Wurde Inges Tochter Anja ermordet? Und war es "Tötungsmaschine" Kurt-Werner?

Midlum/Hamburg - Innerhalb von knapp 20 Jahren, zwischen 1968 und 1987, verschwinden in Deutschland mehr als 20 Frauen, die meisten von ihnen Anhalterinnen. Einige werden tot aufgefunden, andere bis heute vermisst. Steckt der des fünffachen Mordes überführte "Göhrde-Mörder" Kurt-Werner Wichmann, den ein Rechtsmediziner als "Tötungsmaschine" bezeichnet, hinter weiteren Taten?

Wie viele Menschen hat Kurt-Werner Wichmann (†43) auf dem Gewissen?
Wie viele Menschen hat Kurt-Werner Wichmann (†43) auf dem Gewissen?  © NDR/Studio Fritz Gnad

"In all den Jahren bin ich in keiner Nacht schlafen gegangen, ohne an Anja zu denken", sagt Inge Beggers, die seit unfassbaren 46 Jahren nicht weiß, was mit ihrer Anja passiert ist, in der neuen ARD-Crime-Doku "Der Menschenjäger".

Die Gymnasiastin gehört in die Reihe der "Disco-Morde" von Cuxhaven. Sechs Frauen, bei denen von einem Tötungsdelikt ausgegangen wird, sind verschwunden. Ihre Leichen wurden nie gefunden.

Anja stieg damals zu einem 18-jährigen Nachbarsjungen ins Auto, der sie mit in den rund 30 Kilometer entfernten Bremerhavener Club "Moustache" nahm. "Er stand irgendwann vor der Tür. Dann ist sie nach oben gelaufen, hat ihre Jacke geholt und sagt zu mir: 'Mama, ich fahr noch mal auf 'nen Sprung mit.' Das waren ihre letzten Worte", erinnert sich ihre Mutter.

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Das "Moustache" habe der 18-Jährige, wie er gegenüber der Polizei aussagte, für den Besuch eines nebenliegenden Tanzlokals verlassen. Anja wäre im "Moustache" geblieben und nach seiner Rückkehr nicht mehr dort gewesen.

Inge Beggers möchte ihre Tochter im Familiengrab beisetzen.
Inge Beggers möchte ihre Tochter im Familiengrab beisetzen.  © NDR/Steve Kfoury
Stieg auch Anja als Anhalterin in Wichmanns Auto?
Stieg auch Anja als Anhalterin in Wichmanns Auto?  © NDR/Steve Kfoury
Kurt-Werner Wichmann fuhr jährlich mehrere Zehntausend Kilometer, was ihn mit anderen Taten im Bundesgebiet in Verbindung bringen könnte.
Kurt-Werner Wichmann fuhr jährlich mehrere Zehntausend Kilometer, was ihn mit anderen Taten im Bundesgebiet in Verbindung bringen könnte.  © NDR/Steve Kfoury

ARD Crime Time - Der Menschenjäger: "Leben wird sie ja nicht mehr, aber was hat man mit ihr gemacht?"

Reinhard Chedor ermittelt zu Wichmann und ist überzeugt, dass weitere Taten aufs Konto des "Göhrde-Mörders" gehen.
Reinhard Chedor ermittelt zu Wichmann und ist überzeugt, dass weitere Taten aufs Konto des "Göhrde-Mörders" gehen.  © NDR/Steve Kfoury

"Ich habe eine ganze Weile gedacht, dass er damit zu tun hat", so Inge Beggers. "Aber als immer mehr Mädchen verschwanden, kamen Zweifel." Die Frage, die sich aktuell stellt: Hat der überführte Fünffach-Killer Kurt-Werner Wichmann (†43), der sogenannte "Göhrde-Mörder", noch weitere Menschen umgebracht, bevor er sich 1993 in U-Haft selbst tötete? War er sogar bundesweit tätig, worauf seine hohen Jahreskilometer-Zahlen hindeuten könnten?

Reinhard Chedor, der bis zu seiner Pensionierung 2012 zehn Jahre lang Chef des Hamburger LKA war, ist Wichmann seit Jahren auf den Spuren, konnte der Polizei sogar entscheidende Impulse im ungeklärten Mord an Birgit Meier geben, deren Knochen unter Wichmanns Garage gefunden wurden.

Allerdings: "Aus kriminalistischer Sicht hat Kurt-Werner Wichmann im Moment mit unseren Taten nichts zu tun", betont Rainer Brenner, der Leiter der Ermittlungsgruppe "Cold Case" der Polizeiinspektion Cuxhaven: "Wir müssen die Person für unsere Fälle jetzt auch mal endgültig ablegen - nicht vergessen lassen, aber ablegen."

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Inge Beggers hofft unterdessen weiter: "Ich bin mittlerweile so weit, dass ich nur noch wissen möchte, was mit Anja passiert ist. Leben wird sie ja nicht mehr, aber was hat man mit ihr gemacht?" Sie möchte ihre Tochter eines Tages im Familiengrab beisetzen. Bleibt zu hoffen, dass sie dies noch erleben darf.

Gemeinsam mit den Journalisten Anne Kunze und Carlo Eggeling (M.) begibt sich Chedor auf Spurensuche.
Gemeinsam mit den Journalisten Anne Kunze und Carlo Eggeling (M.) begibt sich Chedor auf Spurensuche.  © NDR/Steve Kfoury

Die Doku "Der Menschenjäger" ist ab dem heutigen Mittwoch in der ARD-Mediathek abrufbar. Im linearen Fernsehen zeigt der NDR den 90-Minüter am 10. April ab 20.15 Uhr.

Titelfoto: Bildmontage: NDR/Steve Kfoury, NDR/Studio Fritz Gnad

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