Akute Trainernot macht Kickern in Berlin-Marzahn das Leben schwer

Berlin - Drei Grad, Nieselregen und Platten wohin man schaut. Der Fußballplatz des 1. FC Marzahn 94 am Geraer Ring lädt an diesem trüben Tag nicht wirklich zum Verweilen ein. Doch trügt der Eindruck! Auf dem seifigen Kunstrasenplatz hat sich eine Gruppe versammelt, um über das größte Problem des Vereins zu reden, der im kommenden Jahr sein 30. Jubiläum feiert - akute Trainernot!

Jeanette Schmidt (50) ist 2. Vorsitzende des 1. FC Marzahn 94.
Jeanette Schmidt (50) ist 2. Vorsitzende des 1. FC Marzahn 94.  © Charlotte Tanner

Jeanette Schmidt (50), 2. Vorsitzende des Vereins, ist stolz darauf, was sie und ihre Mitstreiter erreicht haben. Zwölf Mannschaften von jung bis alt haben die Marzahner im Spielbetrieb.

Jede einzelne von ihnen vereint die unterschiedlichsten Kulturen friedlich miteinander. Ganz egal, ob Deutsche, Syrer, Russen, Vietnamesen oder Ukrainer - hier will man einfach nur kicken.

Es könnten sogar noch deutlich mehr Spieler sein, die stolz das Trikot des Ostberliner Klubs tragen, doch fehlen einfach die Trainer, so Schmidt. Zweimal die Woche Training, am Wochenende Punktspiele in ganz Berlin und das noch neben dem Job - da hält sich die Lust vieler in argen Grenzen.

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Häufig sind es die Eltern von Kindern, die das Training übernehmen und dann, wie Schmidt selbst, im Verein hängen bleiben. Ab und an sind es auch FSJler, die in Marzahn ein Jahr verbringen. "Aber wenn sie dann so richtig drin sind, sind sie auch schon wieder weg", ärgert sich Schmidt.

Im Schlepptau hat Schmidt heute Ur-Berliner und SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert (33) und Bezirksbürgermeister Gordon Lemm (45, SPD). Beide hören sich die Probleme des kleinen Klubs an, kennen die aber insgeheim schon lange, weil es vielerorts ganz genauso ausschaut.

Nicht nur Trainer fehlen dem 1. FC Marzahn 94

Politikredakteur Paul Hoffmann (30, 2. v. L.) und Reporter Erik Töpfer (23, r.) erkundigten sich, woran es dem kleinen Verein in Marzahn mangelt. Mit dabei Lokalbürgermeister Gordon Lemm (45, SPD, l.) und SPD-General Kevin Kühnert (33).
Politikredakteur Paul Hoffmann (30, 2. v. L.) und Reporter Erik Töpfer (23, r.) erkundigten sich, woran es dem kleinen Verein in Marzahn mangelt. Mit dabei Lokalbürgermeister Gordon Lemm (45, SPD, l.) und SPD-General Kevin Kühnert (33).  © Charlotte Tanner

Gerade einmal vier Kabinen und einen Ballraum hat der 1. FC Marzahn 94, letzteren teilt man sich mit dem Schulsport von nebenan. Mit Hängen und Würgen durfte man in die Kabinen immerhin Schränke stellen und damit etwas mehr Platz für Stauraum schaffen.

An neue und größere Funktionsgebäude zu kommen, ist ein zähes Unterfangen. Das scheitert aber nicht immer nur am Monetären oder einem unwilligen Bezirk. "Geld ist nicht immer das Problem", so Kühnert. Häufig verzögern sich Bauvorhaben auch einfach deshalb, weil die Unternehmen fehlen, die es schlussendlich umsetzen wollen.

Doch auch wenn die gefunden sind: Beispielsweise 450.000 Euro für einen Kunstrasenplatz sind alles andere als ein Schnapper. Aber "Rasenplätze sind hier eher rar gesät", so Lemm. Wenig später muss er selbst über die ungewollte Doppeldeutigkeit seines Satzes schmunzeln.

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Auf das Thema Kunstrasenplätze und Verletzungen angesprochen, das zuletzt im Profisport immer wieder hochkochte, zuckt er aber nur mit den Schultern und meint: "Ich habe noch Steine aus meiner Jugend in den Knien. Damals haben wir noch auf richtigen Schleifscheiben gespielt."

Nach dem Termin durfte SPD-Mann Kühnert auch mal selbst an den Ball treten.
Nach dem Termin durfte SPD-Mann Kühnert auch mal selbst an den Ball treten.  © Paul Hoffmann

Das wünscht sich Jeannette Schmidt

Aber zurück zu Jeanette Schmidt. Die steht inzwischen vor dem kleinen Funktionsgebäude des Vereins. Auf ihre Jacke mit dem markanten Wappen des 1. FC Union Berlin angesprochen, fangen die Augen an zu funkeln. "Union ist einfach der beste Verein." Und in der Tat: Ein Großteil der Talente, die für Marzahn viel zu gut sind, zieht es zu den Eisernen.

Darauf ist Schmidt stolz und wünscht den Talenten nur das Beste. Genauso wichtig ist der 50-Jährigen aber auch, dass dem Ehrenamt künftig mehr Achtung entgegengebracht wird. So könnte man künftig vielleicht mehr Trainer finden. Und vielleicht noch mehr Talente für den Köpenicker Traditionsverein großziehen.

Titelfoto: Charlotte Tanner

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