Chemnitzer Stadtfest 2018 außer Kontrolle: TU-Forscher nehmen sich die Ausschreitungen vor

Chemnitz - Die Ausschreitungen von 2018 in Chemnitz erregten bundesweit Aufmerksamkeit. Rechtsradikale und Populisten zogen durch die Stadt, nachdem Daniel H. (†35) durch einen Asylbewerber getötet wurde.

Am 27. August 2018 kam es durch den Tod von Daniel H. (†35) zu Protesten der rechten Szene. Sie endeten teilweise auch in Gewaltausbrüchen.
Am 27. August 2018 kam es durch den Tod von Daniel H. (†35) zu Protesten der rechten Szene. Sie endeten teilweise auch in Gewaltausbrüchen.  © picture alliance/dpa

Ein Forscherteam der TU Chemnitz ist der Frage nachgegangen, wie es rechten Kräften gelang, derart viele Menschen für rassistische Ausschreitungen zu mobilisieren.

"Im Rahmen einer Studie haben wir geschaut, ob es sich dabei um ein einmaliges Ereignis handelte oder ob sich ein solcher Vorfall wiederholen kann", erklärt Ulf Bohmann (41), wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Soziologie.

Er führte daher gemeinsam mit seinen Kollegen Jenni Brichzin (39) und Prof. Henning Laux (43) eine beobachtende Forschung durch, bei der das Verhalten der Gesellschaft unter politischer Perspektive analysiert wurde.

Chemnitz: Stadt Chemnitz warnt vor dieser Pflanze: Verbrennungen und Atemnot möglich!
Chemnitz Lokal Stadt Chemnitz warnt vor dieser Pflanze: Verbrennungen und Atemnot möglich!

"Wir haben dazu über zwei Jahre an verschiedenen Veranstaltungen teilgenommen, wie beispielsweise Fußballspielen, rechtsextremen Demos sowie Gegendemos und Gottesdiensten", so Bohrmann. Mithilfe von Protokollen seien Verhaltensweisen erfasst und ausgewertet worden.

Mit Wasserwerfern sicherte die Polizei die Demonstrationen am Karl-Marx-Monument ab.
Mit Wasserwerfern sicherte die Polizei die Demonstrationen am Karl-Marx-Monument ab.  © picture alliance/dpa
Ein Grabkranz mit Blumen und Kerzen erinnerte an Daniel H., der Opfer einer tödlichen Messerattacke wurde.
Ein Grabkranz mit Blumen und Kerzen erinnerte an Daniel H., der Opfer einer tödlichen Messerattacke wurde.  © picture alliance/dpa

Die demokratische Kultur der Stadt muss gestärkt werden

Die Studienergebnisse wurden in einem akademischen Sachbuch namens "Risikodemokratie" veröffentlicht.
Die Studienergebnisse wurden in einem akademischen Sachbuch namens "Risikodemokratie" veröffentlicht.  © transcript Verlag

Die Studien-Ergebnisse - auch in einem Buch verschriftlicht - zeigen, dass die Stadt ziemlich einfach politisiert werden kann. Grund dafür sei die unpolitische gesellschaftliche Mitte, die von der Politik nichts wissen möchte.

"Dieser Teil der Gesellschaft nimmt das demokratische Ringen um politische Haltungen und Perspektiven häufig als Belastung wahr", erklärt Laux. Das sei ein idealer Nährboden für radikale Kräfte, um sich starkzumachen und zu behaupten: "Wir sind das Volk!".

Mit Blick auf die Kulturhauptstadt 2025 und die Gefahr der Ausnutzung dieser "Bühne" durch rechte Gruppen wie "Pro Chemnitz", müsse deshalb mit Projekten die demokratische Kultur der Stadt gestärkt und die Aufarbeitung der Geschehnisse von 2018 vorangetrieben werden.

TU-Prof. Henning Laux (43)
TU-Prof. Henning Laux (43)  © Andreas Seidel
TU-Mitarbeiter Ulf Bohmann (41)
TU-Mitarbeiter Ulf Bohmann (41)  © privat
Linken-Stadträtin Carolin Juler (24) erwartet mehr Engagement bei der Aufarbeitung der Ausschreitungen von 2018.
Linken-Stadträtin Carolin Juler (24) erwartet mehr Engagement bei der Aufarbeitung der Ausschreitungen von 2018.  © Kristin Schmidt

Dies fordert auch Linken-Stadträtin Carolin Juler (24) - zuständig für Migrationspolitik: "Es ist seitens der Stadt bislang zu wenig passiert, wenngleich ich die Arbeit der Migrationsbeauftragten lobend herausstellen möchte."

Titelfoto: picture alliance/dpa/Andreas Seidel/privat

Mehr zum Thema Chemnitz Lokal: