Nach 35 Jahren: Dieses Chemnitzer Urgestein verlässt die Innere Klosterstraße
Chemnitz - Die Schuhe erzählen Geschichten. Alte, braune Lederschuhe, zerkratzt, schon fast aus der Zeit gefallen. Dazu eine dunkle Jeans, schwarzer Pullover - lässig, fast jugendlich. Bernd Weise (69) holt sich erst einmal einen Kaffee, bevor er Platz nimmt. "Unstrukturiert", sagt er lachend, als man ihn nach seinem typischen Arbeitstag fragt. Und genau so sympathisch, leicht zerstreut, wirkt der Galerist, der seit 35 Jahren seine eigene Galerie in Chemnitz führt und doch immer noch neugierig wie am ersten Tag ist.
Alles in Kürze
- Bernd Weise verlässt nach 35 Jahren seine Galerie in Chemnitz.
- Weise gründete die Galerie 1990 mit seiner Frau Regine.
- Die Galerie Weise ist eine Institution in Chemnitz.
- Weise brachte große Künstler wie Arnulf Rainer nach Chemnitz.
- Nach einer letzten Ausstellung geht Weise in den Ruhestand.

Geboren wurde er 1956 in Halle/Saale, mit elf Jahren zog er nach Karl-Marx-Stadt. Erst Maschinenbauingenieur, dann Kunstliebhaber. "1987 habe ich meinen Job als Maschinenbauer an den Nagel gehängt", erzählt er.
Drei Jahre später - im Wendejahr - wagte er gemeinsam mit seiner Frau Regine das Abenteuer Galerie, nachdem er zuvor zwei Jahre als Angestellter in einer Galerie arbeitete. "Nachdem die Wende war, hab ich gedacht: Das kann ich auch selber. Da muss ich mir von niemandem sagen lassen, was ich zu tun habe."
Heute ist die Galerie Weise eine Institution. Arnulf Rainer (95), Hans Hendrik Grimmling, Lydia Corbett (90): große Namen, die er nach Chemnitz brachte. "Man muss bloß offen auf Menschen zugehen", sagt Weise gelassen.
Ein Rezept, das funktioniert: Mehr als 200 Ausstellungen, internationale Kunstmessen, Bücher über Chemnitz - die Liste seiner Projekte ist lang. Auf die Frage, ob er je ans Aufhören gedacht hat, zuckt er mit den Schultern.
"Nee, nur einmal, als ich aus dem Rosenhof raus musste. Aber dann hab ich gedacht: 35 Jahre Galerie, das gönnst du dir noch. Außerdem gefällt mir das, ich mach das gerne, was ich mache."


Eine Ausstellung noch, dann ist Schluss

Seine Galerie ist längst selbst ein Stück Chemnitzer Geschichte: immer wieder umgezogen, immer näher ans Herz der Stadt gerückt.
Aber nach der Ausstellung "Chemnitzer Köpfe", die am Mittwoch eröffnet wird, ist Schluss für Weise: "Danach mache ich die Galerie zu und genieße den Ruhestand."
Was rät er jungen Künstlern? Darauf antwortet er knapp: "Ausdauer." Wie er selbst einmal in Erinnerung bleiben möchte? Weise winkt ab: "Das weiß ich nicht. Darüber denke ich nicht nach."
Und dann lächelt er, nimmt einen Schluck Kaffee – und wirkt, als hätte er doch noch längst nicht fertig erzählt.
Titelfoto: Bildmontage: Kristin Schmidt, Galerie Weise