Es hagelt Kritik und Entsetzen! Sozialamt geht unangekündigt in Wohnungen

Chemnitz - Überraschung! Plötzlich steht Besuch vom Sozialamt in der Tür! Die Stadt behält sich tatsächlich das Recht vor, städtische Wohnungen, in denen Flüchtlinge untergebracht wurden, jederzeit und ohne Ankündigung zu betreten.

Dietmar Berger (69, Linke) weist daraufhin, dass Wohnungen dem Schutz der Verfassung unterliegen.  © Peter Zschage

Diese Kontrollpraxis geht nicht nur Juristen, sondern auch der Linken-Fraktion zu weit - sie will dem Prozedere nun ein Ende bereiten.

"Das geht einfach nicht", kritisiert Dietmar Berger (69, Linke). "Das verbietet das Grundgesetz." Immer wieder gebe es entsprechende Vorwürfe seitens der Flüchtlinge.

Gegenüber TAG24 bestätigt auch ein Chemnitzer Sozialarbeiter (35), der anonym bleiben will, solche Fälle.

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So habe eine vom Krieg traumatisierte Frau aus Afghanistan in ihrer Wohnung plötzlich zwei fremden Männern von der Stadt gegenüber gestanden, die mit dem Zweitschlüssel reinkamen.

Auch Abdul Wahab Kakar (23) wurde schon daheim vom Sozialamt "besucht". Danach habe er sein Zuhause verloren. Damals, 2018, wohnte er mit drei weiteren Geflüchteten zusammen.

Doch einer davon machte Ärger: "Er brachte schlechte Leute mit zu uns. Darum meldeten wir ihn dem Sozialamt."

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Stadtrat und Jurist Klaus Bartl fordert Akteneinsicht, um die Rechtmäßigkeit solcher Besuche prüfen zu können

Mit einem Zweitschlüssel kann die Behörde jederzeit in die Wohnung von Flüchtlingen.  © Imago images

Wenig später hätten Behördenvertreter mit Wohnungsschlüssel und Polizei mitten im Flur gestanden. "Wir wurden alle vier auf die Straße gesetzt."

Stadtsprecher Matthias Nowak (51) kann das kaum fassen: Er habe mit allen Mitarbeitern gesprochen, die Vorwürfe vorgetragen und auch noch einmal auf die Rechtslage hingewiesen. "

Doch alle Mitarbeiter sagen, dass nichts dergleichen vorgekommen sei. Und das muss ich ihnen erstmal glauben."

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Aber: Die Stadt will nun ihre Satzung entsprechend ändern. Bisher billigt ein Absatz tatsächlich die Praxis, eine Wohnung mit dem Zweitschlüssel betreten zu können.

Die Linken begrüßen die nun geplante Änderung, die ihnen allerdings nicht genügt.

Kakar wohnte bis 2018 in einer Wohnung in der Pornitzstraße. Die Unterkunft hatte das Sozialamt zur Verfügung gestellt.  © Kristin Schmidt
Plötzlich standen Behörde und Polizei in der Wohnung von Abdul Wahab Kakar (23). Danach musste der afghanische Flüchtling ausziehen.  © Kristin Schmidt

Stadtrat und Jurist Klaus Bartl (70, Linke) fordert Akteneinsicht, um die Rechtmäßigkeit solcher Besuche prüfen zu können.

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