"Pedo Hunting"-Verdacht: Männer bei fingierten Sex-Treffen zum Teil schwer verletzt
Von Sebastian Schlenker, Marc Fleischmann
Alles in Kürze
- Vier Männer in Bayern Opfer von fingierten Sextreffen und Raubüberfällen.
- Sechs Verdächtige im Alter von 16 bis 18 Jahren festgenommen.
- Täter gaben sich als Minderjährige aus und lockten Opfer in Falle.
- Opfer erlitten teils schwere Verletzungen durch Schläge und Pfefferspray.
- Polizei warnt vor „Pedo Hunting“ als Form der Selbstjustiz.
Nürnberg - Vier Männer sollen in Bayern zu fingierten Sextreffen gelockt, ausgeraubt und zum Teil schwer verletzt worden sein. Ein solches Vorgehen kursiert derzeit unter dem Schlagwort "Pedo Hunting" in sozialen Netzwerken.

Dies erklärte ein Sprecher der Polizei in Nürnberg.
Nach vier bekannt gewordenen Fällen von Anfang Juni nahmen die Ermittler in dieser Woche sechs Verdächtige - im Alter von 16 bis 18 Jahren - fest.
Sie kommen aus dem Raum Hilpoltstein und sitzen unter anderem wegen des Verdachts des schweren Raubs in Untersuchungshaft. Sie sollen die Taten in einer abwechselnden Besetzung begangen haben.
Laut bisherigen Ermittlungen sollen sie sich auf einem Kleinanzeigenportal im Internet als Minderjährige ausgegeben und zu Sextreffen mit den erwachsenen Männern verabredet haben.
An den verabredeten Orten sollen sie den Männern aufgelauert und auf sie eingeschlagen und -getreten haben.
Auch Pfefferspray und Elektroschocker sollen zum Einsatz gekommen sein. Den Opfern nahmen sie Wertgegenstände ab. Die Betroffenen zogen sich demnach teils schwere Verletzungen zu, die in Kliniken behandelt werden mussten.
Phänomen "Pedo Hunter": Gefahr für laufende Ermittlungen der Polizei

Nicht alle wandten sich an die Polizei. Manche Fälle wurden im Zuge der Ermittlungen bekannt.
Es sei nicht auszuschließen, dass es noch weitere Fälle gebe. Die Polizei weist darauf hin, dass sich gerade jugendliche Täter der Tragweite ihres Handelns möglicherweise nicht vollständig bewusst seien: Es handle sich bei den Vorfällen um schwere Straftaten wie etwa schweren Raub, die eine längere Haftstrafe nach sich ziehen könnten.
Beim Phänomen "Pedo Hunter" (deutsch: "Pädophilen-Jäger") handelt es sich um eine Person, die sich auf Internetportalen als minderjährig ausgibt, um mutmaßliche Sexualstraftäter in eine Falle zu locken. Das Aufeinandertreffen wird meist gefilmt und anschließend auch im Internet geteilt.
Diese öffentliche Bloßstellung geschieht ohne rechtliche Legitimation. Obwohl viele Akteure sich auf ein moralisches Anliegen berufen, verstoßen sie häufig gegen Strafgesetze - etwa durch Nötigung oder Verleumdung. Die Polizei warnt ausdrücklich vor dieser Form der Selbstjustiz, da sie neben der strafrechtlichen Problematik zusätzlich laufende Ermittlungen gefährden kann.
Da Betroffene solcher Taten aus Scham darauf verzichten könnten, den Fall anzuzeigen, können Täter darauf hoffen, unerkannt zu bleiben. Verfassungsschutzbehörden beobachten Aufrufe zum "Pedo-Hunting" aus der rechtsextremen Szene. Was das Motiv der Festgenommenen ist, sei noch unklar. Hinweise auf rechtsextreme Bezüge gebe es nicht.
Titelfoto: Monika Skolimowska/dpa