Chemnitz gibt NS-Raubkunst an Erben zurück: Drei Werke ziehen in die USA
Chemnitz - Ein leiser Moment der Gerechtigkeit: In den Kunstsammlungen am Theaterplatz wurden am Montag drei Werke aus der Sammlung des jüdischen Bankiers und Mäzens Carl Heumann (1886-1945) an seine Erbinnen zurückgegeben – mehr als 80 Jahre nach ihrer "verfolgungsbedingten" Entziehung.
Für Chemnitz ist es ein weiterer Schritt auf einem neuen Weg: Der Stadtrat hatte erst im Oktober beschlossen, bei strittigen Fällen künftig Schiedsverfahren zu akzeptieren.
Besonders brisant: Die Blätter von Asmus Jacob Carstens (1754–1798), Viktor Paul Mohn (1842–1911) und Ernst Ferdinand Oehme (1797–1855) gelangten 1938 über eine Auktion in Leipzig in den Besitz des Museums, zu einem Zeitpunkt, als Heumann bereits massiv entrechtet war.
"Wir befinden uns hier in einem wichtigen Augenblick, um eine Wiedergutmachung zu machen von drei Arbeiten, die in sehr schwierigen Verhältnissen zu uns gekommen sind", so so Generaldirektorin Florence Thurmes (45).
Weiter erklärt sie: "Mit der Restitution der drei Blätter würdigen wir die Lebensleistung und das kulturelle Engagement eines Mannes, der unter den Bedingungen des NS-Regimes ausgegrenzt und verfolgt wurde".
Heumann war eng mit dem Museum verbunden, Mitglied der Kunsthütte und Förderer zahlreicher Ausstellungen.
Erbinnen sehen die Entscheidung als Akt moralischer Größe
Für die angereisten US-Erbinnen Carol Heumann-Schneider (68) und Claudia Bilbao (67) wurde es ein zutiefst bewegender Tag. Carol sagte: "Wir sind einfach nur dankbar, dass das Museum uns die Werke zurückgibt. Es sind wundervolle Werke."
Claudia ergänzte: "Es ist das einzig erhaltene Erbe von unserem Großvater und somit eine direkte Verbindung zu ihm." Beide Frauen haben Heumann nie kennengelernt. Dass deutsche Museen selbst Kontakt suchten, rührt sie besonders: "Wir haben gar nicht den Kontakt gesucht, sondern die Museen aus München, Berlin und Chemnitz selber."
Die Entscheidung der Kunstsammlungen empfinden beide als Akt moralischer Größe: "Das liegt an der Großzügigkeit der Deutschen, die das Richtige tun." Auf die Frage, ob ihnen die Werke persönlich gefallen, antworten beide überraschend offen. Claudia: "Diese Werke hier, sind wirklich schön, aber wir haben noch sieben andere Verwandte, mit denen wir jetzt entscheiden müssen, was wir machen."
Carol ergänzte, dass sie diese Werke besonders schätzen, da sie eine Verbindung in die Heimat ihres Großvaters ziehen. Für Werke aus anderen Museen sei sie dankbar, aber diese hier liebe sie wirklich, gibt sie lachend zu.
Provenienzforschung bleibt kompliziert
Heumann, 1886 in Köln geboren, war ein bedeutender Sammler romantischer Grafik. 1908 zog es ihn als Prokurist nach Chemnitz, um dort im 1889 gegründeten Bankhaus Bayer & Heinze zu arbeiten.
Nach 1933 wurde er als Jude entrechtet, 1939 aus dem Bankhaus gedrängt. 1945 starb er, als er versuchte, Kunst aus seinem brennenden Haus zu retten.
Dass Chemnitz nun restituiert und künftig in strittigen Fällen Schiedsverfahren zulässt, ist für viele Experten ein Wendepunkt. Die Provenienzforschung bleibt kompliziert: Laut Stadtrat gibt es noch Lücken und ein verfolgungsbedingter Verlust könne nicht ausgeschlossen werden.
Für die Erbinnen zählt jedoch vor allem eines: "Die Werke sind einfach toll, weil sie aus seinem zu Hause gekommen und er liebte dieses Museum."
Am Montag schloss sich der Kreis, in genau jedem Haus, das Carl Heumann einst mit aufgebaut hat.
Titelfoto: Ralph Kunz (5)

