Explosion in Buna-Werken reißt Thomas in den Tod: "Man denkt nicht, dass er nicht wiederkommt"

Schkopau - Die Buna-Werke im heutigen Sachsen-Anhalt kannte in der DDR so ziemlich jeder. Unter dem Slogan "Plaste und Elaste aus Schkopau" wurde hier Karbid für die Kunststoffproduktion hergestellt - bis eine Explosion mehrere Menschen in den Tod riss.

Die Feuerwehr traf kurz nach dem Unglück in Buna ein, barg am Ende fünf tote Menschen aus den Trümmern. (Archivbild)  © ZDF/Bernd Böttcher

Es war einer der schwersten Chemieunfälle in der DDR, unter anderem herbeigeführt durch die ruinierte Wirtschaftslage im sozialistischen Staat.

Am 9. Februar 1990 wurden bei der verheerenden Explosion eines Karbidofens in den Werken fünf Menschen getötet und 23 weitere schwer verletzt. Unter den Toten war auch Student Thomas Ulrich, der erst seinen zweiten Arbeitstag dort hatte.

"Thomas ist früh aus dem Haus und er hat mir noch ein Küsschen gegeben", erinnert sich seine damalige Lebensgefährtin Anka Penndorf in der ZDF-Dokumentation "Die schwersten Unglücke der DDR - Planerfüllung um jeden Preis". "Man denkt ja nicht, dass er nicht wiederkommt."

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Als sie die Nachricht seines Todes erhalten hat, konnte sie es nicht glauben. "Ich stand erst mal unter Schock." Bis heute sei Thomas' Sterbetag der schlimmste Tag, erzählt sie unter Tränen.

Es grenzt an ein Wunder, dass nicht mehr Menschen in dem 54 Jahre alten Werk zu Schaden kamen. Viele der rund 18.000 Mitarbeiter befanden sich gerade in der Pause, als ein ohrenbetäubender Knall die Fabrik gegen 8.30 Uhr erschütterte.

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Sicherheit hatte keine Priorität bei der Arbeit in den Buna-Werken

Die Arbeit an den Karbidöfen war lebensgefährlich, doch im Politbüro der DDR interessierte das wenig - Hauptsache, die Devisen stimmten. (Archivbild)  © IMAGO / Berlinfoto

Dass Karbidofen Nummer elf explodiert war, ist wenig verwunderlich. Die Anlagen in den Buna-Werken wurden nicht regelmäßig gewartet. Der Grund ist einfach: Man wollte vermeiden, dass die Produktion zeitweise unterbrochen werden musste.

Denn wie in anderen DDR-Betrieben auch war der Produktionsdruck enorm. Als zu dem Zeitpunkt größter Karbidproduzent weltweit musste man liefern, auch damit der Staat in den Westen exportieren und so wichtige Devisen erhalten konnte.

"Jede Störung war ökonomisch von Nachteil, man konnte sich nicht erlauben, nachts den Ofen abzustellen", erzählt Produktionsleiter Manfred Zopf. Das ging zulasten der Sicherheit.

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Die Arbeit an den verschlissenen Karbidöfen war lebensgefährlich - und das wusste der Staat. Kein Wunder also, dass eine 1987 gedrehte und ungeschönte Doku über die Werke nicht öffentlich in der DDR gezeigt wurde. Schon damals seien die Zustände laut Filmemacher Reinhard Kraetzer katastrophal gewesen.

Später fand man heraus, dass es Störungen an dem Ofen gegeben habe - als die Arbeiter diese beheben wollten, kam es zur Explosion. Anklage gegen die Verantwortlichen wurde nie erhoben.

Heute gehört das Werk in Schkopau zum Dow Olefinverbund GmbH und produziert nach modernen technischen Verfahren auf Erdölbasis.  © Dow / Horst Fechner (PR)

Die ganze Doku seht Ihr am kommenden Samstag (17. Mai) um 20.15 Uhr bei ZDFinfo oder schon jetzt vorab in der ZDF-Mediathek.

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