Staatsanwaltschaft: Haftantritt von Liebich war "zweifelhaft"
Von Inga Jahn
Chemnitz/Halle - Die Staatsanwaltschaft in Halle hat Hinweise darauf gehabt, dass die verurteilte Rechtsextremistin Marla Svenja Liebich (56) die Haft nicht antritt.
Alles in Kürze
- Staatsanwaltschaft zweifelt an Haftantritt von Liebich.
- Liebich soll 18 Monate Haft im Frauengefängnis antreten.
- Polizei sammelt Hinweise zu Liebichs Aufenthaltsort.
- Haftbefehl gilt bundesweit, Festnahme bei Sichtung möglich.
- Liebich war wegen Volksverhetzung und Beleidigung verurteilt worden.

"Wir haben erkannt, dass es zweifelhaft ist, dass Liebich sich stellen wird", sagte Oberstaatsanwalt Dennis Cernota der Deutschen Presse-Agentur.
Deshalb seien schon vor Ende der Frist zum Haftantritt "operative Maßnahmen" eingeleitet worden – jedoch ohne Erfolg. Liebich ist nach Angaben der Polizei weiterhin flüchtig.
Cernota machte keine Angaben dazu, wie konkret vorgegangen wurde. Liebich hatte die Haft bis vergangenen Freitag um 18 Uhr antreten sollen.
Weil die Staatsanwaltschaft daran zweifelte, sei ein sogenannter bedingter Vollstreckungshaftbefehl erlassen worden.
Dieser erlaube es, schon vor Ladungsende "aufklärend tätig zu werden", erklärte Cernota. Liebich sollte die Haft im Frauengefängnis in Chemnitz antreten.
Derweil sammelt die Polizei Hinweise zu Liebichs Aufenthaltsort. "Wir schauen uns beispielsweise die Social-Media-Kanäle an", sagte ein Sprecher der Polizeiinspektion in Halle. Auch Hinweise aus der Bevölkerung würden in die Suche nach der flüchtigen Rechtsextremistin einbezogen.
Nachdem der auf dem Bundesgebiet geltende Haftbefehl erlassen wurde, sei an allen von Liebich bekannten Adressen überprüft worden, "ob man Liebich dort habhaft werden kann", sagte der Sprecher.
Sollten Bürgerinnen und Bürger Liebich sehen, könnten sie sich an jede Polizeistelle in Deutschland wenden. Würde die verurteilte Rechtsextremistin von Beamten angetroffen, werde sie festgenommen.
Es stehen 18 Monate Haft aus

Liebich war im Juli 2023 – damals noch als Sven Liebich – vom Amtsgericht Halle wegen Volksverhetzung, übler Nachrede und Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt worden. Die Berufung dagegen scheiterte, ebenso wie später die Revision.
Anfang dieses Jahres war bekannt geworden, dass Sven Liebich seinen Geschlechtseintrag von männlich auf weiblich und den Vornamen in Marla Svenja hat ändern lassen.
Der Fall fachte die Debatte über das neue Selbstbestimmungsgesetz zuletzt wieder an.
Mit dem im November 2024 in Kraft getretenen Gesetz, das das frühere Transsexuellengesetz ablöste, wurden Änderungen des Geschlechtseintrags und des Vornamens deutlich erleichtert.
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (55, CSU) warf Liebich jüngst einen Missbrauch der neuen Regelungen vor und forderte Änderungen am Gesetz. "Der Fall Liebich zeigt, wie simpel das Selbstbestimmungsgesetz missbraucht werden kann, um Öffentlichkeit, Justiz und Politik auf der Nase rumzutanzen", sagte der CSU-Politiker der "Bild am Sonntag".
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