Grüne Stadträtin macht den Test: Wie gut sind die neuen Fahrradboxen in Chemnitz wirklich?
Chemnitz - Kompliziert, falsch gebaut, keine Nachfrage - an den neuen Fahrradboxen in der Chemnitzer Innenstadt, am Hauptbahnhof und der TU entzündet sich seit der Eröffnung Ende 2023 heftiger Streit. TAG24 testete die Boxen deshalb mit einer überzeugten Radlerin.
Katharina Weyandt (63), Stadträtin der Grünen, fährt Fahrrad "seit ich zehn bin" und studierte in der Radel-Hauptstadt Münster.
Sie freut sich über die Boxen: "Sie machen optisch Werbung fürs Radfahren und sind für viele Zwecke praktisch. In Chemnitz brauche ich mit bahnhofsnaher Wohnung zum Glück kaum ein Auto. Ökonomisch, ökologisch und für die Gesundheit ist das Rad sowieso besser."
Doch reibungslos läuft der Test nicht. Katharina Weyandt muss den etwas lahmen Touchscreen bei der Buchung neunmal extra drücken.
Das Bezahlsystem bricht dreimal ab, den Button fürs Öffnen der Tür findet die Testerin erst im dritten Anlauf. Nur für den Test buchte die Radlerin eine obere Box.
Doch ihr Fahrrad bekam sie nicht allein in die hohe Schiene. Zu schwer.
Grünen-Stadträtin: "Ich bin froh, dass es die Boxen gibt"
Die Testerin nimmt's mit Humor: "Ich habe schlechtere Touchscreens erlebt. Obere Boxen würde ich ja nur mieten, wenn unten alles voll wäre - dann müsste ich eben jemand um Hilfe bitten. Ich bin froh, dass es die Boxen gibt."
Anstandslos begeistert ist Boxen-Nutzer Falko Seul (46). "Ich nutze die Anlage Straße der Nationen jeden Tag. Sie sind billig, sicher und funktionieren tadellos!" Die Nutzung der oberen Boxen findet Seul "auch als Zwei-Meter-Mann schwierig".
Er rät zu den unteren Fächern. "Da gibt es auch Ladeanschlüsse für E-Bikes. Ich bin insgesamt begeistert."
Nutzerzahlen für Fahrradboxen in Chemnitz steigen nur langsam
Im Dezember eröffnete die Stadt die drei Fahrradcontainer mit je 16 Boxen am Hauptbahnhof, an der Uni und vor dem TAG24-Büro. Die Nutzerzahlen steigen, sind aber immer noch niedrig.
In den ersten vier Monaten buchten 100 Nutzer je eine Box, die meisten in der Straße der Nationen (52), fast niemand in der Reichenhainer Straße (4). Rechnerische Auslastung: 1,7 Prozent.
Im April und Mai stieg das Interesse. Alles in allem schlossen bisher 189 Bürger ihr Fahrrad in der Straße der Nationen ein, 114 am Bahnhof und 15 an der TU. Insgesamt macht das 318 Buchungen (3,6 Prozent). Die drei Boxen kosteten 160 000 Euro. Eine Miete für 24 Stunden kommt auf 1,75 Euro.
Kritiker fordern eine längere mögliche Mietdauer als nur einen Tag. Baubürgermeister Michael Stötzer (52, Grüne) sagte eine Prüfung zu. Außerdem plant er nach den Ferien eine Umfrage unter Radfahrern zu Standorten und Benutzerfreundlichkeit der Boxen.
Titelfoto: Maik Börner