Die älteste DDR-Antennengemeinschaft gibt's noch! Die Pioniere des Westfernsehens im Osten

Burgstädt - Antennengemeinschaften gab und gibt es viele. Doch die Pioniere des Westfernsehens im Osten kamen aus Burgstädt. Die Groß-Antennengemeinschaft (GAG) lebt bis heute.

1984 wurde der 28 Meter hohe Antennen-Mast auf dem Taurastein aufgestellt. Er ist heute noch in Betrieb.
1984 wurde der 28 Meter hohe Antennen-Mast auf dem Taurastein aufgestellt. Er ist heute noch in Betrieb.  © Großantennengemeinschaft Burgstädt

1972 starteten die Burgstädter ihre Kabel-Offensive, um ARD und ZDF zu empfangen. Denn im Norden der Stadt lag ein "Tal der Ahnungslosen". 

Kurz zuvor hatte Erich Honecker den Blick nach Westen erlaubt: "Das kann jeder bei uns ein- und ausschalten."

Die Burgstädter legten sofort los. Rainer Schneider baute auf seinem Hausdach eine erste Antenne für den Blick nach drüben - 20 Meter hoch, für 30 Nachbarn in der Rochlitzer Straße. Falk Rätzer und Gunter Landgraf folgten. 

Chemnitz: Traurige Bilanz: Polizei beklagt mehr Unfälle und Tote
Chemnitz Traurige Bilanz: Polizei beklagt mehr Unfälle und Tote

"Es war eine unglaubliche Zeit", erinnert sich Gunter Landgraf (77). "Helfer zahlten 300 Mark oder mit Arbeitsstunden. Jeder zweite Burgstädter buddelte mit - wir waren so euphorisch."

1984 vereinigten sich fünf örtliche Kabel-Initiativen zur GAG

Heinz Milbradt (l.), Gunter Landgraf (77), Jens Backofen (51) und Axel Glaß von der Großantennengemeinschaft Burgstädt holten 1984 Westfernsehen in die DDR.
Heinz Milbradt (l.), Gunter Landgraf (77), Jens Backofen (51) und Axel Glaß von der Großantennengemeinschaft Burgstädt holten 1984 Westfernsehen in die DDR.  © ronaldbonss.com /Ronald Bonss

Die nötigen 1000 Kilometer Kabel besorgten sich die TV-Enthusiasten unter anderem mit Damenbekleidung des VEB Graziella. Gunter Landgraf wollte das Westfernsehen unbedingt, "schon um HSV und Bayern in der Bundesliga zu sehen".

1984 vereinigten sich fünf örtliche Kabel-Initiativen zur GAG. Nach der Wende blieben die Burgstädter der GAG treu. Geschäftsstellenleiter Jens Backofen (51) kennt die Gründe: "Bei Komplettausfall kommt ein Helfer sofort, bei kleineren Störungen am nächsten Tag."

Heute hat der Verein rund 10.000 Mitglieder (mit umliegenden Orten), versorgt sich selbst mit günstigem TV (maximal neun Euro pro Monat) und mit der örtlichen Firma SAT-Kabel mit Internet sowie Telefon.

Der Antennenmast diente ausschließlich dem Empfang von Fernseh-und Radio-Sendern. Signale kamen meist vom Ochsenkopf im Fichtelgebirge.
Der Antennenmast diente ausschließlich dem Empfang von Fernseh-und Radio-Sendern. Signale kamen meist vom Ochsenkopf im Fichtelgebirge.  © Großantennengemeinschaft Burgstädt

Doch auf Lorbeeren ruhen sich die Burgstädter nicht aus. Der Verein will bis 2025 rund 100 Kilometer Glasfaserkabel für das schnelle Internet verlegen. 

Titelfoto: ronaldbonss.com /Ronald Bonss

Mehr zum Thema Chemnitz: