Schauspielhaus-Sanierung zu teuer: Das plant die Stadt jetzt

Chemnitz - Jetzt ist die Katze endlich aus dem Sack: Chemnitz will die Schauspielbühne dauerhaft im Spinnbau in Altchemnitz unterbringen und damit nicht ins alte Schauspielhaus zurückziehen lassen. Das ist das Ergebnis einer monatelangen Variantenprüfung, die die Bürgermeisterriege nach langem öffentlichen Rätselraten am Donnerstag vorgestellt hat. Doch bis zur tatsächlichen Umsetzung wird noch viel Zeit vergehen.

Die Sanierung des Schauspielhauses liegt derzeit auf Eis.
Die Sanierung des Schauspielhauses liegt derzeit auf Eis.  © Kristin Schmidt

Mehrere Standorte, darunter auch das Luxor oder die Stadthalle in einer Doppelnutzung, standen zur Debatte: Am Ende überzeugte die Stadtspitze nur einer. Der Spinnbau in Altchemnitz - bislang nur als Übergangs-Spielstätte gedacht - soll zum dauerhaften Schauspiel-Standort ausgebaut werden.

Der designierte Baubürgermeister Thomas Kütter (49, parteilos) präsentierte das Ergebnis der Untersuchung: "Die Anforderungen an Bühnen- und Funktionsbereiche werden dort vollständig erfüllt." Zudem ermögliche der Standort die Bespielung mehrerer Sparten - inklusive Figurentheater und Studiobühne. Und: Die restlichen Theater-Standorte mit Ausnahme des Opernhauses könnten aufgegeben werden.

Das alte Schauspielhaus in der Zieschestraße, in dem das Ensemble Jahrzehnte spielte, soll damit endgültig Geschichte sein. "Zwar haben wir auch hier eine Sanierung geprüft, doch die baulichen Mängel sind immens: marode Technik, kaputtes Dach, noch nicht bis ins Detail klare Brandschutzprobleme und keine Erweiterungsmöglichkeiten".

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Selbst mit einer Teilsanierung würden über 34 Millionen Euro fällig - ohne Werkstätten, Verwaltung und Lagerräume.

Theater-Generalintendant Christoph Dittrich (59) zeigt vom Verwaltungs-Balkon im Spinnbau die Neubau-Fläche.
Theater-Generalintendant Christoph Dittrich (59) zeigt vom Verwaltungs-Balkon im Spinnbau die Neubau-Fläche.  © Uwe Meinhold
Für den designierten Baubürgermeister Thomas Kütter (49, parteilos) wird die Zukunft der Schauspielbühne das erste große Projekt seiner Amtszeit.
Für den designierten Baubürgermeister Thomas Kütter (49, parteilos) wird die Zukunft der Schauspielbühne das erste große Projekt seiner Amtszeit.  © Uwe Meinhold
Die Werkstätten in Harthau sind einer von insgesamt acht über die Stadt verstreut liegenden Theater-Standorte.
Die Werkstätten in Harthau sind einer von insgesamt acht über die Stadt verstreut liegenden Theater-Standorte.  © Uwe Meinhold
Die Schauspielbühne soll dauerhaft im Spinnbau untergebracht werden.
Die Schauspielbühne soll dauerhaft im Spinnbau untergebracht werden.  © Uwe Meinhold

Der Spinnbau hingegen biete laut Kütter deutlich mehr Entwicklungspotenzial. Eine neue Schauspielbühne und Werkstätten müssten gebaut werden, in das zu sanierende Bestandsgebäude können Lager, Magazin und ein Probenhaus für die Oper einziehen.

Ein Park-Open-Air mit 300 Sitzplätzen und eine "Baumwipfelbrücke" als witterungsgeschützte Verbindung der Flächen sind ebenfalls Bestandteil der Pläne. Gesamtkosten: mindestens 32 Millionen Euro. Hinzu kommen Kosten für den Ankauf zweier Privatgrundstücke und laufende Mietzahlungen (nach TAG24-Informationen jährlich rund 500.000 Euro). "Das Publikum liebt den Spinnbau", sagtt Kulturbürgermeisterin Dagmar Ruscheinsky (65, parteilos).

Der ursprüngliche Plan von 2016, ein neues Schauspielhaus neben der Oper zu errichten und alle anderen Gebäude aufzugeben, wurde wegen der Kosten von bis zu 200 Millionen Euro nie umgesetzt. "Wir mussten damals Prioritäten setzen - Schulen und Kitas zuerst", erinnert sich Noch-Baubürgermeister Michael Stötzer (52, Grüne), der gemeinsam mit seinem Nachfolger Kütter die Pläne vorstellte.

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Nach der Sommerpause hat der Stadtrat das letzte Wort, "danach können wir mit der genauen Kalkulation anfangen". Vor 2030 werde das Projekt aber nicht umgesetzt sein.

Schwierige Entscheidung

Kommentar von Raik Bartnik

Die Debatte um das Chemnitzer Schauspielhaus ist eine Herzenssache. Für viele ist das alte Haus am Park der Opfer des Faschismus ein Ort der Erinnerung, der Kultur, der Identität. Und nun soll genau dieses Gebäude keine Zukunft mehr haben? Das tut weh - ohne Frage.

Aber ehrlich gesagt: Wir können nicht alles haben. Entweder wir halten an Zentrumsnähe und Tradition fest. Dann stecken wir viele Millionen Euro in ein Haus, das technisch am Ende ist. Oder wir entscheiden uns für eine sinnvolle Zentralisierung, die Kosten spart, Abläufe vereinfacht und verhindert, dass jeden Tag vier Lkws voll Bühnenbilder quer durch die Stadt fahren müssen.

Die Stadt hat sich Gedanken gemacht. Sie hat Varianten geprüft - gemeinsam mit dem Theater. Es wurde gerechnet, verglichen, abgewogen. Und am Ende zeigt sich: Der Spinnbau bietet die besten Voraussetzungen. Für das Ensemble, für die Technik, für die Zukunft.

Und die Kosten? Hier sind wir bei mindestens 32 Millionen Euro. Dazu Miete, Grunderwerb, Bauzeit bis 2030. Wer soll das bezahlen? Das wird die eigentliche Herausforderung.

Ohne Fördermittel, ohne politische Rückendeckung, ohne langfristiges Kulturverständnis bleibt auch der beste Plan ein Papiertiger. Ich bin froh, die Standort-Entscheidung nicht treffen zu müssen.

Titelfoto: Kristin Schmidt

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