Nach Prügel-Attacke auf jüdischen Studenten in Berlin: Senat verschärft Gesetz

Berlin - Ein Angriff auf einen jüdischen Studenten in Berlin durch einen Kommilitonen sorgte im Februar für Entsetzen. Nun sieht der Senat Konsequenzen - in rekordverdächtigem Tempo.

Die Sicherheit jüdischer Studenten an Berliner Hochschulen beschäftigte den Senat.
Die Sicherheit jüdischer Studenten an Berliner Hochschulen beschäftigte den Senat.  © Christoph Soeder/dpa

Berliner Hochschulen sollen Studenten nach schweren Straftaten künftig wieder exmatrikulieren, also dauerhaft von der Einrichtung verbannen können. Eine entsprechende Änderung des Hochschulgesetzes beschloss der schwarz-rote Senat am Dienstag bei einer Sitzung in Neukölln.

Es wird nun im Abgeordnetenhaus weiter beraten und soll dort voraussichtlich noch vor der Sommerpause verabschiedet werden.

Auslöser für die Gesetzesnovelle war eine mutmaßlich antisemitisch motivierte Gewalttat Anfang Februar: Der jüdische FU-Student Lahav Shapira (30) kam damals mit Knochenbrüchen im Gesicht ins Krankenhaus.

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Ein propalästinensischer Kommilitone soll ihn auf einer Straße in Berlin-Mitte geschlagen und getreten haben. Die Staatsanwaltschaft geht von einem gezielten Angriff und einem antisemitischen Hintergrund aus.

Kernpunkt der Gesetzesnovelle ist nach Angaben von Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (57, SPD) die Wiedereinführung des Ordnungsrechts an Hochschulen. Geplant sind abgestufte Ordnungsmaßnahmen, die je nach Art und Schwere der Störung.

Dazu zählen eine Rüge, die Androhung der Exmatrikulation und ein Verbot, bestimmte Einrichtungen der Hochschule einschließlich ihrer digitalen Infrastruktur zu benutzen.

Proteste vor dem Roten Rathaus

Vor dem Roten Rathaus demonstrierten Studierende unter dem Motto "Kampagne gegen Zwangsexmatrikulation: Hands off student rights".
Vor dem Roten Rathaus demonstrierten Studierende unter dem Motto "Kampagne gegen Zwangsexmatrikulation: Hands off student rights".  © Hannes P. Albert/dpa

Als weitere mögliche Maßnahmen werden der Ausschluss von einzelnen Lehrveranstaltungen bis zu einem Semester und schließlich die Exmatrikulation genannt.

Ziel sei, einen gewalt- und angstfreien Hochschul- und Studienbetrieb zu gewährleisten, so Czyborra. Zudem müssten Mitglieder und Angehörige der Hochschulen vor Übergriffen und Diskriminierungen geschützt werden.

Eine Exmatrikulation soll der Senatorin zufolge nur bei Gewalttaten greifen - und zwar nach einer Verurteilung des Betroffenen durch ein Gericht.

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Es soll aber eine Ausnahme geben: Übt der Verdächtige nach einer ersten schweren Straftat, wegen der gegen ihn ermittelt wird und einen Exmatrikulation droht, weitere Gewalt aus, kann er laut Gesetzentwurf auch schon vor einem Urteil von der Hochschule dauerhaft verbannt werden.

Czyborra betonte, dass es bei dem Gesetzesvorhaben nicht darum gehe, politische Meinungsäußerungen oder andere Freiheitsrechte einzuschränken. Es gehe vielmehr darum, Meinungsfreiheit und Räume für Diskurs zu schützen.

Demonstranten warnten dennoch vor dem Roten Rathaus, wo der Senat normalerweise tagt, vor "politisch motivierten Exmatrikulationen".

Titelfoto: Christoph Soeder/dpa

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