

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