Nicht nur wegen Corona: Chemnitzer Fahrschüler stehen im Stau
Chemnitz - Fahrschulen am Limit: Durch die Lockdowns konnten viele mehrere Monate nicht arbeiten, haben massig Fahrschüler-Rückstau. Wegen Hygiene-Regeln wurden Lerngruppen kleiner. Und Fahrlehrer sind sowieso Mangelware.

"Ich hätte letztes Jahr in Rente gehen können, möchte aber unbedingt bisherige Verträge erfüllen und trotzdem noch was machen", sagt Dietmar Mann (66), Inhaber der Fahrschule "Car & Bike" (Augustusburger Straße 189).
Mann arbeitet straff weiter: "Ich betreue rund 100 Fahrschüler, viele hängen trotz bestandener Theorie-Prüfungen wegen der Lockdowns ein halbes bis dreiviertel Jahr in der Schwebe."
Er gibt derzeit nur Praxisunterricht, kann frühestens in einem Monat wieder Theorie anbieten.
Doch es ist nicht nur die Pandemie. "Wir haben ausreichend Fahrschüler, für rund ein Jahr. Das hängt aber auch mit der wieder gestiegenen Führerschein-Nachfrage zusammen", schildert Thomas Hanske (57), Betreiber der "City Fahrschule" (Hauptfiliale: Oberfrohnaer Straße 2).
Denn im Vergleich zu den geburtenschwachen 1990ern gibt es seit den vorigen Jahren wieder mehr Fahrschüler. Dazu kommen viele Flüchtlinge, die ihre Fahrerlaubnis machen möchten.
Dringend Fahrlehrer gesucht!

Dann ist da noch das Ausbilder- und Nachwuchs-Problem. "Ich suche händeringend nach Fahrlehrern - es gibt aber einfach keine! Ich betreue meine 136 Fahrschüler derzeit alleine", so Mathias Hetzel (54), Inhaber der Fahrschule Andréplatz (Barbarossastraße 74). Durch die vorherige Dürrezeit mit wenig Fahrschülern und demzufolge niedrigen Stundenpreisen war vielen der Beruf nicht attraktiv genug.
Durch die Hygiene-Auflagen schrumpft auch der Theorieunterricht. Eine Gruppe leidet besonders.
"Problematisch gestaltet sich die Durchführung der Aufbauseminare für Auffällige in der Probezeit (ASF). Hier können wir oft die vorgeschriebene Teilnehmerzahl wegen des Mindestabstandes von 1,5 Metern nicht einhalten und viele Fahrschulen diese Seminare nicht anbieten", erläutert Andreas Grünewald (56), Chef des Landesverbandes Sächsischer Fahrlehrer (400 Mitglieder). Im Freistaat gibt es insgesamt etwa 730 Fahrschulen, in Chemnitz rund 35.


"Angesichts der Situation empfehle ich jedem Jugendlichen, sich mindestens ein Jahr vorher bei einer Fahrschule anzumelden, wenn er mit 18 einen Auto-Führerschein haben möchte", rät Fahrlehrer Thomas Hanske.
Titelfoto: Uwe Meinhold