Chemnitz - Der Chemnitzer Stadtrat hat heute viel zu diskutieren: In erster Linie geht es ums Geld. Denn das Rathaus legt die ersten praktischen Schritte der im Frühjahr grundsätzlich beschlossenen Spar- und Mehreinnahme-Maßnahmen vor.
17.58 Uhr: Chemnitz macht seine Müllautos zu rollenden "Straßenspionen"!
Der Stadtrat hat beschlossen: Das Rathaus muss prüfen, ob die Fahrzeuge des ASR mit Kameras ausgerüstet werden können, um den Zustand der Straßen automatisch zu erfassen.
Die Idee kam ursprünglich von CDU und FDP – und bekam im Rat viel Aufmerksamkeit. Denn die Entsorgungswagen sind ohnehin täglich in der Stadt unterwegs.
"Warum also nicht die Fahrten nutzen, um gleich den Asphalt mit im Blick zu behalten?”, meint Stadftrat Hendrik Rottluff (54). "Schäden und Gefahrenstellen lassen sich so viel schneller erkennen“, argumentierte die CDU.
Die Bilder können per KI vorgefiltert werden – damit Schlaglöcher, Risse oder andere Mängel automatisch gemeldet werden können. Die SPD legte nach – mit einem Änderungsantrag. Auch Gehwege sollen bei den Aufnahmen erfasst werden, wenn es technisch machbar ist.
Am Ende wurde die CDU-Idee in erweiterter Form beschlossen. Die Verwaltung muss nun prüfen, was so ein System kostet, wie schnell es sich einführen lässt – und welche Erfahrungen andere Städte gemacht haben.
Ein Blick über den Tellerrand zeigt: In einigen Kommunen läuft so etwas bereits. Müllwagen, die nebenbei den Straßenzustand erfassen, gelten als Zukunftstrend in der kommunalen Daseinsvorsorge.
17.36 Uhr: Sportausschuss soll debatieren, wie es mit Hauptstadion weiter geht
Die Stadtrats-CDU wollte das marode Hauptstadion im Sportforum endlich wachküssen – doch der große Wurf bleibt vorerst aus.
Nach einer emotionalen Debatte verwiesen die Räte den Antrag zur Vorberatung in den Sportausschuss. CDU-Mann Michael Theiß (45) hatte bereits im Vorfeld die Werbetrommel gerührt: "Es reicht nicht, einzelne Ecken rauszuputzen. Wir brauchen einen echten Plan – keine hübsche Konzeptmappe für den Schreibtisch."
Seine Vision: ein moderner Sporttempel mit Wettkampfbahn, Sprunganlagen, Para-Leichtathletik und Platz für alle Generationen. Doch dafür gab es viel Gegenwind: Bürgermeisterin Dagmar Ruscheinksy (65, parteilos) trat auf die Bremse. Ein Stadion des Typs A – also geeignet für große nationale oder internationale Leichtathletik-Wettkämpfe – sei "angesichts der Haushaltssituation mittelfristig nicht realisierbar".
Und: "Wir wollen nichts beerdigen, das weise ich zurück. Aber mit Blick auf das Heinz-Steyer-Stadion in Dresden werden wir wohl keine Fördermittel bekommen."
Jörg Vieweg (54, SPD) ergänzt: "Die Wettkämpfe werden dort stattfinden. Das Steyer-Stadion hat am Ende 58 Millionen Euro gekostet." OB Sven Schulze (53, SPD): "Wir sollten keine Erwartungen wecken, die wir nicht erfüllen könne und ehrlich sein. Die großen Zeiten mit Länderwettkämpfen und 40 Tausend Zuschauern sind vorbei."
17.01 Uhr: Bewerberverfahren für Bürgermeister-Stellen ändert sich nicht
Das Verfahren zur Neubesetzung von Bürgermeister-Stellen in Chemnitz bleibt, wie es ist. Ein Antrag der BSW-Fraktion, der eine Aktualisierung des seit 2002 geltenden Ablaufs forderte, fiel im Stadtrat krachend durch.
BSW-Rat Ralf Becker hatte für mehr Chancengleichheit im Bewerberverfahren geworben. Konkret störte er sich daran, dass bei der Wahl des Beigeordneten für Stadtentwicklung 2023 nur drei von sechs Bewerbern die Möglichkeit hatten, sich vor dem Stadtrat zu präsentieren.
"Ich bin nicht der Meinung, dass die Verwaltung vorsortieren sollte. Wir haben keine Vielzahl von Bewerbern. Das sollte handelbar sein“" so Becker.
Unterstützung bekam er im Rat jedoch nicht. OB Sven Schulze (53, SPD) stellte klar: "Diese Vorauswahl trifft der Finanzausschuss und nicht wir als Verwaltung." Damit seien die Regeln eindeutig – und der Stadtrat behalte alle Rechte.
Deutliche Worte kamen von Dietmar Berger (Linke): "Mir erschließt sich der Bedarf zur Nachbesserung nicht. Jede Fraktion kann alle Bewerber auf Herz und Nieren prüfen. So wie es ist, ist es ein demokratisches Verfahren."
Auch die übrigen Fraktionen sahen keinen Handlungsbedarf.
16.32 Uhr: Kein neuer Bürgerrat
Chemnitz wird keinen weiteren Bürgerrat bekommen – zumindest nicht zum heißesten Thema der Stadt: den klammen Finanzen. Die Grünen wollten ein ausgelostes Bürgergremium losschicken, um Sparideen zu sammeln.
Doch im Stadtrat floppte der Antrag krachend: Keine einzige andere Fraktion stimmte zu. Fraktionschef Volkmar Zschocke (56) hatte für den Vorstoß geworben: "Die Anhebung der Grundsteuer ist ein aktuelles Beispiel. Wir haben dafür keine Lösung gefunden, aber es betrifft jeden Chemnitzer. Ein Bürgerrat kann Ideen entwickeln, auf die der Stadtrat vielleicht gar nicht kommt."
Grundlage sei eine Empfehlung der Konrad-Adenauer-Stiftung. Das Prinzip: Per Zufall ausgeloste Bürger aller Altersgruppen und Stadtteile beraten – am Ende entscheiden aber weiter die Stadträte. Ein Modell, das Sachsens Regionalministerium seit 2021 bewirbt.
In Chemnitz gibt es zwar schon einen Bürgerrat Ernährung – aber der gehört zu einem bundesweiten Projekt, nicht zur Stadt. Kostenpunkt wären rund 20.000 Euro gewesen, hatte das Rathaus überschlagen. Für Zschocke wären das Peanuts: "Wir reden hier über ein paar Tausend Euro, während die Stadt Millionen-Löcher stopfen muss." Zur Finanzierung brachte er sogar eine Spitze: Man könne die 50.000 Euro nehmen, die zusätzlich fürs Amtsblatt bereitgestellt wurden.
CDU-Mann Kai Hähner hielt dagegen: „Das Thema Finanzen ist komplex. Wenn man wildfremde Menschen auslost, laufen wir Gefahr, dass die Mehrheit keine Ahnung hat.“
Auch Ralf Becker (BSW) sah keinen Bedarf: „Eine Doppelstruktur brauchen wir nicht. Es wurde gar nicht geprüft, was wir bereits an Bürgerbeteiligung dazu haben.“
16.26 Uhr: Garagenbesitzer müssen künftig tiefer in die Tasche greifen
Der Stadtrat hat beschlossen: Die Nebenkostenpauschale steigt rückwirkend zum 1. Januar 2025 von 20 auf 35 Euro pro Stellplatz. Damit soll die Stadt gestiegene Ausgaben für Grundsteuer, Straßenreinigung, Niederschlagswasser und Verkehrssicherung abfangen.
Betroffen sind rund 10.400 Garagen auf städtischem Grund. Die Erhöhung gilt zusätzlich zum Nutzungsentgelt, das ab 2026 auf 90 Euro angehoben wird. Unterm Strich zahlen die Garagennutzer also bald 125 Euro pro Jahr.
Ein Versuch, das Ganze zu stoppen, scheiterte. Die AfD-Fraktion um Nico Köhler brachte zwar einen Änderungsantrag ein, konnte aber keine Mehrheit hinter sich bringen.
SPD-Mann Jörg Vieweg (54) machte klar: "Wir müssen uns hier nicht regelmäßig mit schwankenden Kosten wie den Betriebskosten beschäftigen."
Die Verwaltung machte klare Gründe deutlich: Durch die Grundsteuerreform ab 2025 zahlt nicht mehr der einzelne Garagenbesitzer direkt – sondern die Stadt als Grundstückseigentümer. "Diese Kosten müssten weitergegeben werden".
Schon 2017 hatte der Rat die erste große Anpassung beschlossen. Nun folgt die nächste Stufe, die per Vertragsnachtrag wirksam wird. Wer nicht unterschreibt, muss mit Kündigung und Abriss rechnen – inklusive Kostenüberwälzung.
Die Garagengemeinschaften wurden bereits informiert, auch Einzelnutzer sollen Post bekommen.
15.56 Uhr: Neuer Tarif für Fahrradboxen
Die Fahrradboxen-Gebührenordnung ist durch – der Stadtrat hat den neuen Tarifrahmen bestätigt. Eigentlich hätte der Beschluss schon im August fallen sollen, doch nach dem AfD-„Sommerheater“ flog der Punkt damals von der Tagesordnung.
Nun steht fest: Ab 1. Oktober gelten in Chemnitz klare Preise und längere Buchungszeiten. Kern der neuen Ordnung sind einfache Stufen von 50 Cent für zwei Stunden bis hin zu 15 Euro pro Monat.
Die Grünen scheiterten mit ihrem Vorstoß, zusätzlich einen Jahrespreis von 80 Euro einzuführen. Diskussionen gab es vor allem über die schwache Auslastung: 2024 lagen die drei Fahrradgaragen im Schnitt unter zehn Prozent. Kritiker sprachen von einem Flop.
Joseph Israel (25, Grüne) sagte: „Durch die massiven Probleme bei den Boxen in den ersten Monaten lassen sich diese Zahlen nicht als aussagekräftige Grundlage nehmen“.
15.44 Uhr: Chemnitz schafft Willkommensbonus für Studis ab
Ohne Debatte hat der Stadtrat die Abschaffung des Willkommensbonus für Studenten durchgewinkt.
Bisher gab's für Neuankömmlinge an der TU Chemnitz, die ihren Hauptwohnsitz in der Stadt anmeldeten, 100 Euro Begrüßungsgeld auf die Hand. Doch mit Beginn des neuen Jahres ist Schluss.
Das Modell stammt noch aus dem Jahr 2000 – und ist nach Ansicht des Rathauses längst überholt. Die Idee damals: Junge Leute sollten davon abgehalten werden, lieber nach Leipzig oder Dresden abzuwandern.
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: 2023/24 wurden 620 Anträge gestellt, mehr als die Hälfte von ausländischen Studenten. Im Jahr 2024/25 waren es 660 – ebenfalls überwiegend von Studenten aus dem Ausland. Für sie spielte die kleine Finanzspritze keine Rolle.
Entscheidend seien vielmehr günstige Mieten, eine starke Uni und gute Studienbedingungen.
Und: 100.000 Euro jährlich könnten so eingespart werden – Geld, das die Stadt in Zeiten knapper Kassen dringend braucht.
15.38 Uhr: Zweitwohnungen werden teuer
Der Stadtrat hat mit großer Mehrheit entschieden: Wer in Chemnitz eine Zweitwohnung besitzt, muss ab 1. Januar 2026 deutlich mehr zahlen.
Statt wie bisher 10 Prozent der Nettokaltmiete werden künftig satte 20 Prozent fällig. Damit will das Rathaus jährlich rund 140.000 Euro zusätzlich in die Kassen spülen.
Neu ist: Wer eine Wohnung gemeinsam nutzt, muss nur dann zahlen, wenn es sich nicht um Familienmitglieder handelt.
Damit soll klarer werden, wer wirklich steuerpflichtig ist.
Zudem müssen Eigentümer und Vermieter künftig Auskunft geben, wenn die Stadt nachhakt. So will das Finanzdezernat mögliche Schlupflöcher schließen.
Ausnahmen bleiben: Studenten und Azubis bis 25, die noch bei den Eltern wohnen, sind weiter verschont. Ebenso können verheiratete Paare oder eingetragene Lebenspartner befreit werden, wenn der Arbeitsplatz ohne Zweitwohnung kaum erreichbar ist.
Kritik kam vor allem von den Linken. Toni Späth (26) wetterte: "Der Steuersatz ist einer der höchsten in ganz Deutschland. Er macht nur dort Sinn, wo der Wohnungsmarkt unter Druck steht – das ist in Chemnitz nicht der Fall."
Doch Kämmerer Ralph Burghart (55, CDU) hält dagegen: "Es ist Bestandteil der bereits beschlossenen Konsolidierungsliste. Ansonsten wären uns auch Fördergelder verloren gegangen."
Erstmeldung am 24. September um 16.06 Uhr, zuletzt aktualisiert um 18.01 Uhr.