Kraftwerks-Pläne in Chemnitz: Kommt jetzt die Müllverbrennung?
Chemnitz - Der Chemnitzer Energieversorger eins energie möchte jetzt endgültig eine Müllverbrennungsanlage im Heizkraftwerk Nord errichten. Auch wegen der angespannten Energielage soll es ganz schnell gehen - die bunte Esse könnte schon 2027 Müllabgase ausstoßen.
eins-Chef Roland Warner (57) ließ die Katze bei einer Veranstaltung im Carlowitz-Congress-Centrum aus dem Sack. Er kündigte an, dass sich Eins an einer Ausschreibung beteiligen wolle, um den Restmüll aus ganz Südwestsachsen zu verbrennen.
Es handele sich dabei um bis zu 200.000 Tonnen Abfälle pro Jahr. "Das würde unsere Unabhängigkeit vom Medium Gas deutlich stärken."
Hauptthema ist der Umbau der Fernwärmeversorgung in Chemnitz. Hier investiert eins mehrere Hundert Millionen Euro. Das einst geplante Holzheizkraftwerk in Chemnitz-Siegmar ist aus Kostengründen vorläufig auf Eis gelegt, aber ebenfalls noch nicht vom Tisch.
Den Ausstieg aus der Braunkohle möchte Eins auf 2023 vorziehen. Allerdings warte das Unternehmen auf Entscheidungen der Bundesregierung.
Die Gasmotoren im Chemnitztal sowie in Altchemnitz werden in Betrieb gehen, doch die Kosten sind wegen der Gaspreise völlig offen. Eine Wahl hat Eins allerdings nicht wirklich: Die bereits geflossene Förderung in Millionenhöhe ist an eine Inbetriebnahme der Gasmotoren gekoppelt.
Müll-Projekt in Chemnitz: Grüne fordern "klare Bedingungen"
Das Müll-Projekt stößt nicht auf reine Gegenwehr. Patrick Schönknecht (26, Grünen-Sprecher für Energie und Klima) sagt: "Wir sind offen für das Projekt - unter klaren Bedingungen."
Müll müsse vorsortiert und getrocknet sein, Wertstoffe müssten weitgehend recycelt werden, Wärmeproduktion solle im Vordergrund stehen.
"Außerdem darf die Müllanlieferung nicht zu mehr Lkw-Verkehr in Chemnitz führen. Die muss mit der Bahn kommen."
Lasst uns diskutieren
Kommentar von Bernd Rippert
Das Thema Energie- und Wärmeversorgung wird immer mehr zu einem Verwirrspiel mit sieben Siegeln. Das bekommt auch der Chemnitzer Energieversorger Eins zu spüren, der nach einer Lösung des Dilemmas sucht.
Vor einem Jahr schien der Weg noch klar zu sein. Der Ausstieg aus der Braunkohle wird ökologisch korrekt vorgezogen, das stinkende Holzheizkraftwerk wird nicht gebaut. Und bis wir die saubere Wasserstoffwirtschaft haben, nutzen wir Erdgas als günstige Brückenlösung.
Pustekuchen. Vor allem Putins Krieg in der Ukraine wirbelte alle Pläne durcheinander. Die Gaspreise erreichen schon jetzt absurde Höhen. Energie aus dem Klimakiller Braunkohle wird ebenfalls immer teurer, kann nur noch begrenzt genutzt werden.
Die erneuerbaren Energien sind dank der untätigen Regierungen zuvor noch nicht auf dem Stand, alles zu ersetzen. Vom Wasserstoff ganz zu schweigen. Und die Debatte um Atomkraftwerke ist sinnlos.
Aber frieren wollen wir im nächsten Winter auch nicht. Mir fallen da nicht mehr so viele Lösungen ein. Also sollten wir über die Müllverbrennung als Brückentechnologie diskutieren. Aber sauber muss sie sein.
Titelfoto: Sven Gleisberg, Kristin Schmidt