Berliner Amok-Fahrer kommt in Psychiatrie: Polizei veröffentlicht neue Details

Berlin - Auch am Tag danach steckt der Schock den Berlinern noch in den Knochen. Ein 29-Jähriger raste am Mittwochmorgen an der Gedächtniskirche in eine Schülergruppe. Eine Lehrerin starb, 29 Menschen wurden nach aktuellem Stand verletzt, sechs davon lebensgefährlich und drei schwer. Darunter waren viele Schüler einer 10. Klasse aus Hessen.

Seine Amok-Fahrt endete erst im Schaufenster einer Douglas-Filiale.
Seine Amok-Fahrt endete erst im Schaufenster einer Douglas-Filiale.  © Christoph Soeder/dpa

Inzwischen ist klar: Der Todesfahrer in Berlin hatte nach Erkenntnissen der Polizei in der Vergangenheit psychische Probleme. "Die genauen Umstände müssen im Rahmen der laufenden Ermittlungen noch geklärt werden", sagte Berlins Innensenatorin Iris Spranger (60, SPD) am Donnerstag im Abgeordnetenhaus.

Der jetzt 29-jährige Mann armenischer Herkunft sei 2015 in Deutschland eingebürgert worden. Bei der Polizei sei er mehrfach aufgefallen, es habe Ermittlungen gegeben wegen Körperverletzung, Hausfriedensbruchs und Beleidigung.

Über politische und extremistische Taten sei nichts bekannt. "Auch im Zusammenhang mit verfassungsfeindlichen Bestrebungen ist der Tatverdächtige bisher nicht aufgefallen." Im Auto sei kein Bekennerschreiben gefunden worden, sagte Spranger.

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"Im Auto wurden Plakate gefunden. Ob und inwieweit diese im Zusammenhang mit der Tat stehen, ist auch Gegenstand der Ermittlungen."

Spranger betonte: "Deshalb bewerte ich nach derzeitigem Stand das gestrige Geschehen als einen Amoklauf einer psychisch beeinträchtigten Person."

29-jähriger Fahrer leidet wohl an "einer paranoiden Schizophrenie"

Mit Blumen und Kerzen gedenken Berliner den Opfern, nur unweit von Breitscheidplatz entfernt.
Mit Blumen und Kerzen gedenken Berliner den Opfern, nur unweit von Breitscheidplatz entfernt.  © Fabian Sommer/dpa

Der Mann befinde sich im Polizeigewahrsam und werde am Donnerstag einem Richter vorgeführt, sagte Spranger. Der Richter kann einen Haftbefehl ausstellen, sodass der Mann in Untersuchungshaft kommt. "Die Ermittlungen werden von der Mordkommission geführt und laufen auf Hochtouren. Die Maßnahmen vor Ort sind abgeschlossen."

Zu einer ähnlichen Erkenntnis kommt offenbar auch die Staatsanwaltschaft, die die Unterbringung des Fahrers in einer psychiatrischen Anstalt beantragt hat. Dem ist mittlerweile stattgegeben worden. Der 29-Jährige befindet sich in einem psychiatrischen Krankenhaus. Es gebe Anhaltspunkte dafür, dass er an einer paranoiden Schizophrenie leide.

Mehr noch: Die Berliner Staatsanwaltschaft geht von einer vorsätzlichen Tat aus. Es habe sich erhärtet, dass eine psychische Erkrankung Anlass sei für die Tat.

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Bei der Durchsuchung der Wohnung des 29 Jahre alten Fahrers seien Medikamente gefunden worden. Der Beschuldigte habe seine Ärzte von der Schweigepflicht entbunden.

Amtsgericht Tiergarten weist Amokfahrer in Psychiatrie ein

Polizei spricht von 32 Verletzten, davon 17 schwer

Schwer bewaffnete Polizisten sicherten die Umgebung.
Schwer bewaffnete Polizisten sicherten die Umgebung.  © Christoph Soeder/dpa

"Das Amtsgericht Tiergarten hat soeben den von der StA beantragten Unterbringungsbefehl erlassen", teilte die Staatsanwaltschaft am Donnerstagabend per Twitter mit. Bei den weniger schwer verletzten Personen sei jedoch kein Tötungsvorsatz mehr angenommen worden, erklärte Behördensprecher Sebastian Büchner.

Dem Fahrer werde nun ein vollendeter Mord vorgeworfen und in 17 Fällen versuchter Mord sowie gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr. Die Mordmerkmale seien Heimtücke und Begehung mit gemeingefährlichen Mitteln. Zunächst hatte die Staatsanwaltschaft von versuchtem Mord in 31 Fällen gesprochen.

Nach jüngsten Angaben der Behörde wurden bei der Todesfahrt am Mittwoch neben der toten Lehrerin 32 Menschen verletzt, davon 17 schwer. Dazu zählen laut Staatsanwaltschaft sieben Jugendliche einer Schulklasse aus Hessen und ihr Lehrer sowie neun Passanten.

Es gebe keine Anhaltspunkte für einen terroristischen Hintergrund. "Aber auch ein Unfall wird sich vor diesem Hintergrund ausschließen lassen", so Büchner.

Erstmeldung von 15.23 Uhr, aktualisiert um 18.57 Uhr.

Titelfoto: Christoph Soeder/dpa

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