Erst geliebt, dann abgeschoben: Viele Corona-Hunde landen im Tierheim

Chemnitz - In den vergangenen Tagen hat das Tierheim am Pfarrhübel in Chemnitz ungewöhnlich viele Hunde aufnehmen müssen. Die Sorge ist groß, dass sich das Problem in den kommenden Wochen weiter verschärft.

Tierpflegerin Eva Warmschmidt (36) hofft, dass Golden Retriever-Dame Freya (2) bald ein neues Zuhause findet.
Tierpflegerin Eva Warmschmidt (36) hofft, dass Golden Retriever-Dame Freya (2) bald ein neues Zuhause findet.  © Uwe Meinhold

Während Corona haben sich viele Menschen Hunde angeschafft - weil im Lockdown die Zeit da war. Doch nun werden die Vierbeiner wieder abgeschoben.

Denn das normale Leben beginnt wieder - und damit wohl auch die Einsicht vieler Menschen, dass ein Hund gar nicht so richtig ins "normale Leben" passt.

"Wir befürchten, dass jetzt in der Urlaubszeit und mit dem zunehmenden Ende von Home-Office noch mehr Tiere abgegeben werden", sagt Pflegerin Eva Warmschmidt (36).

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Dann könnte es voll werden: Bereits jetzt sind mehr als die Hälfte der 45 Zwinger belegt - viel mehr als sonst.

18 Hunde stehen momentan zur Vermittlung, doch diese gestaltet sich schwierig. "Die Tiere sind nicht gut erzogen, ihre ehemaligen Besitzer waren mit ihnen überfordert", erklärt Eva Warmschmidt.

Terrier Cookie (2 Monate) beißt gern zu.
Terrier Cookie (2 Monate) beißt gern zu.  © Uwe Meinhold

Tierheim will künftig genauer prüfen, wer ein Tier adoptieren will

Das Tierheim am Pfarrhübel musste in den vergangenen Tagen viele "Problem"-Hunde aufnehmen.
Das Tierheim am Pfarrhübel musste in den vergangenen Tagen viele "Problem"-Hunde aufnehmen.  © Uwe Meinhold

So habe sich zum Beispiel Golden Retriever-Dame Freya (2 Jahre) nicht mit einem weiteren Familienhund verstanden, Mops Archibald (7 Monate) dauernd ein Kind verängstigt und der kleine Terrier Cookie (2 Monate) regelmäßig Herrchen und Frauchen gebissen.

"Bei keinem dieser Hunde können wir mit Sicherheit sagen, dass er sich aus Langeweile in der Corona-Zeit angeschafft wurde. Die Besitzer haben jedenfalls nicht diesen Anschein erweckt", so Warmschmidt.

Dennoch will das Heim künftig genauer prüfen, wer ein Tier adoptieren will. "Mit den verhaltensauffälligen Hunden müssen die Interessenten vorab Trainingsstunden in unserer Hundeschule absolvieren."

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Zudem sind mehrere Gespräche mit den Tierheim-Mitarbeitern notwendig.

Tierisch unüberlegt

Mehr als die Hälfte der Hundezwinger im Tierheim ist momentan schon besetzt.
Mehr als die Hälfte der Hundezwinger im Tierheim ist momentan schon besetzt.  © Uwe Meinhold

Kommentar von Martin Gottschling

Die Corona-Pandemie zehrte an den Nerven: Wir konnten nur selten Familie und Freunde sehen, bei der Arbeit im Home-Office fiel einem schon mal die Decke auf den Kopf. Das Bedürfnis nach Nähe und Unterhaltung war groß. Darum ist es nachvollziehbar, dass sich viele Menschen in dieser Zeit ein Haustier angeschafft haben.

Das Problem: Oft handelte es sich um eine tierisch unüberlegte Anschaffung. Nicht umsonst rechnet das schon jetzt ungewöhnlich volle Tierheim am Pfarrhübel damit, dass in den kommenden Wochen und Monaten wohl noch mehr Hunde abgegeben werden. Um eine Überlastung der Einrichtung zu verhindern, müssen die Tiere möglichst schnell in liebevolle Hände abgegeben werden.

Doch wer sich ein neues Familienmitglied aus dem Tierheim holt, muss sich darüber im Klaren sein: Hunde, Katzen und Co. sind keine Spielzeuge! Die legt man nicht einfach zur Seite, wenn man keine Lust mehr auf sie hat.

Heimtiere sind sensible Lebewesen, oft mit verletzter Seele, die schon viel erlebt haben und sehr viel Zuneigung brauchen. Bei aller Freude, die man mit ihnen hat, machen sie auch zusätzliche Arbeit. Insbesondere dann, wenn sie wie viele Corona-Hunde nur noch schwer erziehbar sind. Machen Sie sich das bitte alles bewusst, bevor Sie sich ein Haustier anschaffen.

Titelfoto: Uwe Meinhold

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