64-Jähriger stirbt nach Polizeieinsatz in Berlin: Parallele zu George Floyd?

Berlin - Vor rund drei Wochen ist ein 64 Jahre alter Mann bei einem Polizeieinsatz in Berlin zusammengebrochen – am Donnerstag ist er im Krankenhaus gestorben.

Die Berliner Opferberatungsstelle Reachout wirft den beteiligten Polizeibeamten vor, bei dem Einsatz "massive brutale Gewalt" angewendet zu haben (Symbolfoto)
Die Berliner Opferberatungsstelle Reachout wirft den beteiligten Polizeibeamten vor, bei dem Einsatz "massive brutale Gewalt" angewendet zu haben (Symbolfoto)  © Paul Zinken/dpa

Eine Polizeisprecherin bestätigte am Freitagmorgen den Tod des psychisch kranken Schwarzen in der Universitätsklinik Charité.

Die Berliner Opferberatungsstelle Reachout wirft der Polizei in einer Pressemitteilung von Donnerstagabend vor, bei dem Einsatz "massive brutale Gewalt" angewendet zu haben und für den Tod verantwortlich zu sein.

Zudem spricht sie von Rassismus. Die Polizei ermittelt gegen die beteiligten Beamten. Die Leiche des Mannes soll obduziert werden.

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Mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen wollte sich die Polizei am Freitag nicht ausführlicher äußern. Geführt würden diese vom Fachkommissariat für Beamtendelikte, hieß es.

Geklärt werden müsse der Ablauf des Einsatzes und die Frage, ob die Polizisten richtig und verhältnismäßig gehandelt hätten, sagte die Sprecherin. "Es geht um die Frage: Ist er an den Folgen des Polizeieinsatzes gestorben oder nicht?"

Reachout schrieb, der Bruder des Mannes habe sie auf den Fall aufmerksam gemacht. Polizisten hätten den 64-Jährigen unter anderem am Boden fixiert, ein Polizist habe ihm ein Knie in den Nacken gedrückt. Er habe geblutet. Schließlich habe er aufgehört zu atmen.

Bruder des im Koma liegenden Mannes erst sieben Tage nach Vorfall vom Krankenhaus benachrichtigt

Der 64-Jährige war bei dem Polizeieinsatz kollabiert und musste von einem Notarzt wiederbelebt werden. (Symbolfoto)
Der 64-Jährige war bei dem Polizeieinsatz kollabiert und musste von einem Notarzt wiederbelebt werden. (Symbolfoto)  © Jörn Hüneke/dpa

Eine Wiederbelebung habe mehr als 20 Minuten gedauert. Er sei in ein Krankenhaus gebracht worden und später ins Koma gefallen. Nach Angaben von Reachout wurde der Bruder des im Koma liegenden Mannes erst sieben Tage nach dem Vorfall vom Krankenhaus benachrichtigt.

Der 64-Jährige, der obdachlos war, sollte am 14. September aus einem Heim in Berlin-Spandau in ein psychiatrisches Krankenhaus verlegt werden. Die Unterkunft im Ortsteil Falkenhagener Feld beherbergt nach eignen Angaben Wohnungslose und seelisch Behinderte.

Nach Angaben der Polizei vom 22. September hatte ein Gericht die Verlegung des Mannes angeordnet, weil der Mann ein psychiatrisches Krankheitsbild gehabt habe.

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"Da der Mann zunehmend aufgebrachter wurde, wurden die im Vorfeld informierten Polizeikräfte um Unterstützung gebeten", hieß es damals in der Mitteilung der Polizei. Gegen die Mitnahme habe sich der 64-Jährige "mit Tritten, Schlägen und Bissversuchen" gewehrt.

Auch nachdem ihm Handschellen angelegt worden seien, habe er "massiv Widerstand" geleistet, hieß es weiter. Schließlich sei er im Beisein eines Rettungsdienstes und seines Betreuers kollabiert. Ein Notarzt habe den Mann reanimieren müssen. Er kam laut Polizei auf eine Intensivstation eines Krankenhauses in Spandau, von wo er später in die Charité verlegt wurde.

Die Polizei hatte damals erst rund eine Woche nach dem Vorfall über den Einsatz berichtet. Grund sei ein "Bürofehler", hieß es zur Begründung. Intern sei bei der Übermittlung etwas schiefgegangen.

Erstmeldung, 7. Oktober 10.11 Uhr, aktualisiert um 11.02 Uhr

Titelfoto: Paul Zinken/dpa

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