"Machen Sie Bildung zur Chefsache!": Aufstand gegen Lehrer-Mangel in Chemnitz

Chemnitz - Der prekäre Lehrermangel von heute könnte Chemnitz in Zukunft seine wirtschaftliche Stärke kosten. Zwei Chemnitzer Väter sorgen sich nicht nur um den eigenen Nachwuchs, sondern auch um die Perspektive für die Stadt. Olaf Bilz (42) und Mirko Löffler fordern deshalb in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Sven Schulze (50, SPD): "Machen Sie Bildung zur Chefsache!"

Oberbürgermeister Sven Schulze (50, SPD) soll Bildung zur Chefsache machen.
Oberbürgermeister Sven Schulze (50, SPD) soll Bildung zur Chefsache machen.  © Kristin Schmidt

"Wir haben Sorge, was aus unseren Kindern wird, wenn sich die Situation an vielen Chemnitzer Schulen nicht ändert", sagt Olaf Bilz.

Die beiden Elternräte der Reichenhainer Schule erleben bereits die Konsequenzen: "Wir arbeiten beide bei der Siemens AG und erleben dort, dass das Niveau der Auszubildenden in den vergangenen fünf Jahren stetig gesunken ist", so Bilz.

"Andere Regionen beneiden uns um unser wirtschaftliches Potenzial. Diese gute Basis beginnt zu bröckeln, da es uns nicht gelingt, genügend qualifiziertes Personal zu generieren."

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Die Vorschläge der Eltern: ein Bildungsgremium aus Vertretern der Stadt, lokaler Firmen und Eltern, Kooperationen zwischen Schulen und Wirtschaft, mehr Praktika für Schüler, attraktive Angebote für den Zuzug von mehr Lehrkräften.

Olaf Bilz (l.) und Mirko Löffler sind Elternräte der Grundschule Reichenhain, sorgen sich aber um die Bildung aller Chemnitzer Kinder.
Olaf Bilz (l.) und Mirko Löffler sind Elternräte der Grundschule Reichenhain, sorgen sich aber um die Bildung aller Chemnitzer Kinder.  © Kristin Schmidt

Oberbürgermeister Sven Schulze sieht nach den Wortmeldungen der Eltern Handlungsbedarf: "Ich bin bereit und offen für konzertierte Aktionen und das Bündeln von Kräften zur Problemlösung." Auch der Stadtrat will Wege aus der Lehrerkrise suchen. Im März soll es einen fraktionsübergreifenden Beschlussantrag geben.

Höchste Zeit

Chemnitzer Schüler haben häufig Unterrichtsausfall, weil in der Stadt besonders viele Lehrer fehlen.
Chemnitzer Schüler haben häufig Unterrichtsausfall, weil in der Stadt besonders viele Lehrer fehlen.  © DPA

Kommentar von Mandy Schneider

Die Klagen über zu wenige Lehrer und zu viel Unterrichtsausfall in Chemnitz gibt es schon lange. Weil sie bei Landesbehörden bisher wenig ausrichten konnten, haben sich Elternräte seit einiger Zeit (auch) die Stadt als Adressat ausgesucht. Nun kann die Stadt nicht selbst Lehrer einstellen und hätte mit dem Verweis auf die fehlende Zuständigkeit das leidige Problem schnell vom Tisch. Das scheint diesmal anders. Sowohl Stadtrat als auch Oberbürgermeister wollen sich des Problems annehmen. Dazu beigetragen hat sicher der Ton, den die beiden Väter in dem jüngsten Brandbrief zum Thema anschlagen: Wird der Bildungsverfall nicht aufgehalten, sind die Folgen katastrophal - sowohl für die betroffenen einzelnen Kinder, als auch für Chemnitz als Stadt.

Wenn das Fundament eines Wirtschaftsstandortes bröckelt, ist es sehr wohl Sache der Stadtväter, sich um Abhilfe zu bemühen. Besonders dann, wenn es konkrete Vorschläge und die Bereitschaft zur Mitarbeit gibt. Wenn Chemnitz als Stadt langfristig nicht abgehängt werden will, bleibt gar nichts anderes übrig. Es ist höchste Zeit dafür.

Titelfoto: Kristin Schmidt

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